Wie sich die Belegschaft im Rechenzentrum weiterentwickelt

Da der Personalbedarf global wächst, suchen Unternehmen nach IT-Profis mit Fähigkeiten, die Cloud-Management, Datenanalyse, Netzwerkprogrammierung und Sicherheit umfassen. [...]

Vermutlich hat keine Technologiebranche mehr von der Pandemie profitiert als das Cloud Computing (c) Christina Morillo / CC0 / URL: https://stocksnap.io/photo/ZYGIOUX4QU

Die COVID-19-Pandemie hat sich tiefgreifend auf viele Bereiche der IT ausgewirkt, auch auf das Rechenzentrum, wo die Veränderungen in der Infrastruktur – insbesondere die Einführung von Cloud-Diensten – neue Fähigkeiten bei den Mitarbeitern erfordern.

Vermutlich hat keine Technologiebranche mehr von der Pandemie profitiert als das Cloud Computing; die Standortunabhängigkeit von Cloud-Diensten macht sie ideal für eine Welt, in der die Mehrheit der Sachbearbeiter und auch der IT-Mitarbeiter nicht mehr im Büro ist.

Aber bedeutet das, dass sich Unternehmen auf Infrastructure as a Service (IaaS) verlassen werden und keine eigenen Rechenzentren und IT-Teams vor Ort mehr benötigen? Analysten und Futuristen stellen sich diese Frage schon seit etwa einem Jahrzehnt, aber jetzt hat die Cloud, die schon vor der Pandemie stark war, einen Wendepunkt erreicht und der Frage neue Aktualität verliehen.

Die Antwort ist, dass Rechenzentren in absehbarer Zeit nicht verschwinden werden, aber sie werden grundlegend anders aussehen. Das ist eine gute Nachricht für Menschen, die derzeit in Rechenzentren arbeiten, und für diejenigen, die eine Karriere in diesem Bereich in Betracht ziehen, denn die Einführung der Cloud und andere Veränderungen werden eine Welle neuer Möglichkeiten schaffen.

Das Uptime Institute prognostiziert, dass der Personalbedarf in Rechenzentren weltweit von etwa 2 Millionen Vollzeitbeschäftigten im Jahr 2019 auf fast 2,3 Millionen im Jahr 2025 steigen wird. Das erwartete Nachfragewachstum wird hauptsächlich aus Cloud- und Colocation-Rechenzentren kommen. Enterprise-Rechenzentren werden weiterhin eine große Anzahl von Mitarbeitern beschäftigen, aber die Anzahl der Mitarbeiter in Cloud-Rechenzentren wird nach 2025 die der Enterprise-Rechenzentren übersteigen, so Uptime.

Auf der Einstellungsseite bleibt es für viele Unternehmen schwierig, die richtigen Talente zu finden. Laut Uptime Institute berichteten im Jahr 2020 50 % der Eigentümer oder Betreiber von Rechenzentren weltweit, dass sie Schwierigkeiten haben, qualifizierte Kandidaten für offene Stellen zu finden, verglichen mit 38 % im Jahr 2018 (siehe Grafik).

(c) Uptime Institute

Für IT-Profis, die Teil des neuen Rechenzentrums sein wollen, sind hier einige der Top-Rollen und gefragten Fähigkeiten zu entwickeln.

Technischer Architekt

Die Rolle des technischen Architekten hat an Bedeutung gewonnen, da Anwendungen nicht mehr in Technologiesilos bereitgestellt werden. In der Vergangenheit hatte jede Anwendung ihre eigenen Server, ihren eigenen Speicher und ihre eigene Sicherheit. Moderne Rechenzentren sind auf einer disaggregierten Infrastruktur aufgebaut, bei der Ressourcen von mehreren Anwendungen gemeinsam genutzt werden.

Dies erfordert neue Fähigkeiten beim Infrastrukturdesign, um sicherzustellen, dass die Anwendungsleistung hoch bleibt, da die zugrunde liegende Technologie von einer Vielzahl von Anwendungen gemeinsam genutzt wird. Und es erfordert ein hohes Maß an Fachwissen über Netzwerke, Speicher, Server, Virtualisierung und andere Infrastrukturen.

