Zwei Sterbende, die sich stützen? Vernunftehe eines alternden Liebespaars? Oder doch der große gemeinsame Aufbruch in den Markt für Digitalisierungsservices? Lesen Sie, was Analysten über die Fusion von CSC und der Dienstleistungssparte von HP Enterprise denken. [...]
OVUM: 95 RZS KONSOLIDIEREN
Skeptischer zeigen sich die Analysten von Ovum. Was HPE und CSC vielleicht als „nächster logischer Schritt“ erscheine, können den Kunden nicht gefallen Sie erleben eine weitere Konsolidierung der Anbieterlandschaft und damit eine Einschränkung des Angebots.
Beide Unternehmen hätten die letzten Jahre damit verbracht, ihre Finanzen zu sanieren, ihre Service-Delivery-Kapazitäten zu ordnen, die Portfolios neu auszurichten und einen Teil der Delivery in Billiglohnländer zu transferieren, um so den Headcount zu reduzieren. Es ging stets darum, Kosteneffizienz in einem zunehmend engeren Markt zu erzielen. Vor allem HPEs Enterprise Services habe sich bewusst von Low-Profit-Infrastruktur-Service-Deals getrennt, um sich auf höherwertige Anwendungsservices, Analytics und digitale-Transformations-Projekte zu konzentrieren.
Der Deal könne beiden Seiten Vorteile bringen. CSC habe Stärken in vertikalen Märkten, etwa der Finanz- und Versicherungsbranche oder dem Gesundheitswesen. HPE indes zählt beispielsweise den Transportsektor, aber auch Telcos und Medienkonzerne zu seinen Kunden. Unter den Top-200-Kunden gibt es den Anbietern zufolge nur bei 15 Prozent Überlappungen, was die Umsatzströme angeht.
Erfolge werden sich laut Ovum nur einstellen, wenn die Integration zügig erfolgt und die Kundenkommunikation klar und einstimmig ausfällt. Kombiniert hätten die Unternehmen 95 Rechenzentren zu bewirtschaften – hier muss eine Konsolidierung weit oben auf der Agenda stehen, wenn die anvisierten Einsparungen von einer Milliarde Dollar im ersten Jahr erreicht werden sollen.
Auch Ovum konstatiert, dass sich HP mit der Integration von Zukäufen nie leicht getan hat. Die „verbockte Integration“ von EDS hatte dazu geführt, dass Kunden und Mitarbeiter abwanderten. HPs-Service-Geschäft wäre daran den Analysten zufolge fast zugrunde gegangen. Immerhin ist es HPE gelungen, die Kurve zu bekommen – nicht zuletzt durch die Integration einiger sinnvoller Zukäufe. Auch scheint es, als ob sowohl HP als auch CSC ihre kürzlich abgeschlossenen Aufspaltungen gut managen. Entsprechende Separierungs- beziehungsweise Integrationsteams, die mit Abspaltungen und Übernahmen umgehen können, sind nun vorhanden. Am wichtigsten wird es seid, die Kunden nichts von den internen Reorganisationsanstrengungen spüren zu lassen.
GARTNER: WAS WILL HPE OHNE SERVICEGESCHÄFT?
Thomas Bittman, Analyst bei Gartner, fragt sich, was die verbliebene HPE ohne ihre starke Service-Unit im Markt der Digitalisierung erreichen will. „Wie will man ein starker Partner in der strategischen Transformation sein ohne ein Servicegeschäft?“ Bittman spekuliert, dass nun HPEs Division „Technical Services“, die zuletzt neue Servicetypen in ihr Angebotsportfolio aufgenommen habe, in die Pflicht genommen werden könnte. „HPE wird nun freier, um mit anderen Serviceprovidern eng zusammenzuarbeiten. Das könnte interessant werden“, freut sich der Analyst.
451 RESEARCH: HOCHZEIT DER TITANEN
Die Fusion von CSC und HP Enterprise Service bringt laut 451 Research zwei „Titanen“ des traditionellen IT-Outsourcings zusammen. Die Frage sei nun, ob es sich um zwei sterbende Riesen handelt, die sich gegenseitig stützen, oder ob es der Beginn eines Turnarounds ist, der am Ende einen mit IBM und Accenture konkurrenzfähigen Wettbewerber hervorbringt. Den Analysten zufolge vervielfachen sich nun Probleme, mit denen die Partner ohnehin schon kämpfen. Anders als IBM und Accenture fehle es CSC/HPE an einem starken Beratungs-Business. Gleichzeitig vergrößere das Duo seinen Fußabdruck im nicht mehr zeitgemäßen klassischen IT- und Anwendungsgeschäft.
Trotzdem sei es richtig, die unvermeidliche Konsolidierungswelle im IT-Outsourcing- und Servicemarkt mutig mitzugestalten. Mit der Abtrennung des IT-Servicegeschäfts riskiere HPE allerdings den Verlust seines wichtigsten Vertriebskanals für die eigenen Hardware-, Software- und Networking-Produkte. Andererseits wäre ein Festhalten am IT-Service-Business in der bisherigen Form für HPE auch hochriskant, da das Unternehmen den strategischen Fokus auf Produkte und Lösungen legen will.
*Heinrich Vaske ist Chefredakteur der Computerwoche.de
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