Was Microsoft bei Windows 10 ändern muss

Windows 10 ist nun sechs Monate am Markt - schätzungsweise 200 Millionen Anwender sind bereits umgestiegen. Sicher ist, dass das Betriebssystem eine große Zukunft vor sich hat; dennoch gibt es gute Argumente gegen Windows 10. Wir hoffen, dass Microsoft mitliest und bald Abhilfe schafft. [...]

ERSTELLT EINEN „PRIVACY-SCHALTER“, DER AUCH LÄUFT
Die meisten Windows-Nutzer – absolute Microsoft-Fans einmal ausgenommen – sorgen sich um Microsofts gestiegenen „Schnüffelwahn“. Ähnliches legen natürlich auch Google oder Facebook an den Tag – Microsoft hat aufgrund seiner Historie und riesigen Kundenschar aber noch einmal einen anderen Stellenwert. Mit folgenden Forderungen vieler Windows-10-Nutzer sollte sich der Konzern dringend auseinandersetzen:

  • Den Nutzern mitteilen, was in den Datenbanken über sie gespeichert wird;
  • Eine einfache Methode anbieten, die Datensammelei in Windows zu unterbinden;
  • Die gespeicherten Nutzerdaten für die Betroffenen durchsuchbar machen und auch deren nachträgliche Löschung ermöglichen.

Windows 10 bietet zwar eine mehr als 100 einzelne Einstellungen in einem Privacy-Applet, dieses deckt aber auch längst nicht alles ab – die Einstellungen der Cortana-Oberfläche ändern sich ständig, Dienste wie Bing, Outlook.com, OneDrive, Groove Music, MSN oder Xbox sind unzureichend berücksichtigt. Auch die Interaktion der verschiedenen Services untereinander ist nicht komplett durchdacht: So muss Cortana beispielsweise einen Zugriff auf die E-Mails haben, um eine vernünftige Meeting-Planung vornehmen zu können. Windows Map funktioniert ohne die aktuelle Position des Nutzers nicht. Die Herausforderung für Microsoft wird es sein, transparent zu machen, welche Anwendung welche Daten benötigt und gleichzeitig dem Nutzer die Kontrolle über seine Privatsphäre zurückzugeben.

Personalisierte Microsoft-Werbung im Browser stellt für viele Nutzer ein Ärgernis dar. Hier muss bezogen auf die Privacy-Einstellungen ebenfalls dringend nachgebessert werden. (c) Infoworld

Es wäre wünschenswert, wenn alle Hersteller, die mit persönlichen Daten hantieren, diese Möglichkeiten obligatorisch anbieten müssten. In den USA müssen Wirtschaftsauskunfteien ähnliches bereits tun, die Europäische Union bewegt sich mit den neuen Datenschutzgesetzen ebenfalls in diese Richtung. Es wäre deshalb jetzt ein guter Zeitpunkt für Microsoft, mit gutem Beispiel voranzugehen.

REPARIERT DAS SURFACE PRO 4 UND DAS SURFACE BOOK
Als Windows-Anwender sind wir es gewohnt, dass die Systemstabilität wegen Treiberproblemen schon einmal leidet. Dieses Risiko ist durchaus beabsichtigt, damit Windows auch mit verschiedensten Hardware-Zusammenstellungen funktionieren kann. Für die Microsoft-Tablets Surface Pro 3, Surface Pro 4 und Surface Book gilt diese These aber nicht – denn hier sollte Windows 10 auch ohne ständige Probleme funktionieren können.

Doch was mussten wir sehen: 20 Firmware-Patches für das Surface Pro 3 in weniger als 16 Monaten. Jeder Patch behob ein paar Probleme, riss an anderer Stelle aber einige andere Löcher wieder auf. Das Firmware-Update vom 19. Januar beispielsweise verursachte Bluescreens, deaktivierte die Wi-Fi-Unterstützung und behob nicht das schon lange bekannte Problem mit zu geringer Akkulaufzeit.

Das Surface Pro 4 und das Surface Book kommen auf sechs Firmware-Updates in drei Monaten, was wahrscheinlich sogar einen Rekord darstellt. Die zugrundeliegenden Probleme waren so groß, dass Microsoft-Guru Paul Thurrott den Begriff „Surfacegate“ prägte. Thurrott ist aber überzeugt davon, dass das Firmware-Update 6 zumindest die meisten Bugs reparieren wird.

STELLT ONEDRIVE FERTIG
Microsoft hat seinen Cloud-Speicherdienst OneDrive regelrecht verpfuscht – und es kann Jahre dauern, bis der Gestank des Versagens wieder verschwindet. Bis zu den Zeiten von Windows 8 war OneDrive ein durchaus nützlicher Onlinespeicher für Privatanwender – mit Ecken und Kanten zwar, aber wenigstens gut in Windows integriert. Die außerhalb des Namens komplett davon losgelöste Unternehmenslösung OneDrive for Business lief ebenso gut.

In Windows 8.1 dann gab es das Feature „Placeholders“. Das sorgt dafür, dass OneDrive-Dateien augenscheinlich lokal gespeichert werden, tatsächlich vor der Benutzung aber erst aus der Microsoft-Cloud heruntergeladen werden müssen. Vorteil: Alle Annehmlichkeiten eines Cloud-Speichers und Entlastung für den stationären Plattenspeicher.

Windows 10 hingegen bietet nichts dergleichen: Keine „Placeholders“, sondern nur eine verbuggte und verhunzte OneDrive-Variante, die zu ständigen Freezes und Abstürzen führt. OneDrive for Business läuft fast gar nicht. Es ist ein totales Chaos. Deshalb die Empfehlung: Wenn Sie OneDrive benutzen möchten, bleiben Sie bei Windows 8.1 und warten Sie, bis Microsoft ein wenig aufgeräumt hat.

STELLT EDGE FERTIG
Der derzeitige Zustand von Edge, dem neuem Microsoft-Browser und Nachfolger des beerdigten Internet Explorer, lässt schon fragen, ob denn jemals jemand in der Lage sein wird, ein „universelles“ Windows-Programm in einer vernünftigen Zeitspanne zu entwickeln.

Die ersten Infos zum „Project Spartan“ genannten Edge kamen vor mehr als einem Jahr auf. Schon damals arbeitete Microsoft bereits seit mehreren Monaten an seinem neuen Browser. Es stellt sich die Frage: Warum dauert es so lange, ein solches Programm in die vielgepriesene Universal Windows Platform einzubinden? Ist das Entwicklerteam überarbeitet, überfordert – oder ist die WinRT-Laufzeitumgebung einfach nicht geeignet für ein solches Vorhaben?

Aktuell ist Edge noch weit davon entfernt, brauchbar zu sein. Erste Betaversionen unterstützen immerhin bereits einen mehrstufigen Zurück-Button – das ist jedoch ein Feature, das jeder Browser seit Netscape-Tagen beherrscht. Uns wurde bereits die Unterstützung von Chrome-Erweiterungen versprochen – uns wurde ein schneller, schlichter, spaßiger Edge-Browser versprochen. Und was hat Microsoft bislang geliefert? Einen verkümmerten, fehlerhaften, lustlosen Browser-Ersatz…

Glücklicherweise laufen Chrome und Firefox gut unter Windows 10, was eine fehlende Microsoft-Alternative weniger schmerzhaft macht. Eine positive Ansage an die Zukunft der Windows-Store-Apps sieht dennoch anders aus.


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