Eine Website oder App ist dann erfolgreich, wenn der Besucher mit ihrer Hilfe sein Ziel erreicht, und die Nutzung als angenehm und zielführend empfindet. Exakt mit diesem Fokus blicken UX-Designer auf die Entwicklung von Online-Produkten. User Experience lautet hier das Stichwort, unter dem sich gerade ein Beruf etabliert, der immer mehr gefragt ist. [...]
„User Experience“ (UX), also das „Nutzererlebnis“, mag wie eine Wortschöpfung von Marketing-Strategen klingen. Tatsächlich aber ist die Erfahrung, die der Nutzer bei der Anwendung eines digitalen Produkts macht, ausschlaggebend dafür, ob er Kunde wird und bleibt, das Produkt vielleicht sogar weiterempfiehlt – oder ihm wieder den Rücken kehrt.
- UX-Designer sorgen dafür, dass eine App oder Web-Anwendung Spaß macht, nützlich und intuitiv zu bedienen ist.
- Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden werden vom UX-Designer schon vor der Entwicklung erkundet.
- Ein UX-Designer soll durch Analyse unnötige Entwicklungsarbeiten und Kosten in Projekten verhindern.
Kurz gesagt: Eine erfolgreiche App oder Web-Anwendung muss Spaß machen, intuitiv zu bedienen sein und dem Nutzer in seiner konkreten Situation genau das bieten, was er sucht. Was selbstverständlich klingt, wird in der Praxis aber nicht immer ebenso umgesetzt. Deswegen kommt neben den Web-Entwicklern und Programmierern, die den Entwicklungsprozess hinsichtlich der technischen Machbarkeit betrachten, und den Business-Verantwortlichen, die vor allem die Unternehmensziele im Blick haben, eine dritte Dimension, nämlich die Sicht des Nutzers, hinzu. Diese bringt der UX-Designer ein.
DER AUFGABENBEREICH EINES UX-DESIGNERS
„Oft ist es der UX-Designer, der im Dialog mit Developern, Marketing und Geschäftsführung die Frage ins Spiel bringt, ob das, was hier entwickelt wird, auch tatsächlich das ist, was der Nutzer möchte. Meist entsteht dann eine wirklich interessante Diskussion“, erzählt UX-Designer Wojciech Hupert. Denn wenn neue Features entworfen werden, die den Vorstellungen und Zielen der Geschäftsführung entsprechen, geraten allzu oft diejenigen Menschen, die die App oder Website am Ende verwenden sollen, aus dem Fokus. Hupert ist seit 15 Jahren so etwas wie ein UX-Designer – auch wenn die Bezeichnung so damals noch nicht existierte. Zurzeit ist er bei einem Startup in Berlin angestellt und arbeitet zudem als Freelancer in verschiedenen Projekten.
Das Ziel eines UX-Designers beschreibt er folgendermaßen: „Das Produkt muss für den User funktionieren. Dass es schick aussieht oder eine riesige Menge an Funktionalitäten bietet, ist dabei nicht entscheidend. UX-Designer fragen sich, was der Nutzer mit dem Produkt erreichen möchte und wie er auf die angenehmste Weise dorthin gelangt.“ Um dies zu erzielen, setzen UX-Designer möglichst frühzeitig an: Interviews oder Umfragen geben Aufschluss über die Situation, die Bedürfnisse und die Erwartungen der Zielgruppe – und darüber, wie die App oder Website darauf eingehen kann. Im nächsten Schritt wird der Weg des Benutzers durch die Anwendung skizziert, und es werden erste Prototypen für eine Lösung hergestellt, die mit echten Nutzern getestet werden können. So stellt man schon von Beginn an sicher, dass die App oder Website nicht nur ihren Zweck erfüllt, sondern auch gut ankommt und gern verwendet wird.
Dieser Fokus kann enorme Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess als Ganzes haben: Nutzungsdaten und Erfahrungswerte können beispielsweise ergeben, dass bestimmte Features genauer auf die Zielgruppe ausgerichtet werden müssen, um dem Nutzer einen echten Wert zu bieten. „Schon manches Projekt wurde so auf das zusammengestampft, was der Nutzer wirklich gebrauchen kann. Oft spart dies Kosten ein, da Entwicklungen ins Blaue vermieden werden“, erläutert Hupert. Und auch für die Entwickler bringt die Arbeit mit Prototypen Vorteile mit sich: Schon vorab können Frontend- und Backend-Developer das Ergebnis als Ganzes sehen. Abhängigkeiten werden klarer, Abstimmungen einfacher und die Projektplanung zielgerichteter.
AUSBILDUNG AN HOCHSCHULEN UND IM ONLINE-KURS
Viele offizielle Ausbildungsangebote gibt es noch nicht. Erste Technische Hochschulen – etwa die TH Ingolstadt – wagen aber den Vorstoß und bieten UX-Design als Studiengang an. Weiterbildungsmöglichkeiten gebe es aber bereits einige, weiß Hupert, der neben seinen eigenen Projekten auch Mentor bei CareerFoundry ist, einer Online-Weiterbildungsplattform für professionelle Tech- und Design-Trainings. Hier begleitet und berät er Lernende, die einen Online-Kurs zum UX-Designer absolvieren. Die meisten sind Quereinsteiger ohne Hintergrund in Informatik, wobei eine Affinität zur Web-Entwicklung oder entsprechende Vorerfahrungen hilfreich wären. Vor allem aber, so der Experte, seien Kreativität und Einfühlungsvermögen gefragt, ebenso wie die Freude am Gestalten und Teamfähigkeit.
Auf die Frage, ob man sich UX-Design nicht auch selbst mit einem der zahlreichen online verfügbaren Tutorials beibringen könne, antwortet Hupert: „Das ist nicht ganz einfach. Denn bei UX-Design kommt es auch darauf an, was man in welcher Reihenfolge lernt und was man später wo anwendet.“ Außerdem, so der Insider, wisse man beim Selbststudium nie genau, ob vielleicht etwas fehle. Zudem könne man auch keine praktischen Erfahrungen sammeln und auch nicht vom Praxiswissen eines Experten profitieren. Ein Kurs mit einem systematischen Ansatz und vielen Praxisübungen bringe deutlich mehr. Die Begleitung durch einen Mentor hält er für unerlässlich; eine gewisse Erfahrung sei für UX-Design und die entsprechende Kommunikation im Projektteam ausschlaggebend.
GUTE CHANCEN AM ARBEITSMARKT
Aktuell wird in nahezu allen Unternehmen einschließlich des Mittelstandes über Digitalisierung diskutiert; eine gute digitale Geschäftsidee oder eine saubere technische Umsetzung allein reichen nicht mehr aus, um im Wettbewerb zu bestehen. Auch wenn die Begrifflichkeit noch nicht überall Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs ist, so treiben Unternehmen doch bereits jetzt großen Aufwand, um Kunden über digitale Kanäle zu erreichen, zu begeistern und zu halten: Auch hier spielt UX Design eine immer wichtigere Rolle. Zahlreiche Startups mit digitalen Geschäftsmodellen und E-Commerce-Unternehmen suchen händeringend nach UX-Design-Experten. Die Chancen auf eine Karriere in diesem Bereich sind schon jetzt sehr gut – Tendenz steigend. Für potenzielle Quereinsteiger ist eine Ausbildung zum UX-Designer also durchaus eine Erwägung wert.
*Hans Königes ist Ressortleiter Jobs & Karriere für computerwoche.de
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