Der deutsche BGH hat vergangene Woche "die letzten rechtlichen Unsicherheiten im Software-Gebrauchtmarkt beseitigt", jubelt Gebrauchtsoftware-Händler usedSoft. Im Rechtsstreit zwischen usedSoft und Adobe hat das höchste deutsche Zivilgericht in letzter Instanz usedSoft in allen Punkten Recht gegeben. usedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider spricht von einem "Triumph für den freien Handel". [...]
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat vor zwei Jahren (Az. 11 U 68/11) ein Urteil gefällt, das den Software-Gebrauchthandel auf Grundlage der EuGH-Entscheidung weitreichend liberalisierte. Das OLG hatte u.a. entschieden, dass über Volumenverträge erworbene Lizenzen auch einzeln weiterverkauft werden dürfen. Gegen dieses Urteil hatte Adobe beim BGH Revision eingelegt. Diese Revision wies der Bundesgerichtshof jetzt vollumfänglich zurück (Az. I ZR 8/13). Damit ist das Urteil des OLG Frankfurt letztinstanzlich bestätigt. Alle für den Software-Gebrauchtmarkt relevanten Rechtsfragen sind nun von höchstrichterlicher Seite abschließend beantwortet, meldet usedSoft. Das gilt freilich genau genommen nur für Deutschland. Da diese richterlichen Entscheidungen jedoch auf dem auch für Österreich gültigen EuGH-Urteil von 2012 basieren, kann man annehmen, dass heimische Gerichte die Sache ähnlich sehen (würden) – obwohl hierzulande kein explizites Urteil zu diesem Thema gefällt wurde.
„Die heutige BGH-Entscheidung ist ein Triumph für den freien Handel“, ist jedenfalls usedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider nach der Veröffentlichung des Urteils überzeugt. „Nun kann kein Software-Hersteller mehr behaupten, seine Lizenzen dürften nicht gebraucht gehandelt werden. Der Software-Gebrauchtmarkt kann endlich voll durchstarten.“
Der Gebrauchtsoftware-Händler hat die nun in Deutschland höchstrichterlich beantworten Rechtsfragen zusammengefasst:
- Dürfen Lizenzen aus sogenannten Volumenlizenz-Verträgen einzeln weiterverkauft werden? – Der BGH bestätigte usedSoft zufolge die Frankfurter OLG-Entscheidung vom Dezember 2012 in allen Punkten. Diese besagt eindeutig, dass der Weiterverkauf von einzelnen Lizenzen, die ursprünglich im Rahmen eines Volumenlizenzvertrags erworben wurden, „nicht zu der Annahme (führt), dass hier eine unzulässige Aufspaltung erfolgte.“ Das Aufspaltungsverbot des EuGH beziehe sich nur auf die „abweichende Sachverhaltskonstellation“ von Client Server-Lizenzen (siehe auch den Artikel „Eine unendliche Geschichte“). Zusätzlich urteilte das OLG, der Verkäufer dürfe zum Weiterverkauf von Software „eine Vervielfältigungshandlung vornehmen, d.h. einen Datenträger brennen“, um zuvor online erworbene Software weiterzuverkaufen. Die Richter widersprachen dabei auch dem Standard-Argument der Hersteller, bei Volumenlizenzen handele es sich nur um eine einzige Lizenz, weil auch nur eine Seriennummer vergeben worden sei: Dies „wirkt sich auf die Zahl der gegenständlichen Lizenzen nicht aus“, so das Urteil. „Die Klägervertreter haben selbst die Seriennummer als notwendigen ‚Schlüssel zur Installation‘ umschrieben. Unstreitig konnte jedoch an (mehreren) eigenständigen Arbeitsplätzen die Software installiert werden.“
- Dürfen auch preisreduzierte Software-Programme wie EDU-Lizenzen gebraucht gehandelt werden? – Nach dem BGH-Urteil ist nun auch klar, dass EDU-Lizenzverträge als Rabattprogramme zu betrachten sind. Wortwörtlich urteilten die OLG-Richter: „Es ist nicht Sache der Gerichte, die Wirtschaftlichkeit der Preispolitik der Klägerin (also Adobe …) zu überprüfen.“ Wäre umgekehrt eine solche Einschränkung möglich, würde das bedeuten, dass die Software-Hersteller über ihre Preispolitik den Gebrauchthandel unterbinden könnten. Dem erklärten die Richter eine klare Absage.
- Darf online übertragene Software gebraucht gehandelt werden? – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits am 3. Juli 2012 entschieden, dass der Erschöpfungsgrundsatz bei jedem erstmaligen Verkauf einer Software unabhängig von ihrem Vertriebsweg gilt. Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich das Verbreitungsrecht eines Herstellers an seinem Produkt „erschöpft“, wenn er es zum ersten Mal in der EU verkauft hat. Der EuGH betonte: „Somit kann sich der Rechtsinhaber, selbst wenn der Lizenzvertrag eine spätere Veräußerung untersagt, dem Weiterverkauf dieser Kopie nicht mehr widersetzen.“ Der neue Eigentümer kann es frei weiterverkaufen. Darauf aufbauend verfügte der EuGH, dass bei online übertragenen Lizenzen der Zweiterwerber die Software beim Hersteller sogar erneut herunterladen darf: „Außerdem erstreckt sich die Erschöpfung des Verbreitungsrechts auf die Programmkopie in der vom Urheberrechtsinhaber verbesserten und aktualisierten Fassung“, so der EuGH. Das bedeutet, der Gebraucht-Käufer hat auch Anspruch auf Updates für seine Software.
AUFKLÄRUNGSARBEIT
Neben der Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen haben die Händler gebrauchter Softwarelizenzen noch eine Aufgabe zu bewältigen: Nämlich Unsicherheiten bei der potenziellen Kundschaft auszuräumen. Wie beispielsweise der österreichische Gebrauchtsoftware-Händler Software ReUse kürzlich in einer Umfrage festgestellt hat, ist noch viel an Aufklärungs- bzw. Überzeugungsarbeit zu leisten. Knapp 28 Prozent der von dem Unternehmen befragten IT-Entscheider wussten nicht, dass der Handel mit gebrauchter Software legal ist. Nahezu jeder zehnte IT-Professional gab an, in der Vergangenheit bereits von einem Hersteller darauf hingewiesen worden zu sein, dass es illegal ist, gebrauchte Software zu kaufen oder verkaufen. „Wir hoffen, dass diese Praktiken in Zukunft von Herstellerseite gestoppt werden, sobald die Information über den legalen rechtlichen Status von Gebrauchtsoftware Handel immer mehr österreichische Unternehmen erreicht“, so Stefan Tauchhammer, Geschäftsführer von Software ReUse.
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