Was ist Metaverse?

Das Metaverse liegt im Trend. Lesen Sie, wie es sich definiert, welche Technologien dort zum Einsatz kommen und welche Unternehmen dabei den Ton angeben. [...]

Vor allem bunt präsentieren sich die ersten Prototypen der verschiedenen Metaversen (c) pixabay.com

Eines vorweg: Das Metaverse gibt es nicht – noch nicht. Das mag verwunderlich klingen, angesichts des Wirbels, der derzeit rund um das Thema veranstaltet wird. Kaum eine Verlautbarung aus der IT-Branche kommt ohne eine Anspielung auf das Metaverse aus. Selbst SAP-Chef Christian Klein ließ anlässlich der Bekannt­gabe der jüngsten Bilanzzahlen durchblicken, dass man in Walldorf über Business-to-Business(B2B)-Anwendungen für das Meta­verse nachdenke. Kunden und Partner hätten bereits angeklopft und gefragt, welche Möglichkeiten sich dort auftäten. „Wir werden ziemlich bald bekanntgeben, was wir dort machen“, kündigte Klein an.

Metaverse: Investment in die Zukunft?

Richtig Fahrt aufgenommen hat das Thema im Herbst 2021. Ende Oktober kündigte Facebook-Gründer und -CEO Mark Zuckerberg an, sein Unternehmen in „Meta“ umzubenennen und sich fortan hauptsächlich um die Entwicklung eines virtuellen Parallel-Universums, dem Metaverse, kümmern zu wollen. Nutzer sollen sich als Avatare in einer virtuellen Welt tummeln und dort arbeiten, spielen und auf verschiedenste Art und Weise kommunizieren und interagieren können.

Die Ankündigung Zuckerbergs euphorisierte die gesamte Branche. Das Metaverse ist die nächste große Technologieplattform, schrieben Anfang Dezember 2021 Matthew Kanterman und Nathan Naidu, beide Analysten bei „Bloomberg Intelligence“. Schon Ende 2023 könne das weltweite Marktvolumen mit Produkten und Services für das digitale Paralleluniversum bei knapp 800 Milliarden Dollar liegen.

Die Banker der Jefferies Group bezeichneten das Metaversum gar als die größte Umwälzung unserer Lebensweise, die es je gegeben hat. „Ein Metaversum könnte zwar noch mehr als ein Jahrzehnt entfernt sein, aber wenn es sich entwickelt, hat es das Potenzial, fast alles im menschlichen Leben zu verändern“, sagte der Investment-Experte Simon Powell. Die Coronapandemie habe die Akzeptanz neuer Techno­logien verstärkt und die Märkte geöffnet.

Nicht unerwartet, ist die anfängliche Euphorie inzwischen in einen regelrechten Hype um­geschlagen. So kaufte Republic Realm, eine Art Immobilienunternehmen für die virtuellen Welten, für 4,3 Millionen Dollar ein Stück Land in Sandbox, einem von mehreren Metaverses. Das hat sich gelohnt, die Grundstückspreise sind bereits stark gestiegen. Wie in der richtigen Welt ist auch hier die Lage entscheidend: Wer neben einem berühmten Rapper oder Filmstar wohnen will, muss tief in die Tasche greifen. Auch in anderen digitalen Welten, etwa Decentraland, wechseln virtuelle Grundstücke für Millionenbeträge den Besitzer.

Metaverse: Definition

Die Definition des Metaverse ist unscharf. Eines zeichnet sich allerdings klar ab. Das Metaverse geht weit über das hinaus, was wir heute unter Begriffen wie Virtual Reality, Augmented Reality oder Mixed Reality verstehen. Diese Technologien können Bestandteile eines Metaverse sein oder darin bestimmte Nutzererfahrungen, neudeutsch Experiences, möglich machen. Matthew Ball, Managing Partner des Venture-Capital-Unternehmens Epyllion Co. und Mitbegründer von Ball Metaverse Research Partners, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Metaverse und hat vor rund zwei Jahren versucht, einige Thesen aufzustellen, die so eine virtuelle Welt der Zukunft beschreiben. Ball zufolge ist das Metaverse:

