Wie künstliche Intelligenz die Produktivität Ihres Unternehmens beeinflussen kann

Statt den Menschen zu ersetzen, kann künstliche Intelligenz auch dazu genutzt werden, um Arbeitsabläufe zu vereinfachen und die Produktivität Ihrer Mitarbeiter zu steigern. Wir stellen Ihnen einige willkommene Tools vor, die Ihr Unternehmen wesentlich bereichern können. [...]

Künstliche Intelligenz sollte nicht nur als eine Bedrohung wahrgenommen werden. Sie kann durchaus auch nützlich sein (c) Pixabay.com

Künstliche Intelligenz kann und sollte als der nächste große Jobkiller gefürchtet werden, und doch konzentrieren sich mittlerweile viele der derzeit verfügbaren KITools und –Services auf die Verbesserung der Produktivität von Unternehmen und Mitarbeitern, statt ihnen mit Verdrängung zu drohen. Tatsächlich gaben fast zwei Drittel der befragten Mitarbeiter einer kürzlich von der Softwarefirma ABBYY durchgeführten Umfrage (UK) an, dass sie Aufgaben wie das Ablegen von Besprechungsprotokollen oder das Überprüfen umfangreicher Dokumente nur allzu gern an eine Maschine abgeben würden.

Im Vertrieb werden schon jetzt KITools wie Salesforce und Microsoft Dynamics im Service-Bereich regelmäßig genutzt, da sie genauere Verkaufsprognosen liefern und dabei helfen können, potenzielle Kunden anzusprechen und leichter Geschäfte abzuschließen. Künstliche Intelligenzen können jedoch auch für allgemeine Geschäftsaktivitäten nützlich sein: Um Manager darin zu coachen, noch effizienter zu interagieren, den richtigen Zeitpunkt für das Senden von E-Mails vorzuschlagen oder um hilfreiche Informationen aus Whiteboards zu gewinnen – KI-unterstützte Tools steigern die Produktivität von Unternehmen mittlerweile in vielen unterschiedlichen Branchen. Sie müssen nicht gleich ein eigenes Team für maschinelles Lernen zusammenstellen, doch Sie sollten zumindest darüber nachdenken, wie Sie Ihr Unternehmen sinnvoll darauf vorbereiten können, das beste aus dem Vormarsch der künstlichen Intelligenz zu machen.

Intelligentere Suchanfragen und -ergebnisse

Smartphones und Consumer-Cloud-Speicherdienste verwenden schon seit längerem Bildererkennungsmechanismen, um Fotos automatisch zu taggen. Unternehmensorientierte Cloud-Speicherdienste wie SharePoint Online und OneDrive for Business haben nun ebenfalls damit begonnen. „In SharePoint-Dokumentbibliotheken sind viele Informationen gespeichert“, so Dan Holme, Leiter der Produktkennzeichnung für SharePoint. „Wenn Sie ein Bild hochladen, erkennt die KI automatisch, wo es gemacht wurde, welches Objekt darauf abgebildet ist und extrahiert den darauf erkennbaren Text.“ Wenn Sie die Quittung eines Restaurants scannen oder fotografieren, können Sie die notwendigen Informationen für Ihre Steuererklärung beispielsweise direkt aus der Dokumentenbibliothek extrahieren.

Der nächste Schritt, der noch dieses Jahr umgesetzt werden soll, wird es erleichtern, solche Informationen in Geschäftsprozessen weiterzuverwenden, wenn Flow, Microsofts Low-Code-Tool zur Erstellung von Workflows, verwendet wird. „Die KI offenbart den Wert der Fotos; wenn man das mit Flow verbindet, können Cognitive Services bald für die Übersetzung, Transkription oder Stimmungsanalyse genutzt werden“, meint Holme. Ein Versicherungsvertreter kann beispielsweise ein Foto machen, um den Schaden zu dokumentieren, und dieses Foto würde automatisch an die zuständige Abteilung gesendet werden. Oder Sie können über SharePoint Ihr neues Firmenlogo einrichten und anschließend die Formatierungsoptionen nutzen, um alle Dokumente mit dem alten Logo hervorheben zu lassen.