Data-Center-Architekt

Die anspruchsvolle Aufgabe des Rechenzentrumsarchitekten erfordert spezifische Kenntnisse über das physische Rechenzentrum – ein Verständnis für Stromversorgung, Kühlung, Immobilien, Kostenstruktur und andere Faktoren, die für die Planung von Rechenzentren wichtig sind. Architekten helfen dabei, das Layout der Einrichtung sowie deren physische Sicherheit zu bestimmen. Das interne Design mit Racks, Bodenbelägen und Verkabelung ist ebenfalls Teil dieser Aufgabe. Wenn diese Aufgabe schlecht ausgeführt wird, kann sie enorme negative Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe des technischen Personals haben.

Cloud-Management

Es gibt nicht nur einen einzigen Cloud-Anbieter, und eine neue und sich ständig weiterentwickelnde Rolle des Unternehmens ist die Auswahl und Verwaltung von Cloud-Diensten – privat, öffentlich und hybrid. Die Eigenschaften von Cloud-Anbietern variieren, wobei einige in bestimmten Regionen stark sind, während andere z. B. für die Bereitstellung bestimmter Dienste besser geeignet sind als die Konkurrenz. In manchen Fällen sind Cloud-Dienste von Drittanbietern ungeeignet, so dass eine private Cloud die beste Lösung ist, wie es oft der Fall ist, wenn ein strenger Datenschutz gefordert ist.

Cloud-Dienste müssen ständig überwacht und optimiert werden, um sicherzustellen, dass Unternehmen nicht in einigen Bereichen zu viel und in anderen zu wenig Geld ausgeben. Gleichzeitig darf die Kostenoptimierung nicht zu Leistungsproblemen führen. Diese Rolle erfordert die Fähigkeiten, Cloud-Angebote richtig zu bewerten und kontinuierlich zu verwalten.

KI und ML

Die Datenmengen sind mittlerweile riesig und werden von Tag zu Tag größer, und mit dem Aufkommen von Edge Computing werden sich mehr Daten an mehr Orten befinden. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden benötigt, um ein effektives Datenmanagement zu ermöglichen. In diesem Bereich gibt es eine Vielzahl von Jobs, die das gesamte Spektrum des KI-Lebenszyklus abdecken, einschließlich des Trainings von KI-Systemen, der Modellierung, der Programmierung und der Bereitstellung von Human-in-the-Loop, um sicherzustellen, dass die KI-Ziele erreicht werden.

Datenanalyse

Das Rechenzentrum der Zukunft wird durch die Analyse riesiger Datenmengen angetrieben. Dieser Trend wird sich fortsetzen, da immer mehr Daten von IoT-Endpunkten, Videosystemen, Robotern – fast allem, was wir tun – erzeugt werden. Teams für den Betrieb von Rechenzentren werden kritische Entscheidungen auf der Grundlage der Analyse dieser Daten treffen. Unternehmen haben heute einen Mangel an Mitarbeitern mit analytischen Fähigkeiten, insbesondere an solchen, die wissen, wie man KI/ML einsetzt, um die Analyse zu beschleunigen.

Software-Fähigkeiten

Viele IT-Ingenieure, insbesondere diejenigen, die mit Netzwerkinfrastruktur arbeiten, sind hardwarezentriert. Sicher, sie wissen vielleicht, wie man auf einer Befehlszeilenschnittstelle jagt und pickt, aber das ist nicht wirklich eine Softwarekompetenz. Die meisten Netzwerktechniker haben noch nie auch nur grundlegende Softwarefunktionen wie einen API-Aufruf ausgeführt. Die Verwendung von APIs kann viele Aufgaben viel einfacher machen als der Versuch, ein Skript zu schreiben, um eine CLI zu parsen.

Nicht alle Netzwerktechniker müssen Programmierer werden – obwohl diejenigen, die das wollen, sich auf Sprachen wie Python und Ruby konzentrieren sollten -, aber alle sollten Software-Power-User werden und verstehen, wie man APIs und SDKs verwendet, um administrative Aufgaben auszuführen. Die gesamte moderne Netzwerkinfrastruktur wurde so konzipiert, dass sie über APIs verwaltet werden kann, viele davon cloudbasiert. Die Zeiten, in denen man ein CLI-Jockey war, sind vorbei, und die mangelnde Bereitschaft, dies zuzugeben, ist die größte Bedrohung für die heutigen Rechenzentrumsingenieure.