  • beständig – das heißt, es wird niemals zurückgesetzt. Es pausiert auch nicht, geschweige denn, dass es endet, weder in einer zeitlichen noch räumlichen Dimension.
  • synchron und live – wie das wirkliche Leben wird das Metaverse eine lebendige Erfahrung sein, für jeden konsistent und in Echtzeit.
  • grenzenlos – es wird keine Obergrenze für die Anzahl der gleichzeitigen Nutzer geben.
  • individuell – jede Nutzerin und jeder Nutzer tritt als individuelle Persönlichkeit auf. Alle können mit individueller Handlungsfähigkeit zur gleichen Zeit an Orten sein, an Ereignissen teilnehmen oder aktiv sein.
  • ökonomisch funktionsfähig – im Metaverse wird sich eine voll funktionsfähige Wirtschaft etablieren. Einzelpersonen und Unternehmen werden Arbeit schaffen, Dinge besitzen sowie diese kaufen und verkaufen können.
  • wertvoll – der Wert virtueller Gegenstände wird von anderen Teilnehmern anerkannt.
  • vielfältig – das Metaverse kann neben digitalen auch Elemente aus der physischen Welt umfassen, mit verschiedenen privaten und öffentlichen Netzwerken interagieren sowie offene und geschlossene Plattformen integrieren.
  • interoperabel – digitale Gegenstände und Inhalte sollen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im gesamten Metaverse über verschiedenste Experiences hinweg nutzen können.
  • offen – Inhalte und Erlebnisse im Metaverse werden von einer Vielzahl von Mitwirkenden geschaffen und betrieben. Das können Einzelpersonen, organisierte Gruppen oder kommerziell ausgerichtete Unternehmen sein.

Aus Sicht von Ball ist das Metaverse ein weiterer Evolutionsschritt des World Wide Web, das sich vom stationären PC, über das mobile Zeitalter nun zu einer vollständig virtuellen Welt weiterentwickelt. Der Marktbeobachter wirft allerdings auch etliche Fragen auf, die im Zuge der virtuellen Schöpfung noch beantwortet werden müssen:

  • Kommt eine zentrale oder dezentrale Architektur zum Einsatz?
  • Braucht es eine Art Betriebssystem, ein Metaverse OS?
  • Inwieweit müssen Standards und allgemeingültige Protokolle entwickelt werden?
  • Proprietär oder Open Source?

Wann das Metaverse kommen wird und ob es eine oder verschiedene Welten sein werden, weiß auch Ball nicht zu beantworten. Eine Initialzündung oder eine Art Katalysator, wie sie beispielsweise Apple mit seinem iPhone und dem App-Store für das mobile Zeitalter bewirkt hat, ist für ein mögliches virtuelles Universum jedenfalls noch nicht in Sicht.

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Metaverse: Unternehmen

Von einer Art konzertierten Aktion verschiedener Player, ein gemeinsames Metaverse zu schaffen, kann derzeit keine Rede sein. Die verschiedenen Protagonisten verfolgen je nach Geschäftszweck ihre eigenen Ansätze und Strategien. Die einen wollen an Rechenpower und Speicher verdienen, die anderen an Zugangsgeräten wie beispielsweise VR-Brillen. Wieder andere möchten Plattformen betreiben oder vorhandene virtuelle Welten weiterent­wickeln. Und dann gibt es noch die vielen, die mit virtuellen Grundstücken, Games und Unterhaltung, NFT-Kunst oder sonstigem Handel treiben wollen.

Gaming-Anbieter

Einen Vorsprung vor allen anderen haben in den virtuellen Welten die Spieleentwickler. Tim Sweeney, Chef von Epic Games, das unter anderem den populären Titel „Fortnite“ im Programm hat, spricht bereits seit längerem vom Metaverse. Die nächsten drei Jahre würden entscheidend sein für alle Metaverse-Aspiranten, sagte Sweeney Ende vergangenen Jahres. Das Ganze gleiche einem Wettrennen, in dem es darum gehe, schnell möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer in sein eigenes Metaverse zu bringen. Wer zuerst eine Milliarde User auf seiner Plattform habe, werde die Standards setzen.