Auf Ihrem Mobilgerät nutzt die neueste Version von Adobe Scan die Bilderkennung, um zu registrieren, ob Sie eine Visitenkarte fotografieren. Dann führt es eine optische Zeichenerkennung durch und erstellt einen neuen Kontakt basierend auf den vorher von der Karte extrahierten Informationen. Außerdem kann es zuvor gescannte Bilder automatisch anpassen, Schatten säubern, Text schärfen und die Perspektive so korrigieren, dass der Text besser gelesen werden kann. Die Office-Lens-Funktion von Microsoft für OneNote und OneDrive führt ähnliche Korrekturen durch, allerdings direkt bei Aufnahme des Fotos.

Dokumente automatisch zu erkennen und zu markieren, um bestimmte Verträge, Rechnungen und andere gängige Dokumenttypen besser finden zu können, ist zwar noch nicht so weit fortgeschritten wie die Bilderkennung, doch die Firma Box bietet diese Form des KI-Tools auf seiner Box Skills Plattform an (diese befindet sich allerdings noch in der Beta-Phase und bietet bislang Bild-OCR und Audio-Transkription an). Das sogenannte „Text Analytics“-Tool für Verträge der Firma ABBYY nutzt bereits KI, um Verträge zu erkennen und die Rollen von Entitäten wie Käufern und Verkäufern zu identifizieren. So können Sie auf einen Blick erkennen, welche Verpflichtungen Sie einhalten müssen (z.B. Benachrichtigungen im Falle es Datenlecks oder Liefertermine), welche Risiken enthalten sind und können überprüfen, ob die Vertragsklauseln konsistent und gesetzeskonform sind. Das Tool soll auch mit semi-strukturierten Geschäftsdokumenten wie Mietverträgen funktionieren, so Paul Goodenough, Leiter von ABBYY (UK & Irland). Dabei hebt es die wichtigsten Informationen hervor: „Dies ermöglicht es Benutzern, Dokumente schneller zu lesen, indem bestimmte Abschnitte, Klauseln und Fakten für bevorstehende Geschäftsprozesse lokalisiert werden“, sagt er.

Im größeren Rahmen kann die Acrobat Document Cloud Listen, Tabellen, Formularfelder und Abbildungen in hochgeladenen PDFs automatisch identifizieren, um Suchanfragen und das Ausfüllen von Formularen zu vereinfachen und zu automatisieren. Auch Microsoft hat bereits darüber gesprochen, maschinelles Lernen in einer zukünftigen Version ihres Azure Information Protection Services dazu zu verwenden, um Dokumente automatisch zu identifizieren und als vertrauenswürdig zu kennzeichnen.

Die SharePoint Mobile App und das Office.com-Portal verwenden künstliche Intelligenz, um von Kollegen empfohlene Dokumente vorzuschlagen, die Sie möglicherweise gesehen haben sollten, wie es auch das Quick Access Feature von G Suite Drive anbietet. Diese Vorschläge dort zu platzieren, wo Sie sowieso bereits nach den Dateien suchen, ist vermutlich sinnvoller als der Einsatz eines separaten Dienstes wie Delve. Holme nennt es eine „personalisierte intelligente Sucherfahrung; Ziel ist, dass zeitnahe Empfehlungen von Apps, Dateien und Webseiten im Suchfeld erscheinen, wenn Sie hineinklicken, damit Sie finden, was Sie suchen, ohne vorher etwas eingeben zu müssen.“

Intelligentere Dokumente

KI-Funktionen können auch die Erstellung von Dokumenten vereinfachen. Die Editorfunktion der neuesten Versionen von Microsoft Word 2016 und die neue Grammatikprüfung von Google Docs verwenden beide maschinelles Lernen, um Empfehlungen machen zu können, wenn ein korrekt geschriebenes Wort trotzdem nicht richtig verwendet wurde. Es mag zwar kein neues Feature sein, doch die Möglichkeit, neue Vokabeln wie die Namen anderer Unternehmen zu lernen, macht es weitaus weniger anfällig als andere, ältere regelbasierte Systeme, die mit derartigen Neuheiten nicht Schritt halten konnten.

