Von BYOD bis BYOX: Risiken rechtlich absichern

Der unkontrollierte Einsatz privater Geräte bedeutet höchstes Sicherheits- und Haftungsrisiko für das Unternehmen. Denn die IT-Sicherheit im Unternehmen und ein wirksames Kontrollsystem und Risikomanagement gehören zu den Pflichten der Geschäftsführung. Wie man sich absichern kann, wenn man "bring your own device" in seinem Unternehmen erlaubt, zeigt Rechtsanwältin Bettina Altieri-Windisch von Benn-Ibler Rechtsanwälte. [...]

Unternehmen erleben den Trend, dass Mitarbeiter ihre privaten Smartphones, Tablets und Laptops auch im Job verwenden. Dies wird als Bring Your Own Device (BYOD) bezeichnet. Unternehmen sparen damit Kosten, für junge High Potentials ist die Verwendung eigener Geräte mitunter Bedingung für einen Jobwechsel. IT-Experten meinen, dass Unternehmen kaum noch eine Chance haben, BYOD zu verbieten. Mobilität für jeden, jederzeit und überall sei in den Unternehmen bereits Realität. Dabei wird ein grundlegendes Umdenken von IT-Sicherheitsleuten und Juristen gefordert, den Einsatz privater mobiler Geräte und Applikationen grundsätzlich zu erlauben und das Augenmerk auf taugliche Sicherheitslösungen durch Mobile Device Management (MDM) und Mobile Application Management (MAM) zu richten. In dieser Form spricht man dann von Bring Your Own Anything – BYOX. Was also tun? Alles erlauben oder verbieten? Wie rechtlich absichern?

Gibt der Arbeitgeber keine klaren Richtlinien vor, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter ihre Geräte eigenmächtig einsetzen. Der unkontrollierte Einsatz privater Geräte bedeutet aber das höchste Sicherheits- und Haftungsrisiko für das Unternehmen. Denn die IT-Sicherheit im Unternehmen und ein wirksames Kontrollsystem und Risikomanagement gehören zu den Pflichten der Geschäftsführung. Hier kann der Geschäftsführer dem Unternehmen sogar persönlich haften. Umgekehrt können Schadenersatzansprüche des Unternehmens gegenüber Dritten (Hackern) aufgrund von Mitverschulden des Unternehmens beschränkt sein, wenn keine geeigneten Schutzmaßnahmen gegen Datenverlust und –missbrauch getroffen werden. Auch Versicherungen springen in solchen Fällen u.U. nicht ein.

Jedes Unternehmen sollte daher prüfen, in welchem Umfang mobiles Arbeiten in seiner Organisation notwendig ist. Ist diese Frage geklärt, kann es in IT- und BYOD-Richtlinien die Rahmenbedingungen für das mobile Arbeiten schaffen. Kommen private Geräte der Mitarbeiter zum Einsatz, ist zusätzlich zum Arbeitsvertrag eine individuelle Nutzungsvereinbarungen mit jedem Mitarbeiter zu schließen; denn hier ist das Privateigentum des Mitarbeiters betroffen, über welches der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Mitarbeiters nicht einseitig verfügen kann. Da bei der Überwachung der IT-Sicherheit oft auch ein Fernzugriff des Arbeitgebers auf die mobilen Geräte notwendig ist, ist der Betriebsrat einzubinden.
 
Die Checkliste für eine solche Nutzungsvereinbarung:

  • Zu regeln ist, welche Software, inkl. Antivirensoftware, und Apps zu verwenden sind, um die Sicherheitsstandards des Unternehmens zu gewährleisten. Das Unternehmen kann bestimmte Software freigeben. Es gibt mittlerweile von Sicherheitsfirmen zertifizierte „sichere“ Apps; zu achten ist, dass Apps für die berufliche Verwendung zugelassen sind, um Copyright-Verletzung nach den Lizenzbedingungen auszuschließen.
  • Das Unternehmen hat nach Datenschutzgesetz (DSG) zwar den Schutz der Unternehmensdaten vor unbefugtem Zugriff durch Dritte sowie Verlust und Zerstörung zu gewährleisten. Es darf aber umgekehrt keine private Korrespondenz und Daten des Arbeitnehmers kontrollieren oder löschen. Eine strenge Trennung von beruflichen und privaten Daten auf den Geräten der Mitarbeiter ist daher ein Muss. Daher sollten keine Firmendaten lokal auf dem privaten Gerät gespeichert werden. Der sichere mobile Zugriff ist technisch durch sog. Mobile Device Management (MDM) und Mobile Application Management (MAM) Software möglich. Bei diesen werden Firmendaten in einem gesicherten Bereich getrennt von den privaten Daten gespeichert und verarbeitet. Der Arbeitnehmer greift über Terminalserver-Lösung oder Containerlösung über einen gesicherten Zugang auf die Firmendaten zu. Private Daten bleiben davon unberührt. Besteht eine strikte technische Trennung von beruflichem und privatem Bereich, kann der Arbeitnehmer das Gerät auch in der Familie weitergeben und der Datenschutz bleibt dennoch gewahrt.
  • Auch die sichere Verwahrung und die Verwendung des Geräts sind zu regeln. Jedes Gerät ist durch Passwort zu schützen, Daten sind zu verschlüsseln. Der Mitarbeiter ist zu verpflichten, dass Gerät sicher zu verwahren, also z.B. nicht sichtbar im Auto. Versicherungen können ein Thema sein.
  • Zu regeln ist etwa auch der Ausschluss bzw. die Beschränkung der Haftung im Fall von Beschädigung, Verlust oder Diebstahl des Geräts. Rechtlich kann der Arbeitgeber sonst nämlich für Verlust oder Beschädigung des privaten Geräts haften, wenn der Schaden typischerweise mit der konkreten Arbeitsleistung verbunden ist, nach der Judikatur z.B. bei Schäden am privaten KfZ.
  • Der Mitarbeiter hat den Fernzugriff auf das Gerät zu erlauben, insbesondere zum Löschen der Daten im Fall des Verlusts oder Diebstahls eines Geräts oder bei seinem Ausscheiden aus dem Job. Hier ist auf private Daten des Mitarbeiters zu achten.
  • Regelmäßiges Update und Synchronisieren des privaten Geräts sind sicherzustellen. Auch hier ist die Trennung von Beruf und Privat wesentlich, um Datenschutzverletzungen in beiden Bereichen auszuschließen.
  • Klare Regeln helfen dem Unternehmen, das Haftungsrisiko einzugrenzen, wenn etwa durch Verlust eines Gerätes Kundendaten verloren gehen oder durch unerlaubtes Runterladen von urheberrechtlich geschützten Inhalten, Software und Apps oder eingeschleppte Viren Dritte zu Schaden kommen.

Der Arbeitgeber haftet nämlich, wenn seine Arbeitnehmer Dritten Schaden zufügen. Ein Rückgriff beim Arbeitnehmer ist ausgeschlossen, wenn der Schaden durch eine entschuldbare Fehlleistung entstanden ist. Bei Fahrlässigkeit kann das Gericht den Ersatz noch herabsetzen oder ganz erlassen. Das gleiche gilt, wenn der Schaden beim Arbeitgeber eintritt. Im Ergebnis bleibt der Schaden also meist beim Arbeitgeber hängen und kann sogar zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Unternehmen führen. Eine Haftung ist durch eine Nutzungsvereinbarung abzuwenden, weil sie die Pflichten des Mitarbeiters festlegt.

Fazit: BYOD ist Realität und sollte daher im Unternehmen klar geregelt werden. Dabei sind Einzelvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich, um Sicherheit von Unternehmens- und Personendaten zu gewährleisten und Haftungen gegenüber Dritten auszuschließen. Geeignete technische Lösungen ermöglichen auch eine weitgehende Verwendung vieler Applikationen. Untätiges Dulden von BYOD schadet dem Unternehmen langfristig sicher. Rechtlicher Rat beim Verfassen von Nutzungsvereinbarungen ist zu empfehlen.