Sich selbst sieht Sweeney dafür in einer komfortablen Ausgangssituation. Der Manager verweist auf 60 Millionen aktive User pro Monat in Fortnite. Diese Experience ließe sich durchaus auf eine Milliarde User hochskalieren. Erste Erfahrungen darin, seinen Spielekosmos zu erweitern, hat Epic Games bereits gesammelt. In Coronazeiten, als Live-Konzerte nicht möglich waren, traten Musiker wie der Rapper Travis Scott und die Pop-Sängerin Ariana Grande in Fortnite auf. Mittlerweile hat der Game-Designer mit „Soundwave“ eine Konzertreihe mit verschiedenen Künstlern etabliert.

Nahe dran an der Vision eines Metaverse ist Roblox. Die Gaming-Plattform wurde 2006 von David Baszucki und Erik Cassel gegründet. Über eine einfache Software und Programmiersprache im Roblox Studio lassen sich eigene Spiele auf Roblox entwickeln und der Community zur Verfügung stellen. Damit können Nutzer Games-Szenarien mit Lego-artigen Bausteinen zusammensetzen sowie über die Skript-Sprache „Lua“ dynamisch verändern.

Roblox gehört in die Kategorie der sogenannten Sandbox-Games. Das heißt, die Teilnehmer können die virtuelle Spielewelt selbst mitgestalten. Doch während andere Sandbox-Spiele wie Minecraft den Usern mehr oder weniger vorgeben, was sie bauen sollen, lässt Roblox seiner Klientel mehr Freiheiten beim Kreieren der digitalen Spielewelt. Außerdem können die Spieler interagieren und zusammenarbeiten – ein zentraler Aspekt eines Metaverse.

Doch diese Freiheiten haben auch ihre Schattenseite. Immer wieder tauchen sexualisierte und gewaltverherrlichende Inhalte auf Roblox auf – ein Problem, gerade wenn unter den Usern viele Kinder und Minderjährige sind. Dem Erfolg von Roblox tat dies jedoch keinen Abbruch. Im vergangenen Jahr waren im Durchschnitt 190 Millionen User jeden Monat auf der Plattform aktiv.

Microsoft

Gaming könnte auch für Microsoft der Schlüssel zum Metaverse sein. Der Softwarekonzern landete im Januar 2022 einen großen Coup. Microsoft kündigte an, den Spielehersteller Activision Blizzard übernehmen zu wollen – für knapp 69 Milliarden Dollar. „Gaming wird eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Metaverse-Plattformen spielen“, sagte CEO Satya Nadella und kündigte an, massiv in Inhalte und die Community investieren zu wollen.

Dabei arbeitete Microsoft schon vorher selbst an virtuellen Welten. Mit „Microsoft Mesh“ hat der Softwarehersteller eine neue Form virtueller Meetings vorgestellt. Die auf Mixed Reality basierende Plattform soll Nutzern die Möglichkeit bieten, als Avatar in virtuelle Welten einzutauchen. In einer der nächsten Ausbaustufen soll es dann möglich sein, sich selbst als holografisches Abbild in den virtuellen Raum zu portieren. Microsoft spricht von einer „Holoportation“.

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Auf einer Konferenz zeigte der Hersteller eine Gruppe von Ingenieuren, die als Avatare in einem virtuellen Mesh-Raum gemeinsam an 3D-Modellen arbeiten. Bald sollen Entwickler Tools an die Hand bekommen, um selbst Avatare und Mesh- Räume zu bauen. Die Microsoft-Verantwort­lichen planen darüber hinaus, Mesh in die Collaboration-Plattform Teams zu integrieren. Dann könnten Meetings innerhalb eines vir­tuellen Mesh-Raums abgehalten werden.

Nadella verkündete, dies sei erst der Anfang dessen, was möglich sei, wenn man Bits mit den Atomen der realen Welt verbindet. „Wenn man die Art und Weise verändert, wie man die Welt sieht, verändert man die Welt, die man sieht.“ Doch das bleibt vorerst Zukunftsmusik. Die eigene Hololens-Brille findet sich schon seit Jahren im Portfolio und auch an der Holoportation forscht Microsoft Research bereits seit 2016, ohne dass bis heute eine konkret nutzbare Lösung zur Verfügung steht. Das könnte auch noch dauern. Einen Zeitplan, wann die virtuellen Mesh-Räume reif für den Praxiseinsatz sein werden, bleiben die Micro­soft-Verantwortlichen schuldig.