Die Features von QuickStarter und PowerPoint Designer können Ihre Gliederung übernehmen und daraufhin vorschlagen, welche Folienlayouts passend dazu verwendet werden könnten; außerdem können sie die Folien automatisch mit Bildern aus Wikipedia füllen und unterschiedliche Designs für Text- und Aufzählungslisten vorschlagen. Excel besitzt seit neustem die Funktion „Insights“, die erstmals mit Power BI, dem Business Analytics-Dienst von Microsoft, funktioniert und automatisch Visualisierungen von Ausreißern in Ihrem Datensatz erstellt, um das sofortige Erkennen von ungewöhnlich guten oder schlechten Zahlen zu erleichtern.

Power BI lässt Sie sogar noch tiefer gehen, indem Sie klare Antworten auf Fragen wie „Wer war mein bester Kunde im letzten Quartal?“ oder „Welche Region ist in diesem Jahr am profitabelsten?“ erhalten. Auch Tableau integriert nun die von DataRobot über maschinelles Lernen erstellen Datenmodelle, um ähnliche Analysen zum Erkennen von Mustern und Korrelationen durchführen zu können.

Einige Dokumente – wie z.B. Lebensläufe – sind so strukturiert, dass sie leicht zu erkennen und zu verstehen sind, und LinkedIn ist wiederum reich an Details wie Jobbezeichnungen und Titeln. Der Resume-Assistent von Word kann beispielsweise erkennen, wenn es sich bei einem Dokument um einen Lebenslauf handelt, und öffnet dann ein Fenster, in dem sie sehen können, welche Fähigkeiten Personen mit den gleichen Berufsbezeichnungen in ihren öffentlichen LinkedIn-Profilen aufgelistet haben. „Manche Menschen leiden unter dem ‚Leere Seite‘-Syndrom; wenn Sie einer solchen Person aber zeigen, wie andere Personen in der selben Rolle ihre Berufserfahrung beschreiben, kann dies den Schreibprozess um einiges beschleunigen“, so Kumaresh Pattabiraman, Leiter des Produktmanagements für Karriere bei LinkedIn.

Auch Handschriftenerkennung wird inzwischen immer nützlicher, nun, da interaktive Whiteboards immer mehr vertreten sind. So verwendet Microsofts Whiteboard-App – die auf Surface Hub oder jedem beliebigen großen PC mit Touchscreen läuft – beispielsweise die Windows Smart Ink KI, um Formen und Tabellen zu bereinigen und Listen, Telefonnummern und Datumsangaben erkennen zu können. (Eine andere App namens Ink to Code konvertiert Skizzen von Benutzeroberflächen sogar in Visual Studio Projekte).

Whiteboard kann außerdem Ihre Zeichnungen erkennen und damit die Bildersuche auf Bing verwenden und abgleichen. Googles interaktives Whiteboard „Jamboard“ verwendet ein ähnliches KI-unterstütztes Zeichenwerkzeug namens AutoDraw, das nach Bildern sucht, die mit dem übereinstimmen, was Sie auf dem Board skizzieren. Das heißt, auch wenn Sie kein großer Künstler sind, können Sie etwas schnell skizzieren und dann mit einer einzigen Handbewegung durch etwas ersetzen, das leichter erkennbar ist.

Die KI-gesteuerte Spracherkennung beginnt dagegen gerade erst, nützlich zu werden. Das Diktieren kurzer Suchanfragen über das hochwertige Mikrofon in Ihrem Smartphone, das Ihre Stimme schon eine ganze Weile dazu verwendet hat, um Ihr Sprachprofil zu erstellen, funktioniert mittlerweile einigermaßen genau. Es gibt eine ganze Fülle von Transkriptionsdiensten wie Trinkt, Simon Says, Speechmatic, Callnote, Otter oder andere, die versuchen, künstliche Intelligenz dazu zu verwenden, Aufzeichnungen und Videos zu transkribieren. Fast alle zwingen Sie jedoch dazu, ihren normalen Workflow zu unterbrechen, da Sie die Transkription erst auf einer Webseite überprüfen müssen; außerdem beeinflussen Faktoren wie Audioqualität, Akzente, mehrere Stimmen, Hintergrundgeräusche und branchenspezifisches Vokabular die Genauigkeit dieser Transkriptionen. Im Grunde sind sie besser dazu geeignet, Audio-Aufnahmen durchsuchbar zu machen, als sie in eine schriftliche Version umzusetzen.