* Dr. Bettina Windisch-Altieri ist Rechtsanwältin der Kanzlei Benn-Ibler Rechtsanwälte GmbH. Sie arbeitet spezialisiert im Bereich Telekom- und IT-Recht sowie IP- und Unternehmensrecht. Sie berät in- und ausländische Unternehmen jeder Branche und Größe u.a. zu unternehmensrelevanten Rechtsfragen des mobilen Arbeitens und BYOD. Sie publiziert zu diesem Thema und hält Vorträge.


Mehr Artikel

Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
News

Security in der NIS2-Ära

NIS2 ist mehr ein organisatorisches Thema als ein technisches. Und: Von der Richtlinie sind via Lieferketten wesentlich mehr Unternehmen betroffen als ursprünglich geplant, womit das Sicherheitsniveau auf breiter Basis gehoben wird. Beim ITWelt.at Roundtable diskutierten drei IT-Experten und -Expertinnen über die Herausforderungen und Chancen von NIS2. […]

Christoph Mutz, Senior Product Marketing Manager, AME, Western Digital (c) AME Western Digital
Interview

Speicherlösungen für Autos von morgen

Autos sind fahrende Computer. Sie werden immer intelligenter und generieren dabei jede Menge Daten. Damit gewinnen auch hochwertige Speicherlösungen im Fahrzeug an Bedeutung. Christoph Mutz von Western Digital verrät im Interview, welche Speicherherausforderungen auf Autohersteller und -zulieferer zukommen. […]

Andreas Schoder ist Leiter Cloud & Managend Services bei next layer, Alexandros Osyos ist Senior Produkt Manager bei next layer. (c) next layer
Interview

Fokus auf österreichische Kunden

Der österreichische Backup-Experte next layer bietet umfassendes Cloud-Backup in seinen Wiener Rechenzentren. Im Interview mit ITWelt.at erläutern Andreas Schoder, Leiter Cloud & Managed Services, und Alexandros Osyos, Senior Produkt Manager, worauf Unternehmen beim Backup achten müssen und welche Produkte und Dienstleistungen next layer bietet. […]

Miro Mitrovic ist Area Vice President für die DACH-Region bei Proofpoint.(c) Proofpoint
Kommentar

Die Achillesferse der Cybersicherheit

Eine immer größere Abhängigkeit von Cloud-Technologien, eine massenhaft mobil arbeitende Belegschaft und große Mengen von Cyberangreifern mit KI-Technologien haben im abgelaufenen Jahr einen wahrhaften Sturm aufziehen lassen, dem sich CISOS ausgesetzt sehen. Eine große Schwachstelle ist dabei der Mensch, meint Miro Mitrovic, Area Vice President DACH bei Proofpoint. […]

Alexander Graf ist Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH. (c) Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH
Interview

Absicherung kritischer Infrastrukturen

NIS2 steht vor der Tür – höchste Zeit, entsprechende Maßnahmen auch im Bereich der Operational Technology (OT) zu ergreifen. »Wenn man OT SIEM richtig nutzt, sichert es kritische Infrastrukturen verlässlich ab«, sagt Alexander Graf, Experte für OT-Security (COSP) und Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH, im ITWelt.at-Interview. […]

Brian Wrozek, Principal Analyst bei Forrester (c) Forrester
Interview

Cybersicherheit in der Ära von KI und Cloud

Die Bedrohungslandschaft im Bereich der Cybersicherheit hat sich zu einer unbeständigen Mischung von Bedrohungen entwickelt, die durch zunehmende Unsicherheit und steigende Komplexität bedingt ist. Zu diesem Schluss kommt der Report »Top Cyber-security Threats In 2024« von Forrester. ITWelt.at hat dazu mit Studienautor Brian Wrozek ein Interview geführt. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*