Steuerbare Kraft: Die Integration von Prince2 und Scrum

Scrum hat ein enormes Potenzial, das hat die Methode in unzähligen Entwicklungsprojekten – auch außerhalb der IT – bewiesen. Scrum kann die Kräfte von Teams zur Geltung bringen und erzielt damit eine Performance, die man von klassischen Projekten nicht gewohnt ist. Die starke Konzentration auf das Team hat allerdings seine Schattenseiten: Das Verhältnis zur Organisation, repräsentiert durch das "ungeliebte" Management, ist weithin ungeklärt, ja interessiert Scrum eigentlich nicht wirklich. [...]

EINS + EINS = DREI
Nicht nur, dass die grundlegenden Philosophien von Prince2 und Scrum in vielen Bereichen hervorragend zusammenpassen, eine Reihe von ganz klaren gegenseitigen Ergänzungen der beiden Ansätze springen sofort ins Auge und bleiben auch nach genauerer Analyse bestehen. Drei Beispiele wollen wir herausgreifen:

MANAGEMENT UND STEUERUNG
Als Projektmanagement-Methodologie konzentriert sich Prince2 ganz auf die Fragen der Steuerung und des Managements von Projekten. Diese beiden Ebenen trennt Prince2 explizit von der Ebene der Produktentwicklung – der Arbeit der Experten. Für die Steuerung des Projektes ist ein Project Board vorgesehen, das die wesentlichen Stakeholder-Interessen – die Organisation, die Kunden und die Lieferanten – integriert und durchgängig die Verantwortung für den Business Case und die strategische Ausrichtung behält. Die Rolle des Projectmanagers konzentriert sich auf das operative Management des in klare Phasen unterteilten Projektes. Die jeweiligen Befugnisse und Grenzen, Entscheidungswege und Eskalationsprozesse sind beschrieben und stimmig. Prince2 beschäftigt sich auch mit den Schnittstellen zwischen Projektmanagement- und Entwicklungsebene. In das konkrete Vorgehen der Entwicklungsteams will Prince2 sich jedoch gar nicht einmischen.

Genau hier setzt Scrum an, das ist die Heimatdisziplin agiler Ansätze: Wie muss das Team arbeiten, damit die Vorteile von Teamarbeit höchst dynamisch zur Geltung kommen? Welche Rollen gibt es hier, welche Art von Kommunikationen, Instrumenten und Meetings? Die Kunden sind da direkt mit einbezogen. Auf der anderen Seite über das eigene Management findet sich kaum ein Wort in Scrum-Ansätzen, zumindest kein freundliches. Es wundert dann auch niemanden, wenn die tägliche Abstimmung in der eigenen Organisation in der Praxis alles andere als rund läuft.

BEDINGUNGEN UND TEAMARBEIT
Prince2 als Methodologie kümmert sich nicht um die Ebene der Produktentwicklung, damit auch nicht um die Arbeitsweise der Teams, die die Arbeitspakete bearbeiten. Prince2 beschreibt Prinzipien, Rollen, Prozesse, Instrumente des Managements. Bewusst sind weder konkrete Skills von Projektmanagern noch wünschenswerte Bedingungen der Arbeit von Teams Thema der Methodologie.

Ganz anders Scrum: Hier steht im Mittelpunkt, wie eine Umwelt geschaffen werden soll, damit ein Team hoch effektiv an einem Produkt, an einer Produktentwicklung arbeiten kann. Scrum interessiert, welche Bedingungen für die Teamarbeit nötig sind, zum Beispiel auch räumlich. Vor allem aber geht es darum, welche Art von Kommunikation es braucht: Wie begegnet man effizient dem Anwachsen an notwendiger Kommunikation im agilen Umfeld. Und darin ist Scrum höchst erfolgreich, es ist schnell zu sehen, wie erfolgreich solche Teams in der Verbindung von Kreativität und Geschwindigkeit arbeiten.

STARTPHASEN
Scrum geht davon aus, dass zum Startzeitpunkt des ersten Sprints eine „Vision“ für das Gesamtergebnis bereits vorliegt. Wie es zu diesem Gesamtziel gekommen ist, welche Bedingungen damit einhergehen, oder gar, wie die Struktur geschaffen wurde, um diese Idee umzusetzen, ist nicht Inhalt des beschriebenen Prozesses.

Ganz im Unterschied dazu beschäftigt sich Prince2 stark mit dem Weg von einer ersten Idee zum Projekt. Alleine zwei von sieben Prozessen der Methodologie sind diesem Thema gewidmet. Dabei werden nicht nur der Business Case und die Projektorganisation betrachtet, sondern auch der Nutzen über die Lebensdauer des Projektes hinaus und zentrale Strategien (Risiko, Konfiguration, Kommunikation, Qualität). Mehrfach wird überprüft, ob ein Projekt für verschiedene Stakeholder gerechtfertigt ist und unter welchen Bedingungen es umgesetzt werden soll – bevor es überhaupt los gehen kann.


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