Wie man virtuelle Pressekonferenzen professionell gestaltet

Virtuelle Pressekonferenzen bieten eine phantastische Möglichkeit, viele Medien mit der eigenen Botschaft zu erreichen. Hier zeigen wir, worauf Sie achtgeben sollten. [...]

Christina Wilfinger, Geschäftsführerin SAP Österreich, und Gregor Grindjan, COO SAP Österreich. (c) Himmelhoch PR
Virtuelle Pressekonferenzen besser gestalten, hier SAP (c) Himmelhoch PR

Virtuelle Pressekonferenzen können ganz schön schlecht sein. In letzter Zeit habe ich da wirklich viel erlebt: Von Zoom Videokonferenzen wo Vortragende gar nicht wußten dass Journalisten bereits zusahen, über stundenlange Monologe ohne schriftliche versendete Information bis hin zu schlechten Kamerapositionen mit miesem Ton und fehlendem Licht. Fast nie werden hochauflösende Kameras eingesetzt die tolles Material für TV oder später in Social Media einfangen können. Und niemals gibt es Highlights zum Download.

Dabei hätten Unternehmen heutzutage eine großartige Chance, mit cleverer Vorbereitung und professioneller Umsetzung ihre Botschaft bis hinein in TV-Studios zu tragen. Livestreaming Equipment und Teams waren niemals so günstig und qualitativ hochwertig wie heute.

Wie Journalisten ticken

Wer den Medienbetrieb kennt weiß, dass ein Journalist permanent überlastet ist. Das bedeutet, dass er möglichst wenig Zeit mit dem Scannen von PR Meldungen verbringen will, und oftmals nicht einmal genug Zeit hat um darüber hinaus zu recherchieren oder auszuarbeiten. Die Folge: Geschätzte zwei Drittel aller Meldungen werden entweder von der APA / DPA, oder von der Firmen-Pressemeldung direkt abgeschrieben. Eigentlich traurig, aber genau das müssen sie sich als PR-Profi zu nutze machen.

Was dazu nötig ist? Zum einen schalten Sie auf Qualität um: Löschen sie alles Marketing blabla aus ihrem Text und schreiben sie die Meldung so, wie sie diese im Fernsehen oder in der Zeitung erwarten würden. Nicht: unser Unternehmen “entwickelt als innovatives Unternehmen marktführende Produkte und treibt die digitale Transformation mit großen Schritten weiter voran”, “setzt Wachstumskurs fort, und schärft damit seine Strategie für was auch immer”, sondern formulieren sie gleich so, wie sie das in der Zeitung gerne lesen würden.

Machen Sie idealerweise eine Studie und präsentieren sie Zahlen. Journalisten lieben Zahlen, selbst wenn sie den statistischen Hintergrund nur in den seltensten Fällen verstehen. Schreiben sie alles vor, und liefern sie noch mehr zusätzliche Hintergrunddaten. Liefern sie die Pressemeldung schon während der Konferenz, so dass die Teilnehmer schon zu schreiben beginnen können.

Wie man eine virtuelle PK plant

Eine Empfehlung: Führen Sie Pressekonferenzen am besten umfassend professionell durch, oder gar nicht. Das fängt schon mit der Zielgruppe an: welche Medien will ich mit meinem Thema ansprechen? Habe ich alle wesentlichen Journalisten in meinem Verteiler, die das Thema interessiert? Mache ich die PK im Studio oder in meinem Unternehmen? Moderne Studios kosten relativ wenig und bieten eine sehr gute Technik, mit der man Lokal-Kolorit aus dem Unternehmen über einen Greenscreen in den Hintergrund einblenden kann. Ich persönlich bin trotzdem eher ein Freund davon, tatsächlich aus dem eigenen Unternehmen zu senden, denn das hat auch für die Vortragenden eine glaubwürdigere Energie als vor einem grünen Schirm zu sitzen.