Nvidia

Bei Nvidia nimmt das virtuelle Universum unter der Bezeichnung „Omniverse“ schon konkretere Formen an. Auch Nvidia-Chef Jensen Huang hofft auf eine goldene Zukunft. Diese Technologien hätten das Potenzial, weltweit Multi-Billionen-Dollar-schwere Industrien auf den Kopf zu stellen und umzukrempeln, sagte der Manager im November 2021.

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Nvidia präsentiert mit Omniverse eine virtuelle 3D-Welt, in der Unternehmen komplexe Design- und Collaboration-Workflows abbilden könnten. Objekte wie beispielsweise Autos oder Gebäude ließen sich virtuell designen und deren Funktionsweise unter verschiedensten Bedingungen digital simulieren. Dafür hat Nvidia rund um seine RTX-Grafiktechnologie ein ganzes Lösungspaket geschnürt. Auch ein Software Development Kit (SDK) für erste Experimente in der 3D-Welt gibt es bereits.

Erste Anwenderunternehmen setzen die Lösung bereits ein. Beispielsweise nutzt Siemens Energy Omniverse, um über einen digitalen Zwilling den Betrieb seiner Kraftwerks­anlagen zu simulieren und zu überwachen. Das wohl ambitionierteste Projekt kommt aber von Nvidia selbst: Der Anbieter will den leistungsstärksten KI-Supercomputer der Welt bauen und mit dessen Hilfe im Omniverse einen digitalen Zwilling der Erde kreieren. Earth-2 (E-2) soll dabei helfen, die Folgen des Klimawandels besser verstehen zu können.

Meta

Facebook, respektive Meta, baut derzeit am technischen Fundament für sein Metaverse. Schon seit 2014 gehört Oculus zum Konzern. Darüber hinaus hat Meta in der jüngeren Vergangenheit verschiedene VR-Studios akquiriert, die Content für das Metaverse entwickeln sollen.

Meta kooperiert außerdem mit NvidiaErst kürzlich kündigte der Konzern an, mit dem „Research Supercluster” (RSC) einen KI-Supercomputer bauen zu wollen. Mithilfe des Numbercrunchers will Meta seine existierenden Services verbessern sowie komplett neue Dienste entwickeln, speziell für das Metaverse.

„Die Nutzererfahrungen, die wir im Metaverse ermöglichen wollen, benötigen eine enorme Rechenleistung“, sagte Meta-CEO Mark Zuckerberg. RSC werde KI-Modelle ermöglichen, die aus Billionen von Beispieldaten lernen und Hunderte von Sprachen verstehen. Beispielsweise ließen sich Übersetzungs­dienste in Echtzeit anbieten, wenn sich Spieler oder Projektteams aus aller Welt im Metaverse treffen.

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Metaverse: Technologien

Aus technischen Gesichtspunkten gibt es zwei Aspekte, die für die weitere Entwicklung des Metaverse relevant sein dürften. Dabei handelt es sich einmal um das Backend, also die Rechenzentren, in denen die virtuelle Welt inklusive aller Inhalte gehostet und betrieben wird, sowie die notwendige Netzinfrastruktur. Es ist davon auszugehen, dass sich die kommenden Anforderungen in Sachen Rechen­leistung, Speicherbedarf und Bandbreite im Vergleich zum heutigen Internet vervielfachen werden.

Schließlich wird es künftig nicht mehr nur darum gehen, den Nutzern auf ihren PCs, Tablets oder Smartphones Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos zu präsentieren. Vielmehr muss eine komplette virtuelle Welt in allen zeitlichen und räumlichen Dimensionen persistent in Echtzeit dargestellt werden – inklusive aller Inhalte und vor allem sämtlicher Interaktionen aller Beteiligten, die sich als Avatare im Metaverse bewegen.