Das Add-In „Presentation Translator“ für PowerPoint (das in Echtzeit Untertitel und Übersetzungen einer Präsentation erstellt) hat den Vorteil, dass es viele der Begriffe nutzt, die in den Folien oder Foliennotizen enthalten sind, sodass problemlos eine benutzerdefinierte Spracherkennung durchgeführt werden kann. Dies dauert in etwa 5 Minuten – schalten Sie es also ein, wenn Sie die Präsentation im Voraus proben. Außerdem funktioniert es wesentlich genauer, wenn Sie ein Headset-Mikrofon tragen.

Der Videodienst „Azure Stream“ von Microsoft lässt sich in SharePoint und Teams integrieren, was bedeutet, dass er Zugriff auf eine große Menge von Inhalten hat, um sie für benutzerdefinierte Wörterbücher weiterzuverwenden und so die Spracherkennung in Videos zu verbessern. Sobald der Text des Videos automatisch erstellt wurde, können Sie zu einem relevanten Punkt im Video springen, indem Sie nach Schlüsselwörtern suchen oder den Namen des Moderators in SharePoint auswählen.

Künstliche Intelligenz zur Feinabstimmung Ihres Unternehmens

Viele der vorgestellten Tools zur Unterstützung der individuellen Produktivität erfordern keine große Mehrarbeit seitens Ihres IT-Teams. Da die automatische Dokumentenklassifizierung allerdings schon bald allgemein verfügbar sein wird, sollten Sie prüfen, wie Sie sie mit anderen Tools zum Thema Datenverlust und Recht in Einklang bringen können.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Manager, die sich auf die kommende Woche vorbereiten, indem sie am Sonntagabend E-Mails verschicken (in der Absicht, dass sie am Montagmorgen gelesen werden), ihre Mitarbeiter oft auch darauf trimmen, ihre E-Mails außerhalb der Geschäftszeiten zu lesen. Arbeitnehmer, die sich darum sorgen müssen, zu jeder Zeit über potenzielle Nachrichten auf dem Laufenden zu bleiben, beschweren sich häufiger über Stress, verlieren den Fokus oder erleiden sogar einen Burn-Out; in einigen Ländern zählt das Abrufen von E-Mails daher sogar zu den Überstunden. Das Versenden von E-Mails während der Besprechungen kann also eine schlechte Angewohnheit sein, die Mitarbeiter von Ihren Vorgesetzten übernehmen.

Die Funktionen „MyAnalytics“ und „Workplace Analytics“ für Office 365 verwenden maschinelles Lernen beispielsweise dazu, um bestimmte E-Mail– und Besprechungsmuster aus dem Microsoft Graph zu analysieren. Daraufhin erhalten die Benutzer wöchentlich individuelle E-Mail-Berichte, aus denen hervorgeht, wie viel Zeit sie in Besprechungen verbracht, E-Mails bearbeitet oder außerhalb der Geschäftszeiten gearbeitet haben und wie viele dieser von ihnen verschickten E-Mails gelesen wurden. Manager können eine gesammelte Ansicht abrufen, die ihnen zeigt, wie viel Zeit die Manager mit ihren Berichten verbracht haben, ob ihre Mitarbeiter ihre E-Mails auch außerhalb der Geschäftszeiten regelmäßig lesen oder wie die Arbeitsmuster der erfolgreichsten Teams aussehen.

Sie können diese Ansicht dazu verwenden, um Problemverhalten zu erkennen oder um sehen, ob sie sich verbessern. Sie erhalten außerdem sofort ganz wesentliche Hinweise zur Arbeitsweise Ihrer Mitarbeiter: Senden Sie einer Person nachts immer wieder eine Nachricht, wird in Outlook ein Tooltip eingeblendet, das Ihnen vorschlägt, die zu sendende E-Mail für den nächsten Morgen zu planen.

In ähnlicher Weise zeigen die neuen „Predictive Analytics Dashboards“ im Projektmanagement-Service von Hive anhand von maschinellem Lernen, welche Teams zu viele Aufgaben und nicht genügend Personal haben und wie gut die einzelnen Teams ihre Projektzeiten einschätzen können. Probleme anzugehen, die durch diese Tools sichtbar gemacht werden, zeigt auf, wo künstliche Intelligenz aufhört und der Mensch wieder übernehmen muss.

*Mary Branscombe ist freiberufliche Journalistin und schreibt u. A. für CIO.com


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