Was meiner Meinung nach vollkommen unterschätzt wird ist die Möglichkeit, mit recht einfachen Mitteln TV-fähige Inhalte zu produzieren. Selbst wenn TV Sender bei wichtigen Themen selbst vorbei kommen, können wir heute mehr und mehr Inhalte in hoher Qualität vorproduzieren und diesen Multimedia-Redaktionen auch zeitnah anbieten. Material kann ja bei der Generalprobe am Tag zuvor schon produziert und in Highlights geschnitten werden.

Eine weitere grundsätzliche Frage ist jene nach dem besten Medium. Mache ich einen Livestream, den ich auf Youtube oder Facebook oder Vimeo übertrage, oder mache ich eine Videokonferenz, die mehr auf Fragen der Journalisten ausgelegt ist? Binde ich externe Experten via Videokonferenz ein? Optimaler Zeitpunkt für Pressekonferenzen ist aus Rücksicht auf die Tageszeitungs-Journalisten fast immer der Vormittag.
Auch der Termin selbst will sorgfältig geprüft sein. Schauen Sie sich in den Termin-Vorschauen genau an, ob schon andere wichtige Events gerade zu ihrem Wunschtermin stattfinden.

Was professionelle PR Arbeit ausmacht

Eva Mandl, Geschäftsführerin der PR Agentur “Himmelhoch” plädiert dafür, virtuelle Konferenzen “lebendig, abwechslungsreich und interaktiv zu machen”. Im Detail bedeute das, Video-Zuspieler einzuplanen, Fragen zu stellen und zuzulassen, und die Möglichkeit zu Einzelgesprächen zu geben. Mandl rät auch dazu, die gesamte Konferenz nicht länger als 30 Minuten zu machen, da sonst die Aufmerksamkeitsspanne deutlich abnehme.

Bei guter virtuelle PR Arbeit geht es im wesentlichen um vier Punkte. Zum einen betrifft dies das Erscheinungsbild: wie professionell wurde das Set gestaltet, gibt es Regie, Fragemöglichkeiten, kann man leicht an die PR Meldung und Hintergrundinfos kommen, gibt es einen Spannungsbogen oder schläft schon zu Beginn der Moderation alles ein?
Sind zweitens die Gesprächspartner gut, nicht zu esoterisch, und vielleicht sogar schwer zu bekommen?

Eines der am meisten unterschätzten Geheimnisse ist drittens der Faktor Beziehung. Gute PR Leute kennen ihre Kollegen aus den Medien meist persönlich. Das beginnt nicht erst dann wenn sie ihre Konferenz planen, sondern viel früher. Deshalb ist eine gute PR Agentur auch ihr Geld wert, die eine gute Gesprächsbasis mit vielen Journalisten hat, ein Verhältnis das auf gegenseitigem Vertrauen beruht.

Laut Mandl geht es zB darum dass die wichtigen Journalisten vor der Konferenz angerufen werden. Man kann fragen, welches Frühstück oder Mittagessen zur PK geliefert werden darf, oder man versendet eine echt kreative Einladung mit QR Code zur Konferenz. “Wenn es um ein Produkt geht liefern wir das mit, oder eine Mappe mit Bildern”, so Mandl. Was ihr zufolge in jeden Fall sinnvoll ist: Bieten Sie exklusive Interviews im Anschluss an, wenn es interessante Gesprächspartner gibt.

Die Hauptaufgabe einer PK bleibt viertens aber immer noch der Inhalt. Laut Mandl braucht man unbedingt gute aktuelle Geschichten, und Experten. Der Rest sei Verpackung. Also der Inhalt selbst: ist er aktuell, bedeutend, neu, und an Personen aufgehängt? Denken Sie immer aus der Sicht der Medien: würden Sie als Journalist über ihr Thema schreiben? Finden sich ähnliche Themen in den Zeitungen?

Wenn Sie diese vier Dimensionen beachten, steigt die Erfolgschance enorm an. Auf der anderen Seite: wenn sie eine tolle virtuelle PK mit atemberaubender Präsentation vorbereiten, aber in den anderen Dimensionen nicht auch top sind, ist der ganze Aufwand vergebens.