Nicht umsonst erlebt das High Performance Computing derzeit eine Renaissance. Hersteller wie HPE oder Dell bauen an neuen Superrechnern. Die Chiphersteller kitzeln immer mehr Leistung aus ihren Prozessoren. Neue Techniken wie beispielsweise die Verknüpfung klassischer CPU-Plattformen mit Grafik­beschleunigern sorgen für Leistungssprünge, von denen man vor wenigen Jahren nicht zu träumen wagte.

Der Schlüssel für den Erfolg des Metaverse dürfte jedoch weniger im Backend als vielmehr im Frontend und den damit verbundenen Client-Techniken stecken. Hier geht es darum, wie die Nutzer das Metaverse erleben können, also welche Experiences sie erfahren und wie immersiv das Erlebnis ausfällt, also wie tief und wie intensiv sie in das virtuelle Universum eintauchen können. An dieser Stelle wird derzeit viel geforscht und experimentiert.

Sehen

Brillen für Virtual Reality (VR), mit denen User komplett in eine digitale Scheinwelt eintauchen, und für Augmented Reality, die die reale Welt mit digitalen Inhalten ergänzen und verknüpfen, sind seit etlichen Jahren bekannt. Bis dato ist deren Einsatz allerdings auf bestimmte Einsatzfelder beschränkt – beispielsweise bei Gamern, Technikern, die sich bei Reparaturen von Maschinen Inhalte über eine smarte Brille anzeigen lassen, oder Ingenieuren, die im virtuellen Raum Produkte designen, entwickeln und testen.

Erfolgreich war das alles nicht sonderlich. Beispielsweise brachte Google 2014 mit der Google Glass eine Datenbrille auf den Markt, in der Hoffnung, damit einen breiten Massenmarkt adressieren zu können. Das schlug fehl, weil die Inhalte fehlten und es damit keine lohnenswerte Experience für die Konsumenten gab. Außerdem liefen die Datenschützer Sturm: Menschen, die anderen begegnen und sich über ihre Brille Informationen zu diesen Personen anzeigen lassen können, wollte niemand auf den Straßen sehen. Heute ist die Google Glass als professionelles Business-Gerät zu haben. Maschinenbauer setzen die teure Brille zum Beispiel dafür ein, um ihre Servicetechniker bei der Arbeit zu unterstützen.

Mit dem Hype rund um das Metaverse, wittern aber auch die Hersteller von VR-Brillen neue Geschäfte. Google und Apple sollen in ihren Laboren an neuen Modellen arbeiten. Der Erfolg dieser Brillen wird auch davon abhängen, wie komfortabel sie sich tragen lassen. Klobige schwere Geräte werden die Nutzer kaum über einen längeren Zeitraum nutzen wollen. Dazu kommen Fragen nach der Energieversorgung und Laufzeit der Geräte.

Fühlen

Doch im Metaverse wird es nicht nur um visuelle und akustische Erfahrungen gehen. Um Dinge im virtuellen Universum fühlen zu können, arbeiten beispielsweise Wissenschaftler der Carnegie Mellon University an einer Art Roboterhaut. Als Handschuh sollen Anwender damit virtuelle Gegenstände im Metaverse anfassen und erfühlen können.

Riechen und schmecken

Für den Geruchssinn wollen Hersteller VR-Brillen mit Nasenklappen ausstatten. Über dort platzierte Kartuschen, die je nach Einsatzszenario mit verschiedenen Aromen bestückt werden können. So sollen sich Düfte im Metaversum simulieren lassen. Auf diesem Umweg könnte sich auch das Temperaturempfinden manipulieren lassen – beispielsweise suggeriert Minze Kälte und Chili Wärme. Um Geschmäcker im Metaverse zu transportieren, arbeiten Wissenschaftler an Aktoren, die unter der Zunge platziert werden und dort bestimmte Geschmacksrezeptoren stimulieren. Doch in diesem Bereich gibt es auch noch andere Innovationen zu entdecken:

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Laufen

Neben der Sinneswahrnehmung geht es im Metaverse aber auch noch um etwas anderes Grundlegendes: die Bewegung. Schließlich wollen Teilnehmer die neue virtuelle Welt erkunden. Und das geht nicht, wenn sie statisch an Ort und Stelle bleiben. Um Mobilität naturgetreu abzubilden, müssten die User gehen können. Per pedes dürfte das allerdings schwierig werden, wenn sie eine Brille vor Augen haben und der reale Raum, in dem sie sich befinden, so gar nichts mit dem virtuellen Raum zu tun hat, in dem sie gern losstürmen würden.

