Applikationen zusammenstellen ohne manuelles Programmieren? Mit Low-Code-Softwareentwicklung ist das kein Problem. Vier Erfolgsbeispiele. [...]
Um die Herausforderungen des digitalen Wandels zu meistern, wenden sich immer mehr Unternehmen von den traditionellen Ansätzen der Softwareentwicklung ab. Stattdessen setzen sie auf Prinzipien wie Agile und DevOps, um die Entwickler dazu zu befähigen, Software in Sprints anzufertigen und diese fortwährend zu aktualisieren. Diese Methoden sind aber nur zwei von vielen Optionen, die CIOs zur Verfügung stehen, um der Applikations-Kreation Beine zu machen.
Eine weitere ist die Entwicklung nach dem Low-Code-Prinzip. Wie der Name schon weitgehend offenbart, geht es hierbei darum, Software mit minimalem Coding-Aufwand zu erstellen. Dazu liefern Low-Code-Plattformen visuelle, deklarative Techniken, um Daten, Logik und Darstellung (und andere Fragmente) einer App zu verändern – ohne dafür Code schreiben zu müssen.
Die Softwareentwickler können die „fertigen“ App-Einzelteile also nach dem „Drag and Drop“-Prinzip zusammenbauen – so als würden sie ein Lego-Konstrukt auf dem Computerscreen erstellen. Natürlich steht den Developern weiterhin die Möglichkeit offen, Code hinzuzufügen – etwa um ältere Applikationen zu integrieren, zu Reporting-Zwecken oder falls spezielle Vorgaben beim User Interface umgesetzt werden müssen.
DIE VORTEILE DER LOW-CODE-ENTWICKLUNG
Die Zeitersparnis, die sich mit Hilfe von Low Code Development erzielen lässt, kann für Unternehmen, die ihre Software auf den Markt bringen wollen/müssen, bevor es die Konkurrenz tut, das entscheidende Zünglein an der Waage sein. Laut einer Untersuchung von Forrester sehen 31 Prozent der Softwareentwickler die wesentliche Herausforderung bei der Arbeit mit traditionellen Werkzeugen wie Programmiersprachen, Frameworks und Middleware darin, die „business requirements“ in der vorgegebenen Zeit zu erreichen.
Die Kollegen der US-Publikation CIO haben IT-Entscheider von Shell Downstream, 7-Eleven, John Hancock und der Solomon Group zu den Vorteilen der Low-Code–Softwareentwicklung befragt.
LOW CODE FÜR DIE ÖLPRODUKTION
Craig Walker hat als CIO bei Shell Downstream den Hut auf in Sachen digitale Transformation. Teil dieses Wandels ist auch die Substitution von On-Premise-Systemen und traditioneller Softwareentwicklung durch Cloud Services und Low Code Development. Mit Hilfe letzterer Methode werkeln die Developer bei Shell Downstream an Kundenportalen und anderen digitalen Services – unter anderem für die M&A-, Retail-, Sales- und HR-Abteilung.
Laut Walker konnte das Unternehmen durch die Adaption der Softwareentwicklung nach dem Low-Code-Prinzip die Zeit zwischen Konzeption und Proof-of-concept wesentlich verkürzen und so Applikationen schneller auf den Markt bringen.
Verantwortlich für die Abkehr von der traditionellen Softwareerstellung waren laut dem Shell Downstream CIO insbesondere die Disruptionen innerhalb der Energiebranche. Ganz auf eigenen Code verzichten kann aber auch Shell Downstream nicht, wie Walker verrät: „Wir schreiben nur unseren eigenen Programmcode, wenn das Ziel lautet, sich über geistiges Eigentum von der Konkurrenz abzuheben oder wenn es darum geht Service-Modelle zu entwickeln, die einen Wettbewerbsvorteil realisieren.“
SALES-DATEN TO GO
Der Einzelhandelsriese 7-Eleven nutzt Low Code Development, um Regionalmanager (die im Schnitt zehn Filialen pro Tag besuchen) mit Infos zu den Produkten in den Läden versorgen zu können. Ganz konkret brachte 7-Eleven eine App auf den Weg, die den Managern im Außendienst unter anderem ermöglicht, Einsicht in die Verkaufszahlen zu nehmen. Die Daten sind per Laptop, Tablet oder Smartphone abrufbar und können nach Analyse dazu genutzt werden, Maßnahmen zu ergreifen.
