Wie SAPs Toolbox HR-Prozesse mobilisiert

SAP Nutzer, die ihre HR Prozesse digitalisieren wollen, finden dafür in der HCM Suite mit „Prozesse und Formulare“ eine Lösung, die in Verbindung mit SAP Fiori auch mobiles Arbeiten ermöglicht. [...]

HR Prozesse digitalisieren mit SAP (c) projekt0708 GmbH
HR Prozesse digitalisieren mit SAP (c) projekt0708 GmbH
Für die Human Resources (HR) Abteilungen ist die Digitalisierung ihrer Prozesse nicht nur eine Effizienzfrage: Die Schaffung einer digitalen Kultur gehört auch zu ihren Aufgaben. Wenn sich mobiles, vernetztes Arbeiten im Unternehmen durchsetzen soll, muss die Personalabteilung mit gutem Beispiel vorangehen und als erstes ihre eigenen Prozesse vollständig digitalisieren.
Verbreitet sind oft noch parallel laufende Systeme und Medienbrüche. Unternehmen, die SAP und speziell das on-premise basierte SAP ERP Human Capital Management (HCM) im Einsatz haben, können über die darin abgebildeten Standardfunktionen nicht immer alle Vorgänge abwickeln. Das betrifft zum Beispiel Anträge zu Planstellenänderungen, Versetzung von Mitarbeitern oder außerordentliche Gehaltsanpassungen, welche in den SAP Employee und Manager Self-Services (ESS/MSS) nicht vorhanden sind.
MEDIENBRÜCHE UND DOPPELTE EINGABEN KOSTEN ZEIT
Diese Anträge laufen dann oft papierbasiert, über eigens erstellte Formulare (zum Beispiel in Microsoft Word) oder werden in anderen non-SAP-Systemen digitalisiert. In jedem Fall werden Daten doppelt vorgehalten und müssen meist manuell durch die zuständigen Sachbearbeiter in das SAP HCM System übertragen werden. Das kostet Zeit, die HR für wichtigere Aufgaben benötigt, und es schleichen sich Übertragungsfehler ein (Stichwort: Datenqualität).
Will man die Anbindung von non-SAP-Systemen über automatisierte Schnittstellen umgehen, müssen die benötigten Anwendungen in SAP kundenspezifisch in Form von Eigenentwicklungen neu programmiert werden. Wenn es um die Abbildung weniger Prozesse geht, ist das empfehlenswert. Sind aber sehr viele Prozesse zu digitalisieren, so lohnt sich ein genauerer Blick in die vorhandene HCM Toolbox.
DAS „PROZESSE UND FORMULARE“ FRAMEWORK IN DER SAP HCM SUITE
Hier existiert eine lange Historie aus unterschiedlichen Lösungen der SAP. Bereits mit dem „Internal Service Request“ (ISR) stellte der Softwarehersteller aus Walldorf einen übergreifenden Ansatz zur Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen bereit – allerdings unabhängig von den Anforderungen im Personalwesen. Um den speziellen Bedürfnissen im HR gerecht zu werden, folgten kurz darauf die „Personnel Change Requests“ (PCR), welche auf ISR basieren und diese um HR spezifisches Customizing sowie um zusätzliche Anwendungen erweitern (zum Beispiel ein Verbuchungscockpit für HR Sachbearbeiter aufrufbar via SAP Business Workplace).
Mit ERP2005 wurde schließlich das relativ unbekannte Framework „Prozesse und Formulare“ (P&F) bereitgestellt, welches neben Funktionen für eine digitale Personalakte (DPA) den Hauptbestandteil der „HR Administrative Services“ (PA-AS) darstellt und in der on-premise SAP ERP HCM Suite beheimatet ist. Später wurde P&F dann im Zuge der Core Renovation Initiative beziehungsweise HR Renewal weiterentwickelt und unter anderem um ein alternatives UI ergänzt (siehe unten).
Was viele SAP Anwenderunternehmen nicht wissen: Da das Framework im SAP HCM Standard Lieferumfang enthalten ist, sind damit verbundene Lizenzkosten in der Regel mit abgedeckt. Es handelt sich dabei nicht um eine Out-of-the-Box-Lösung, sondern um ein „Baukastensystem“, das mehr als 140 Beispielprozesse (teilweise in unterschiedlichen Länderversionen) umfasst. Diese sogenannten Templates können nicht produktiv genutzt, sondern müssen im Rahmen eines Einführungsprojektes kopiert und an die spezifischen Anforderungen des Unternehmens angepasst werden. Dabei fällt Programmierungsaufwand an, jedoch weniger, als wenn alle Prozesse von Grund auf neu aufgesetzt werden müssten. Der Aufwand einer solchen Implementierung ist zwar nicht zu unterschätzen, dafür bietet „Prozesse und Formulare“ einige Vorteile:
  • Wertehilfen und Plausibilitätsprüfungen erleichtern die Eingabe durch den Endanwender und verhindern wesentliche Bedienungsfehler
  • Die Anwendung ist hochgradig in das SAP ERP HCM System integriert, das heißt es kommen die Stamm- und Organisationsdaten aus den entsprechenden Teilmodulen zum Einsatz und können zum Beispiel als Vorschlagswerte für Eingabefelder herangezogen werden.