Etliche Hersteller arbeiten mit Hochdruck an Geräten, die Nutzern eine möglichst reibungslose Bewegungserfahrung im Cyberraum ermöglichen sollen. Das US-amerikanische Start­up Ekto VR hat mit den „Ekto One Simulator Boots“ eine Art VR-Walking-Schuhe vorgestellt, mit deren Hilfe sich Nutzer im Metaverse bewegen könnten, ohne dabei Unfälle in der realen Welt zu riskieren.

User schlüpfen mit ihren herkömmlichen Schuhen in die Überstiefel, in denen die Füße mit Riemen festgeschnallt werden. Ekto VR funktioniert mit einer Reihe von motorisierten Rädern an der Unterseite. Diese drehen sich mit der passenden Geschwindigkeit entgegen der Richtung, in die der Benutzer läuft. So gleiten die motorisierten Walking-Boots automatisch immer zurück in die Mitte des Raums. Von außen betrachtet laufen die User auf der Stelle, im virtuellen Raum bewegen sie sich indes vorwärts. Sogar virtuelles Treppensteigen oder das Klettern auf Leitern soll den Entwicklern zufolge mit den Stiefeln möglich sein.

Es bleibt die Frage, wie komfortabel eine solche Metaverse-Ausrüstung zu nutzen sein wird. Werden Anwender bereit sein, Brille und Kopfhörer aufzusetzen, sich Handschuhe oder womöglich einen Ganzkörperanzug fürs Taktile anzuziehen und mit speziellen Boots durchs virtuelle Universum zu wandern? Oder wird man Abstriche bei der Immersion in Kauf nehmen und mit Blick auf die Bequemlichkeit die Eintauchtiefe auf bestimmte einzelne Sinne reduzieren? Das könnte aber die Gesamt-Experience trüben. An dieser Stelle die richtige Balance zu finden und die Anwender aus ihrer Komfortzone zu locken, dürfte eine der großen Herausforderungen im Metaverse sein.

Brain-Computer-Interface

Oder es gelingt noch ein Durchbruch an ganz anderer Stelle. Neuralink im Silicon Valley arbeitet, ausgestattet mit viel Geld von Tesla-Gründer Elon Musk, am sogenannten Brain-Computer-Interface. Ein Chip soll Signale aus dem menschlichen Gehirn direkt an einen Rechner übermitteln können. Vorrangiges Ziel ist es, Menschen mit neurologischen Schäden oder Einschränkungen zu helfen, Geräte wie zum Beispiel Smartphones per Gedanken zu steuern. Vielleicht könnte diese Technik in Zukunft aber auch der Schlüssel für das Metaverse sein – die Matrix lässt grüßen.

Metaverse: Regulierung & Ethik

Aktuell verläuft die Entstehung des Metaverse eher fragmentiert. Viele unterschied­liche Hersteller treiben ihre eigenen Initiativen voran. Je nach Marktmacht und technischem Know-how variiert auch ihre Durchschlagskraft. Damit stellt sich derzeit die Frage nach der Kontrolle noch nicht. Am Ende wird es aber sicher ein Thema sein, ob hegemoniale Bestrebungen einzelner Unternehmen die Idee des Metaversums beschädigen werden.

Der Erfolg des Internet basiert auch darauf, dass es kein Unternehmen und keinen Staat gibt, der es kontrolliert – auch wenn so mancher Protagonist das gern tun würde. Im World Wide Web haben sich von Anfang an Standards etabliert, an die sich alle Beteiligten gehalten haben. Mit dem World Wide Web Consortium (W3C) existiert seit 1994 ein anerkanntes Gremium, das sich um die Standardisierung der Techniken im Netz kümmert. Es gibt festgelegte Formate und Protokolle für die Übermittlung von Daten sowie Regeln für die Vergabe von Adressen, an die sich alle halten.

