Selten sind es äußerliche Faktoren wie schlechte Beratung, die die Einführung eines Projekt-Management-Tools zum Scheitern verurteilen. [...]
Zuviel Controlling
Wieviel Controlling benötigt die Projekt-Management-Welt wirklich? Beziehungsweise wieviel kann sie verkraften? Es steht außer Frage, dass im Rahmen der Planung von Projekten auch die Kosten kalkuliert und das Budget festgelegt werden müssen. Im Laufe der Durchführung sollen das Budget überwacht und die Projektkosten laufend neu geschätzt werden. Aus Unternehmenssicht sind dabei vor allem projektübergreifende Kosten- und Budgetinformationen von Interesse. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kaufleuten und dem Projektleiter ist damit unabdingbar.
Je nach Stellenwert des Controllings im Unternehmen ist aber oft zu beobachten, dass zu viele kaufmännische Anforderungen in die Welt des Projekt-Managements einfließen. Im günstigsten Fall beschränken sich diese auf bestimmte Aspekte, etwa den Zwang, Projekte kostenbezogen zu strukturieren, was allerdings den Planungsprozess verkompliziert.
Darüber hinaus sind auch Extrembeispiele aus der Praxis bekannt. Dazu zählt folgendes Szenario: Es wurde verlangt, dass die Projektleiter sämtliche Details aus ihrem Projektmanagement-System auch im ERP-System vorhalten müssen. Den Regeln der kostenorientierten Strukturplanung und Projektkostenrechnung sei seitens der Projektleiter Folge zu leisten, so die Begründung, und es müsse jederzeit möglich sein, Projekte nach Belieben im ERP-System weiterzuführen.
Aus technischer Sicht ließ sich das mit entsprechendem Aufwand realisieren; für die tägliche Arbeit wurde das Tool allerdings extrem schwerfällig und kompliziert, bedingt durch den Import zahlreicher Regeln und Restriktionen des ERP-Systems. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Die Projektleiter boykottierten die neue Vorschrift, das Projekt-Management-System wurde in dieser Form nicht mehr verwendet.
Ein Projektleiter ist kein Kaufmann und sollte daher nicht gezwungen sein, wie ein Controller zu planen. Systemtechnisch ist es heutzutage möglich, Lösungen bereitzustellen, die beide Seiten gleichermaßen adressieren. Daten, die Kaufleute und Projektleiter voneinander benötigen, können adäquat aufbereitet und dem jeweils anderen in der richtigen „Sprache“ zur Verfügung gestellt werden.
Keine Integration in die Systemlandschaft
Nicht nur im Zusammenhang mit ERP-Systemen wird deutlich, dass sich PM-Werkzeuge mit anderen Unternehmenslösungen verbinden lassen müssen. Projektarbeit besteht nicht nur aus Planungsmethoden im engeren Sinn. Sie betrifft unterschiedliche Rollen im Unternehmen und umfasst auch Themen wie Projektdokumentation, Kommunikation im Team oder Erstellen von Projektangeboten.
Bei der Wahl eines PM-Systems ist somit die Integration in die Systemlandschaft zu beachten. Dazu gehören insbesondere das CRM und das Dokumenten-Management-System sowie die genutzte Portallösung, die „Collaboration“-Plattform und das ERP-System. Proprietäre Lösungsansätze scheitern häufig genau daran: So gut sie funktional auch sein mögen, passen sie nicht in die spezifische Landschaft eines Unternehmens. Aus IT-Management-Sicht bedeutet dies, PM-Werkzeuge als Teil einer umfassenden Softwarestrategie im Unternehmen zu betrachten.