Sicherheit im Rechenzentrum

Es gibt mehrere Möglichkeiten für Jobs in der Rechenzentrumssicherheit, da sich diese Disziplin sowohl auf physische als auch auf Cyber-Sicherheit bezieht. Rechenzentren beherbergen sensible und geschützte Daten, und Verstöße können katastrophale Folgen für ein Unternehmen haben. Die physische Sicherheit wurde früher mit Ausweislesern und Tastaturen gewährleistet, aber es hat eine Fülle von Innovationen gegeben, darunter KI-fähige Kameras, Fingerabdruckscanner, Irisleser und Gesichtserkennungssysteme. Dies verspricht ein spannender Bereich für die Arbeit im nächsten Jahrzehnt zu werden.  

Die Cybersicherheit hat sich ebenfalls weiterentwickelt, da Sicherheitsinformations- und Event-Management-Tools zu ML-basierten Systemen übergehen, die es Sicherheitsexperten ermöglichen, Dinge zu sehen, die sie vorher nicht sehen konnten. Außerdem setzen viele fortschrittliche Unternehmen Zero-Trust-Modelle ein, um den Anwendungsdatenverkehr von anderen Systemen zu isolieren. Durch den Einsatz von Mikrosegmentierung können sichere Zonen geschaffen werden, die den „Explosionsradius“ eines Einbruchs minimieren.

Netzwerke im Rechenzentrum

Die Rolle des Netzwerks im Rechenzentrum hat sich im letzten Jahrzehnt erheblich verändert. Die traditionellen Multi-Tier-Architekturen, die für Nord-Süd-Verkehrsströme optimiert waren, haben sich zu Leaf-Spine-Netzwerken verlagert, die für ein höheres Volumen an Ost-West-Verkehr ausgelegt sind. Außerdem werden Software-Defined-Networking-Systeme (SDN) zur Bereitstellung von Virtual-Fabric-Overlays des physischen Underlay eingesetzt. Dies bringt eine größere Automatisierung, Verkehrstransparenz und Kosteneffizienz für das Netzwerk im Rechenzentrum.

Netzwerkingenieure, die in Rechenzentren arbeiten, müssen sich mit neuen Konzepten im Zusammenhang mit Netzwerk-Fabrics vertraut machen, z. B. mit Linux-basierten Betriebssystemen, Open-Source-Netzwerkplattformen, VxLAN-Tunneln und Ethernet-VPNs. Sie alle erhöhen die Skalierbarkeit, Elastizität und Ausfallsicherheit des Netzwerks und vereinfachen gleichzeitig den Netzwerkbetrieb. Außerdem sind die meisten Rechenzentrumsplattformen jetzt von vornherein offen, was die Interoperabilität mit anderen Anbietern erheblich erleichtert und die Bindung der Kunden an einen bestimmten Anbieter aufhebt, die in der Vergangenheit bestand.

Ein weiterer Aspekt der Rechenzentrumsvernetzung, der sich verändert hat, ist die Cloud-Konnektivität. In der Vergangenheit waren Netzwerktechniker mit dem Netzwerk innerhalb des Rechenzentrums beschäftigt, das eine hochgradig kontrollierte Umgebung ist.

Mit dem Aufkommen von Cloud- und Edge-Computing muss sich das Netzwerk über die physischen Grenzen des Kundengeländes hinaus erstrecken, über einen weiten Bereich bis zum Cloud-Anbieter. Es ist zwingend erforderlich, dass das Netzwerk über alle Cloud-Standorte hinweg so funktioniert, als wäre es eine einzige, durchgehende Struktur. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, dies zu erreichen, darunter SD-WAN, SASE und direkte Cloud-Verbindungen.

Jobs außerhalb des Rechenzentrums

Welche Jobs gibt es, wenn überhaupt, für Rechenzentrumsprofis, wenn sie aus dieser Umgebung aussteigen wollen, aber ihre aktuellen Fähigkeiten nutzen wollen? Leider lassen sich diese Fähigkeiten nicht gut übersetzen. Sie werden nicht mehr viele Mainframe-Ingenieure oder PBX-Administratoren sehen.