Streaming Technik
Die Technik hinter der virtuellen Pressekonferenz (c) Streamland.at

Virtuelle Plattformen

Der Unterschied zwischen virtueller und Präsenz-Veranstaltung ist mittlerweile allen PR-Leuten klar. Während Teilnehmer vor Ort nicht so einfach aufstehen und gehen können, ergreifen virtuelle Teilnehmer rasch die Flucht, vor allem wenn Inhalt und Präsentation zu wünschen übrig lassen. Auf der anderen Seite kann man jetzt theoretisch mehr Journalisten erreichen, weil diese sich die Anreise ersparen und mehr Events besuchen können.

Und natürlich wird die Technik zum Erfolgsfaktor. Bei Einladungen geht es zum einen darum, möglichst viele Kanäle zu nutzen um die Journalisten und Multiplikatoren auch wirklich zu erreichen. Zum zweiten darum, kurz und bündig zu erklären warum die Nachichten so wichtig sind dass sie kein Journalist versäumen darf, und zum dritten möglichst zu klotzen und zu demonstrieren, wie wichtig dieses Event ist.

Eine wichtige Frage ist auch die Auswahl der Plattformen. Geht es mehr darum, eine direkte Kommunikation mit Journalisten zu haben? Dann werde ich eher Videokonferenzen wie Zoom, Teams, Webex, GotoMeeting etc. wählen, oder ist die Message mehr als eine Einbahnstraße mit viel Information in hoher Auflösung gedacht? Dann wird man eher Webinar-Software, bzw. Livestreams auf Vimeo, YouTube und Facebook einsetzen und für Rückfragen die Chats auf den jeweiligen Plattformen nutzen.

Wichtige Kriterien zur Auswahl des Kanals sind hier in jedem Fall die Bildschirm-Auflösung. Diese ist bei Zoom und Co sehr schlecht (HD oder darunter), bei Vimeo oder YouTube sehr gut (Full HD). Dann checken Sie im Vorfeld auch Features wie Chat, Aufzeigen, Teilnehmer-Verwaltung, Alle Stummschalten (sehr wichtig, geht zB bei Teams noch nicht!), Screensharing, Aufzeichnung, Registrierung, Telefoneinwahl, Whiteboard, persönliche Räume, Layout Steuerung, oder die Zuspielung von Videos.

Moderation & Internet

Was in Gesprächen mit Kollegen oft als entscheidendes Kriterium genannt wurde, ist die Qualität der Moderation. Hier kann man sehr viel falsch machen und auch viel gewinnen. Also setzen Sie nach Möglichkeit erfahrende Moderatoren ein und spielen Sie den Ablauf auch mit der Technik einige Male durch.

Falls die Internet Hauptverbindung auslässt, sollte man immer eine Backup Verbindung haben, und die Übertragungsgeschwindigkeit entsprechend wählen. Bei einer Qualität von 5 mbit benötigt man in etwa das Doppelte an Upload Bandbreite, um Schwankungen ausgleichen zu können.

Ein Paar wichtige Tipps zum Abschluss

Überlegen Sie sich im Vorfeld ein gutes Drehbuch. Bringen Sie die Information kurz und prägnant herüber. Kümmern Sie sich um eine gute Regie welche die Übergänge zwischen den Kameras gut managt. Machen Sie Inserts von Bauchbinden damit die Identität der Sprecher sofort klar ist. Gestalten Sie den Hintergrund dezent mit Ihrer Unternehmens-CI, und kümmern Sie sich um gutes Licht, so dass die Sprecher gut sichtbar sind und keine harten und komischen Schatten im Gesicht haben. Der Ton sollte mit halbwegs guten Mikrofonen nicht weiter als 30 cm vom Sprecher entfernt sein, und das On Demand System sollte einen raschen Download der wesentlichen Infos ermöglichen.

* Der Autor Roland Kissling arbeitet seit mehr als 17 Jahren für die COMPUTERWELT und hat in den letzten 2 Jahren rund 50 Livestreams mit Streamland.at durchgeführt.


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