Vorurteile rund um Mainframes und Plattformwechsel

Rund um die Portierung und das Rehosting von Mainframe-Applikationen gibt es nach wie vor zahlreiche Vorurteile. "Doch vielfach entsprechen sie nicht den Fakten und entpuppen sich bei näherer Betrachtung als reine Fiktion", so Wolfgang Drespling, Director of Application Modernisation CEN bei Micro Focus. Das Unternehmen hat daher acht gängige Meinungen herausgegriffen und analysiert. [...]

Die Konsolidierung und Optimierung des Mainframe-basierten Anwendungsportfolios ist für viele Unternehmen heute eine zentrale Herausforderung. Dabei wird neben dem Einsatz von Standard-Lösungen oder einem kompletten Neuschreiben von Applikationen auch eine Modernisierung, die auch die Nutzung von Plattformen wie Windows, UNIX und Linux beinhalten kann, ins Auge gefasst. Sie können zum Beispiel auch nur für eine Teilverlagerung des Mainframe Workload genutzt werden, um den MIPS-Verbrauch und die Kosten zu reduzieren.

„Wenn es um Themen rund um Plattformwechsel, Portierung und Rehosting geht, halten sich einige Vorurteile hartnäckig“, sagt Wolfgang Drespling, Director of Application Modernisation CEN bei Micro Focus in Ismaning. „Doch vielfach entsprechen sie nicht den Fakten und entpuppen sich bei näherer Betrachtung als reine Fiktion. Deshalb haben wir einige der häufigsten Vorurteile aufgegriffen und auf Basis unserer langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich näher analysiert.“

1. Die Mehrzahl der Mainframe-Anwender hat Rehosting-Projekte für z/OS-Applikationen gestartet
Micro Focus schätzt, dass weltweit rund 5.000 Mainframes im Einsatz sind. Bei der Mehrzahl der durchgeführten Rehosting-Projekte werden die laut dem unternehmen Lösungen rund um COBOL und PL/I von Micro Focus eingesetzt. Micro Focus wird in diesem Jahr voraussichtlich rund 50 Rehosting-Projekte begleiten. Aufgrund der Marktposition von Micro Focus in diesem Bereich bedeutet das, dass weniger als zwei Prozent der Mainframe-Anwender eine Verlagerung von z/OS-Applikationen auf andere Plattformen in Angriff nehmen werden.

2. Viele Unternehmen haben einen Produktions-Workload von über 5.000 MIPS verlagert
Das entspricht nicht der Realität. Bis heute haben nur sehr wenige Unternehmen wie Samsung Life Insurance umfangreiche Workloads auf andere Plattformen übertragen. Bei 90 Prozent aller Rehosting-Projekte mit einer Teilverlagerung von Applikationen oder einem kompletten Abschalten des Mainframe ging es um Workloads kleiner 500 MIPS. Es hat sich dabei nach der Erfahrung von Micro Focus gezeigt, dass bei Portierungsprojekten generell nicht die MIPS der kritische Faktor sind, sondern die Komplexität des Applikationsportfolios und der genutzten Technologien.

3. Die Verlagerung von Workloads von über 8.000 MIPS ist nicht möglich
Die gängige Einschätzung, dass die Server führender Hersteller für einen hohen Mainframe-Workload unterdimensioniert sind, ist heute nicht mehr zutreffend, wenn man bedenkt, dass aktuelle Server-Generationen über 80 Prozessorkerne verfügen. Auch bei konservativer Schätzung kann ein einziger Applikationsserver weit mehr als 8.000 MIPS hosten.

4. Nur eine komplette Workload-Verlagerung ist sinnvoll
Ganz im Gegenteil: Viele Unternehmen haben sich gerade in der jüngsten Vergangenheit nur für eine Teilverlagerung von Mainframe-Applikationen entschieden. Beispiele hierfür sind BI-Systeme oder einzelne Anwendungen bei Finanzinstituten wie Online-Banking-Lösungen.

5. Bei der Verlagerung von Mainframe-Anwendungen ist UNIX/Linux die primäre Zielplattform
Vor zehn Jahren noch war bei Plattformwechseln UNIX/Linux die erste Wahl. Das hat sich allerdings inzwischen deutlich geändert. Bei 52 Prozent aller Redeployment-Projekte im IBM-Umfeld, die Micro Focus weltweit durchgeführt hat, war die Zielplattform Windows. Allerdings gibt es hier durchaus große regionale Unterschiede. So ist in Deutschland nach wie vor UNIX/Linux die bevorzugte Wahl. Generell ist im UNIX/Linux-Umfeld vor allem eine steigende Bedeutung der auf x86-Systemen basierenden Linux-Lösungen zu registrieren.

6. Die Applikationsperformance ist auf z/OS immer besser als auf Linux, UNIX und Windows (LUW)

Generell sind hier allgemeingültige Aussagen nur schwer zu treffen, da die Applikationsperformance von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Es hat sich gezeigt, dass einige Anwendungen auf LUW-Systemen sogar eine höhere Performance aufweisen. Häufig trifft dies zum Beispiel auf Batch-Prozesse zu. Insgesamt hat sich die Performance von Applikationen in LUW-Umgebungen in letzter Zeit spürbar verbessert. Zurückzuführen ist dies auf neue Prozessorgenerationen sowie Systemoptimierungen insbesondere im Bereich der relationalen Datenbankmanagementsysteme (RDBMS).

7. Die Verlagerung von PL/I-Anwendungen ist weitaus schwieriger als diejenige von COBOL-Applikationen
Das ist richtig. Open PL/I wurde als ANSI PL/I Compiler entwickelt. Micro Focus hat zwar in letzter Zeit durch Akquisitionen Zugriff auf Technologien, die einen Plattformtransfer erleichtern, dennoch sind Änderungen bei einzelnen PL/I-Modulen erforderlich, um den Code portabel zu gestalten. Bei COBOL-Anwendungen ist dies nicht nötig.

8. Für Mainframe-Datenbanken bietet sich nur DB2-LUW als Zielumgebung an
Dies war in der Vergangenheit häufig der Grund, warum DB2-LUW als Ziel-Datenbank gewählt wurde. Die Host Compatibility Option for SQL Server (HCOSS) hat dies allerdings verändert. Mit diesem Toolset können DB2-Datenbanken und -Anwendungen auch auf SQL-Server-Plattformen einfach verlagert werden.

„Insgesamt zeigt sich, dass man bei Mainframe-Modernisierungsprojekten durchaus auch die Nutzung kostengünstiger Plattformen wie Windows, UNIX und Linux in Betracht ziehen sollte“, betont Wolfgang Drespling. „Das kann auch auf einzelne Anwendungen und Prozesse begrenzt sein, es ermöglicht aber trotzdem eine Optimierung der MIPS-Nutzung und Reduzierung des Entwicklungs- und Testaufwandes.“ (pi)


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