Mangelnde Kommunikation und fehlendes Verständnis
Was haben Projektmitarbeiter beziehungsweise das Unternehmen davon, wenn die geleisteten Stunden im Tool zurückgemeldet werden? Lohnt sich dieser „Extra-Aufwand“ überhaupt? Weshalb muss ein Projektleiter monatliche Statusberichte erstellen? Liest die überhaupt jemand? Allen Benutzern eines neuen Projekt-Management-Tools sollte bei dessen Einführung bewusst sein, welche Vorteile sie selbst und das Unternehmen vom Einsatz des Systems haben. Sobald die Pflege des Tools als unnötig, lästig oder arbeitsverhindernd wahrgenommen wird, sind die Chancen für einen erfolgreichen Einsatz extrem niedrig.
Der Nutzen ist aber nicht immer direkt erkennbar, und manche Tätigkeiten müssen eben einfach sein, etwa die erwähnte Zeitrückmeldung. Umso mehr ist dafür zu sorgen, dass alle beteiligten Rollen das System als Entlastung, Arbeitsverbesserung oder zumindest als sinnvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg verstehen.
Am Beispiel der Zeiterfassung lässt sich der Nutzen etwa so begründen, dass Mitarbeiter ihre Zeiten endlich nur in einem Tool und genau einmal erfassen können. Außerdem buchen sie direkt auf die ihnen bekannten Projektaktivitäten. Zudem leisten sie mit ihrer Rückmeldung einen Beitrag zur korrekten Projektabrechnung, was letztendlich der eigenen Abteilung und auch dem Unternehmen zugute kommt. Die Akzeptanz des Systems seitens der Benutzer sichert den Erfolg des Systems nicht nur nach dessen Einführung, sondern auch mittel- und langfristig.
Zu wenig Unterstützung vom Management
Dieselben Manager, die sich zuvor für das besagte Werkzeug entschieden hatten, können dieses verkümmern lassen. Wie das passieren kann? Man arbeitet mit den alten Gewohnheiten, liest die Berichte nicht, ignoriert Eskalationen aus dem System und trifft die Entscheidungen wie gewohnt und nicht auf Basis der Tool-Informationen. Den Daten im System wird nicht vertraut, und statt eine solide Informationsbasis einzufordern, werden alte Arbeitsweisen weitergelebt.
Dabei besteht einer der größten Vorteile unternehmensweiter Projekt-Management-Tools in den übergreifenden Projektberichten und der Unterstützung von Management-‚Entscheidungen, etwa für Budgets oder Projektportfolios. Seitens des Managements muss das System genutzt werden. Zudem ist dessen permanente Pflege, auch mit Sanktionen, einzufordern.
Ungeklärte Verantwortung für das Tool
Geneigte Nutzer, Unterstützung des Managements, Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten sowie ein sinnvolles Zusammenspiel mit dem Controlling – das sind die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Systemeinführung. Doch wer zeichnet verantwortlich für die Pflege des Tools? Wer sorgt sich zum Beispiel um die ständiger Veränderung unterliegenden Stammdaten. Wer erstellt neue Vorlagen? Wer ändert die Workflows gemäß den angepassten Prozessen und aktualisiert die Berichte? Wer organisiert das Einspielen von Software-Updates?
Ähnlich einem ERP-System ist ein Projekt-Management-Tool ein zentrales Werkzeug, das der permanenten Pflege und Anpassung bedarf. In der Praxis wird das gern mal übersehen. Die Pflege landet dabei oft in der IT, wodurch die technischen Aspekte abgedeckt werden, aber nicht die methodischen.
Besteht im Unternehmen ein Projekt-Management-Office, kurz PMO, so ist das genau die richtige Adresse für die Pflege des Systems. Es zeichnet nicht nur verantwortlich für die Entwicklung und Implementierung von Methoden und Prozessen, sondern auch für das entsprechende Projekt-Management-Werkzeug. Wie ein PMO konkret aufgebaut und in die Organisation eingebunden wird, ist vom Unternehmen abhängig. In jedem Fall trägt es aber die Verantwortung für PM-Werkzeuge und deren Schnittstellen – und damit ist es eine der wesentlichen Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz der Projekt-Management-Systeme.
* Stavros Georgantzis ist Gründer, Geschäftsfüher und Partner von The Project Group. Der Artikel ist in der deutschen Computerwoche erschienen.
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