Der reinen Lehre nach ist das Internet ein offener und freier Raum, an dem jeder Mensch teilhaben kann. Zumindest theoretisch. Tim Berners-Lee, der 1989 am CERN die Grundlagen des Internets gelegt hatte, sieht seine Schöpfung in Gefahr. „Ich habe immer geglaubt, dass das Internet für alle da ist“, sagte Berners-Lee vor wenigen Jahren. „Aber trotz all des Guten, das wir erreicht haben, hat sich das Web heute zu einem Motor der Ungerechtigkeit und Spaltung entwickelt“, konstatierte der Wissenschaftler und kritisierte in erster Linie die großen Web-Konzerne wie Alphabet, Facebook und Amazon.

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Berners-Lee hat das Unternehmen Inrupt mit aus der Taufe gehoben. Ziel der Company ist nicht mehr und nicht weniger, als das Web komplett neu zu erfinden. Gelingen soll dies mit der Plattform „Solid“, die auf Forschungen am MIT zurückgeht. Internetnutzer sollen damit die vollständige Kontrolle darüber bekommen, was mit ihren Daten im Netz passiert – also wo Daten gespeichert werden und wer darauf zugreifen darf. Dreh- und Angelpunkt ist ein so­genannter Personal Online Data Store (POD). Innerhalb dieses Datensafes können Anwender für dort abgelegte Inhalte Lese- und Schreib­rechte vergeben. Integriert sind außerdem von Social Networks ­bekannte Funktionen wie Teilen, Liken, Kommentieren und Feeds.

Ausgerechnet Solid könnte ein Schlüssel für den Erfolg des Metaverse werden. Gerade wenn Nutzer tiefer in eine virtuelle Welt eintauchen und darin mit anderen Akteuren interagieren und kommunizieren – egal ob als Avatar oder nicht – müssen digitale Identitäten sowie deren Schutz elementare Bestandteile des Metaverse werden.

An dieser Aufgabe war unter anderem Second Life gescheitert. Das bereits 2003 mit großem Hype gestartete Metaversum des Anbieters Linden Lab wurde wiederholt für mangelhaften Jugendschutz kritisiert. Beispielsweise fehlte eine funktionierende Altersverifikation. Minderjährige, die sich als volljährig ausgaben, erhielten problemlos Zugang zu pornographischen Inhalten. Hacker fanden darüber hinaus schnell heraus, wie sie die Kontrolle über Avatare anderer Teilnehmer erlangen konnten. Diese von den rechtmäßigen Besitzern nicht mehr steuerbaren Avatare geisterten als sogenannte „Voodoo Dolls“ durch Second Life.

Belästigungen im Metaverse

Derartige Probleme könnten sich nahtlos fortsetzen. Obwohl das Metaverse noch nicht einmal richtig gestartet ist, gibt es bereits erste Meldungen über sexuelle Belästigungen. Eine 43-jährige Londonerin soll von drei bis vier männlichen Avataren vergewaltigt worden sein. Ihre Peiniger sollen sogar Fotos von der Tat gemacht haben. Zuvor hatte sich bereits eine andere Beta-Testerin darüber beklagt, sie sei im Metaverse von einem Unbekannten sexuell belästigt worden.

Meta bedauert die Vorfälle und will gegensteuern. Eine Art digitaler Abstandsregel soll Nutzerinnen und Nutzer vor Belästigungen schützen. Die Funktion „Personal Boundary“ soll verhindern, dass sich User in den VR-Anwendungen „Horizon Worlds“ und „Horizon Venues“ zu nahe kommen. Innerhalb dieser Zone werden andere Avatare einfach ausgeblendet. Standardmäßig wird künftig ein Zwangsabstand von etwa 1,2 Meter eingestellt, hieß es in einem Blog-Eintrag. Darüber hinaus soll es in künftigen Versionen die Möglichkeit geben, den Sicherheitsradius individuell an die eigenen Wünsche anzupassen.