  • Eine Datenverbuchung (im Hintergrund) wird für die Infotypen von Personaladministration, Zeitwirtschaft und Organisationsmanagement im SAP Standard unterstützt.
  • Da das Framework und alle darauf basierenden Prozesse mit Hilfe von SAP Standard Technologien wie etwa SAP Business Workflow oder Web Dynpro ABAP (WD4A) entwickelt werden, sind oftmals interne IT-Ressourcen und entsprechendes Know-how vorhanden.
  • Am Ende eines Prozesses kann das entsprechende Antragsformular sowie weitere Daten automatisiert in eine digitale Personalakte (DPA) übertragen und dort an der Person abgelegt werden.
SAP FIORI APPS MACHEN PROZESSE MOBIL
Der größte Pluspunkt von „Prozesse und Formulare“ dürfte die Flexibilität in Hinblick auf die Benutzeroberflächen (User Interfaces) sein. Hierzu gehören beispielsweise die im Zuge von ISR vorgestellten Adobe Interactive Forms, welche für die Endanwender übersichtlich und vertraut in Form von interaktiven beziehungsweise editierbaren PDF-Dokumenten daherkommen (allerdings mit einigen Nachteilen wie etwa einer zusätzlicher Lizenzgebühr für das Anwenderunternehmen sowie einer nicht durchgängigen Benutzererfahrung für den Endanwender).
Alternativ kann seit HR Renewal die UI-Technologie Web Dynpro ABAP beziehungsweise FPM Forms als Oberflächentechnologie verwendet werden. Unter dem Aspekt der Mobilität ist aber vor allem der Einsatz von SAP Fiori spannend. Derartige Fiori Apps müssen jedoch unter Zuhilfenahme von SAPUI5 – einer UI-Technologie welche auf dem Web-Standard OpenUI5 beziehungsweise HTML5 basiert – kundenspezifisch entwickelt werden. Die technische Grundlage eines solchen Ansatzes mit moderner User Experience (UX) ermöglicht der von der SAP entkoppelte UI-Layer und der remotefähige Funktionsbaustein HRASR_PROCESS_EXECUTE. Auch andere, non-SAP-Technologien wie etwa JSP, ASP.NET oder Silverlight sind daher als externe Benutzungsoberfläche denkbar.
Digitaler HR-Prozess auf Basis von SAP HCM P&F (c) projekt0708 GmbH
Dass „Prozesse und Formulare“ für eine Mobilisierung der HR-Prozesse taugt, zeigt der Fall einer Einzelhandelskette, die derzeit ihre komplette Kommunikation auf mobile Endgeräte umstellt und dazu alle Mitarbeiter in den Filialen mit Smartphones ausstattet. Zuvor waren mit Microsoft Sharepoint einige personalwirtschaftliche Antragsformulare teilweise digitalisiert worden, mangels Integration in das bestehende SAP ERP HCM System mussten aber alle Antrags- und Mitarbeiterdaten in beiden Systemen doppelt erfasst werden. Mobile Endgeräte wurden auch nur bedingt unterstützt.
In einem aktuellen Projekt soll die bisherige Konstellation durch eine integrierte, SAP-basierte Lösung auf Basis von SAP HCM P&F und SAP Fiori/SAPUI5 ersetzt werden. Ziel ist die vollständige Mobilisierung aller Antragsformulare. Dazu wurde zunächst ein Show Case umgesetzt. Nach dem erfolgreichen Proof of Concept werden nun sukzessive alle weiteren 17 Antragsprozesse für den mobilen Zugriff digitalisiert.
PROZESSE SCHRITTWEISE UMSTELLEN
Dieser Ansatz empfiehlt sich auch generell, wenn Vorgänge mit „Prozesse und Formulare“ digitalisiert werden sollen: Zuerst ein Konzept entwickeln und anhand eines unkomplizierten Prozesses in einer Pilotanwendung testen. Auch die folgenden Prozesse sollten einer nach dem anderen in Ausbaustufen umgesetzt werden – beginnend mit den einfacheren und häufig auftretenden Fällen, um rasch Erfolge zu generieren. Mit den Erfahrungen aus den Implementierungen lassen sich dann auch die komplexeren Anwendungen leichter beherrschen.
Ein detaillierter und mit allen Beteiligten abgestimmter Ablaufplan ist ebenfalls wichtig für die technische Realisierung. Als Tool haben sich Aris Express sowie Microsoft Visio und als Format die Business Process Model and Notation (BPMN) bewährt. Außerdem sollte man sich die Mühe machen, eine umfassende Testpopulation einzurichten, um eventuelle Fehler aus Sicht der unterschiedlichen Prozessteilnehmer (Mitarbeiter, Manager, HR Business Partner, HR Sachbearbeiter, Betriebsrat, etc.) bereits im Vorfeld zu beheben. Dann verläuft das Rollout weitgehend reibungslos.
*Michael Scheffler schreibt als SAP HCM Experte über die Möglichkeiten der Standardsoftware im personalwirtschaftlichen Bereich

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