Hierzulande ist es unüblich, Projekte abzubrechen – auch wenn das sinnvoll wäre. Die Gründe für dieses Verhalten sind manngfaltig. Die Frage ist nur, wie es sich ändern lässt. Für eine Kultur des Scheiterns plädiert der projekterfahrene Thomas Brustbauer, Managing Director bei InsData, einer Tochter des Versicherungskonzerns Uniqa. [...]
Eine „Fehler-Kultur“ tut Not
Auf die Frage, wann ein Projekt abzubrechen ist, gibt es keine pauschale Antwort. Die Verantwortlichen müssen in der Lage sein, die Nicht-Machbarkeit zu erkennen und dann die Reißleine ziehen.
Dazu bedarf es im Unternehmen aber auch einer Kultur, die einen Abbruch überhaupt ermöglicht. Führt ein Projekt-Stop im Unternehmen dazu, dass die Teammitglieder an Ansehen verlieren, ziehen viele Projektleiter einen Abbruch gar nicht erst in Erwägung. Oft stellt sich auch die Frage, ob die Leute, die eigentlich den Schlussstrich ziehen könnten, überhaupt von der Schieflage informiert sind. Wird die Informationskultur in Unternehmen nicht gepflegt, muss die Kenntnis über das sterbende Projekt erst einmal „durchdampfen“.
Wo man sich darüber im Klaren ist, dass Projekte auch einmal scheitern können, ist der Abbruch in der Realität nur noch halb so schlimm. Aber häufig wird diese Erkenntnis einfach negiert. Wer dann glaubt, er könne ein Projekt abbrechen, ohne Schaden zu nehmen, ist bestenfalls grenzenloser Optimist, wenn nicht gar ein Illusionist.
Wie schafft man einen Projekabbruch ohne Gesichtsverlust?
„Ich kenne Leute“, so berichtet Brustbauer aus seiner Projektleiter-Erfahrung, „die ein Leben lang nicht aus der Ecke der Versager herausgekommen sind.“ Und das nur, weil kurz vor Ende ihrer Projekte klar wurde, dass das Produkt einfach nicht den Qualitätskriterien entsprach, weshalb wohl oder übel nochmal ein bis zwei Jahre Tests hineingesteckt werden mussten.
Für Brustbauer liegt das Problem aber beileibe nicht nur beim Projektverantwortlichen. Vielmehr fehle in Europa meist die Unternehmenskultur, in der man auch mal einen kalkulierten Fehler machen dürfe: „Aus Amerika höre ich immer, ein Unternehmer, der nicht dreimal in Konkurs gegangen ist, ist kein guter Unternehmer. So was wäre in Europa undenkbar. Ein Projektleiter ist ja auch ein kleiner Unternehmer. Wenn er einmal einen Fehler macht, wird ihm hierzulande nie mehr verziehen.“
Anstatt diese Leute zu ächten, sollte man ihre Erfahrungen nutzen – zum Beispiel in Projektleiterschulungen. Hier können sie den anderen Teilnehmern berichten, was eigentlich schief gelaufen ist. Das nähme allen die Angst davor, selbst mal einen Fehler zu machen.
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