Wild West im Metaverse?

Angesichts dieser Vorfälle stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, wie bestimmte Regeln, auch ethischer Natur, im Metaverse etabliert, überwacht und durchgesetzt werden können. Schon heute wird es im Internet immer schwieriger, Verstöße wie beispielsweise Hassreden und gesetzeswidrige Fehlinformationen zu verfolgen und zu ahnden. Die Bemühung, große Player wie Facebook oder Apple dazu zu verpflichten, bei der Aufklärung von Straftaten mitzuwirken, funktioniert nur sehr zäh. Das dürfte im Metaverse nicht anders sein.

Aber wer weiß, welche Regeln und Normen korrekten Verhaltens sich dort entwickeln werden. Im Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ beschreibt Autor Neal Stephenson ein dystopisches Metaverse-Szenario. Die Hauptfigur Hiro, ein Hacker, der am Metaverse mitprogrammiert hat, filetiert in einer Schwertkampfszene seinen Gegner nach allen Regeln der japanischen Fechtkunst – ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Der tote Avatar wird von virtuellen Friedhofsdämonen entsorgt, die dahintersteckende Person für kurze Zeit aus dem Metaverse ausgeschlossen, bis die virtuelle Leiche beseitigt und ein neuer Avatar geschaffen ist. „Der ganze Sinn und Zweck eines Schwertkampfs besteht nun einmal darin, jemand anderen aufzuschlitzen und zu töten“, beschreibt Stephenson die ein­fache Logik seines Helden. Hiro kommentiert lapidar: „Wenn man um den Besitz eines Schwertes kämpft, gewinnt immer der Mann, der die Hand am Griff hat.“

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Fazit zum Metaverse: Viel heiße Luft

Vieles von dem, was die Anbieter derzeit in Sachen Metaverse versprechen, ist noch heiße Luft. Die Präsentationen der Anbieter gaukeln der Öffentlichkeit mit gut gerenderten Filmchen nahezu perfekte 3D-Welten vor. Schaut man sich jedoch „live“ in den virtuellen Welten um, erinnert man sich doch eher an die verpixelten und ruckeligen Erlebnisse aus Second Life. Außerdem herrscht in den Weiten des Metaverse derzeit vor allem eines – virtuelle Leere.

Diese mit Inhalten und Erlebnissen zu füllen, daran werden Anbieter wie Meta, Microsoft und Nvidia arbeiten müssen. Vor allem die Facebook-Mutter Meta steht unter Druck, ihrer Klientel etwas Neues zu bieten. Die Facebook-Gemeinde kommt allmählich in die Jahre und bei den Jüngeren liegen andere Plattformen in der Gunst deutlich vor Facebook – zum Beispiel TikTok. Wie hoch die Erwartungen sind, offenbarte sich jüngst bei der Bekanntgabe der aktuellen Quartalszahlen. Meta enttäuschte mit der Entwicklung der Nutzerzahlen. Die Folge: Die Aktie stürzte ab und über 230 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung lösten sich binnen weniger Minuten in Wohlgefallen auf.

Analysten sind dennoch zuversichtlich. Bis 2026 wird ein Viertel aller Menschen mindestens eine Stunde pro Tag im Metaverse verbringen, um dort zu arbeiten, einzukaufen, sich weiterzubilden, Kontakte zu knüpfen oder einfach nur zur Unterhaltung – so die Experten des Research- und Beratungsunternehmens Gartner. „Anbieter entwickeln bereits jetzt Möglichkeiten, mit denen die Nutzer ihr Leben in digitalen Welten nachbilden können“, sagte Marty Resnick, Research Vice President bei Gartner. „Der Besuch virtueller Klassenzimmer, der Kauf digitaler Grundstücke oder der Bau virtueller Häuser werden derzeit in separaten Umgebungen durchgeführt. In Zukunft werden sie in einer einzigen Umgebung stattfinden – dem Metaverse – mit unterschiedlichen Zielen über verschiedene Technologien und Erlebnisse hinweg.“

*Martin Bayer: Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP; Betreuung von News und Titel-Strecken in der Print-Ausgabe der COMPUTERWOCHE.


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