Doch auch wenn die Zukunft in den hier skizzierten Jobs liegt, wird es lange dauern, bis die alten Rechenzentren umgestellt sind. Schließlich herrscht in Unternehmen oft eine „Wenn es nicht kaputt ist, repariere es nicht“-Mentalität, wenn es um unternehmenskritische Systeme geht. Für diejenigen, die nicht in der Lage oder nicht bereit sind, sich umzuschulen, kann es daher notwendig sein, Arbeitgeber in Branchen zu suchen, die dazu neigen, die Technologie langsamer zu übernehmen – staatliche und lokale Behörden, regionale Banken und der Fachhandel sind einige Beispiele.

Die Zukunft der Rechenzentren liegt in verteilten Clouds, und das verändert die Fähigkeiten, die für deren Betrieb erforderlich sind. Rechenzentren werden sicherlich nicht verschwinden, aber sie werden in Zukunft ganz anders aussehen, und das sollte für alle spannend werden.

*Zeus Kerravala ist der Gründer und Hauptanalyst von ZK Research.


Mehr Artikel

Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
News

Security in der NIS2-Ära

NIS2 ist mehr ein organisatorisches Thema als ein technisches. Und: Von der Richtlinie sind via Lieferketten wesentlich mehr Unternehmen betroffen als ursprünglich geplant, womit das Sicherheitsniveau auf breiter Basis gehoben wird. Beim ITWelt.at Roundtable diskutierten drei IT-Experten und -Expertinnen über die Herausforderungen und Chancen von NIS2. […]

Christoph Mutz, Senior Product Marketing Manager, AME, Western Digital (c) AME Western Digital
Interview

Speicherlösungen für Autos von morgen

Autos sind fahrende Computer. Sie werden immer intelligenter und generieren dabei jede Menge Daten. Damit gewinnen auch hochwertige Speicherlösungen im Fahrzeug an Bedeutung. Christoph Mutz von Western Digital verrät im Interview, welche Speicherherausforderungen auf Autohersteller und -zulieferer zukommen. […]

Andreas Schoder ist Leiter Cloud & Managend Services bei next layer, Alexandros Osyos ist Senior Produkt Manager bei next layer. (c) next layer
Interview

Fokus auf österreichische Kunden

Der österreichische Backup-Experte next layer bietet umfassendes Cloud-Backup in seinen Wiener Rechenzentren. Im Interview mit ITWelt.at erläutern Andreas Schoder, Leiter Cloud & Managed Services, und Alexandros Osyos, Senior Produkt Manager, worauf Unternehmen beim Backup achten müssen und welche Produkte und Dienstleistungen next layer bietet. […]

Miro Mitrovic ist Area Vice President für die DACH-Region bei Proofpoint.(c) Proofpoint
Kommentar

Die Achillesferse der Cybersicherheit

Eine immer größere Abhängigkeit von Cloud-Technologien, eine massenhaft mobil arbeitende Belegschaft und große Mengen von Cyberangreifern mit KI-Technologien haben im abgelaufenen Jahr einen wahrhaften Sturm aufziehen lassen, dem sich CISOS ausgesetzt sehen. Eine große Schwachstelle ist dabei der Mensch, meint Miro Mitrovic, Area Vice President DACH bei Proofpoint. […]

Brian Wrozek, Principal Analyst bei Forrester (c) Forrester
Interview

Cybersicherheit in der Ära von KI und Cloud

Die Bedrohungslandschaft im Bereich der Cybersicherheit hat sich zu einer unbeständigen Mischung von Bedrohungen entwickelt, die durch zunehmende Unsicherheit und steigende Komplexität bedingt ist. Zu diesem Schluss kommt der Report »Top Cyber-security Threats In 2024« von Forrester. ITWelt.at hat dazu mit Studienautor Brian Wrozek ein Interview geführt. […]

Alexander Graf ist Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH. (c) Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH
Interview

Absicherung kritischer Infrastrukturen

NIS2 steht vor der Tür – höchste Zeit, entsprechende Maßnahmen auch im Bereich der Operational Technology (OT) zu ergreifen. »Wenn man OT SIEM richtig nutzt, sichert es kritische Infrastrukturen verlässlich ab«, sagt Alexander Graf, Experte für OT-Security (COSP) und Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH, im ITWelt.at-Interview. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*