Wenn es beim Product Placement in der Filiale Verbesserungsbedarf gibt, können die Regionalmanager umgehend eingreifen, wie Paul McCollum, Technology Officer erklärt. Und wenn einer der Manager in einer Filiale ein falsch bepreistes Produkt entdeckt, kann er die Verantwortlichen in der betreffenden Filiale mit einem Knopfdruck darüber informieren. „Das ist die Richtung, in die wir gehen wollen – wir wollen unseren Mitarbeitern die Technologie in die Hand geben“, so McCollum.
VERSICHERUNG GEGEN SCHLECHTEN KUNDENSERVICE
Die IT-Abteilung des US-amerikanischen Versicherungs- und Finanzdienstleisters John Hancock sah sich vor einiger Zeit mit gewaltigen Aufgaben konfrontiert: zunächst mussten Kundendaten aus verschiedenen Systemen konsolidiert werden, danach stand erst einmal eine Master-Data-Management-Grundreinigung auf dem Programm. Im letzten Schritt hievte das Unternehmen seine Prozesse dann auf die Server von Salesforce.
Um „customer centricity“ in die Transformationsbemühungen von John Hancock zu injizieren, setzte das IT Team auf Low Code Development, wie Vice President und Technology Officer Len van Greuning erklärt. Die Mitarbeiter in den Call Centern haben nun deutlich leichteren und schnelleren Zugang zu Kundendaten. Darüber hinaus bietet John Hancock seinen Kunden auch die Möglichkeit, Dokumente zu Schadensfällen einzuscannen und digital zu übermitteln. Diese konnten vorher ausschließlich per Fax eingereicht werden.
Natürlich können die Softwareentwickler den Low-Code-Ansatz außerdem auch dazu nutzen, schnell neue Applikationen (oder Prototypen davon) zu bauen, die eines Tages im Business zum Einsatz kommen könnten.
BESSER IN DER BUSINESS-PRAXIS
Nachdem die Feuerwehr damit drohte, ein Musikfestival in den USA wegen akuter Überfüllung abzubrechen, nutzte der Veranstalter – die Solomon Group – eine Kombination aus Internet of Things und Low Code Development, um die Zahl der Besucher zu jedem Zeitpunkt ganz genau erfassen zu können.
Dazu errichtete die Solomon Group optische Drehschleusen, die mit Sensoren ausgestattet wurden, um den „Schrittverkehr“ zu messen. Mit Hilfe einer neu gebauten App konnten diese Daten anschließend visualisiert werden und gaben Aufschluss über die stündlichen Besucherströme auf dem Festivalgelände.
Durch die Echtzeit-Überwachung der Besucherströme konnte nicht nur das Festival vor dem Abbruch bewahrt, sondern maximale Effizienz erzielt werden: Schließlich konnten auf Grundlage der Daten auch die Mitarbeiter für den Einlass sinnvoll auf die einzelnen Ein- und Ausgänge verteilt werden. Dem Sponsoren-Placement sind die Daten zusätzlich zuträglich, wie Jonathan Foucheaux, Mitbegründer der Solomon Group, anmerkt.
LOW-CODE-PLATTFORMEN UND -TOOLS
Shell Downstream, John Hancock und 7-Eleven setzen für ihre Low-Code-Entwicklungsarbeit auf Tools aus dem Hause Salesforce. Solomon hingegen verwendet Technologie von Mendix. Bekannte Anbieter im Low-Code-Umfeld sind darüber hinaus auch OutSystems, Appian und Kony.
Auch wenn durch diesen Artikel der Eindruck entstehen könnte, traditionelle Softwareentwicklung befände sich auf dem absteigenden Ast: Dem ist nicht so, wie uns auch unsere Gesprächspartner bestätigten.
„Low Code ist eine fantastische Sache in Bereichen wo es um Waren und Dienstleistungen geht“, ist Leo van Greuning überzeugt. „Aber es gibt immer noch diese eine Nische, über die man sich von der Konkurrenz abheben kann und für die es bodenständige Entwicklungsarbeit braucht – das wird sich nie ändern.“
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel der US-Publikation CIO.
*Clint Boulton ist Senior Writer bei der US-Publikation CIO.com
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