Um sicherzustellen, dass der deutsche Mittelstand auch in Zukunft eine wirtschaftliche Basis besitzt, reicht die Optimierung der Produktionsabläufe allein nicht aus. Durch neue Produkte und Geschäftsmodelle verändert sich aber auch die gesamte Wertschöpfung im Unternehmen. [...]
Neue, smarte Produkte werden gerne in Verbindung mit deren Digitalisierung gebracht. Dem Charme von null Grenzkosten, also der Ausweitung des Produktes auf neue Märkte, respektive dessen „kostenloser“ Auslieferung, erliegen immer mehr Produktverantwortliche. Paradebeispiel ist die Automobilindustrie. Immer mehr Innovationen und damit auch Funktionalitäten werden in Software abgebildet. Einmal entwickelt, lässt sich diese beliebig oft in den einzelnen Fahrzeugen verbauen – bei praktisch keinen zusätzlichen Kosten. Obendrein erfolgt der Funktionszuwachs ohne lästige Gewichtszunahme des Endproduktes Auto.
Eine Ausprägung davon sind Apps, die ebenfalls immer mehr im Auto Einzug halten. Auch hierüber lässt sich die Funktionalität des Autos steigern und das auch noch nach dessen Kauf, wie es Tesla vorgemacht hat und BMW es nachmacht. Hinzu kommt ein großer Vorteil: Sollte eine Funktionalität noch nicht ganz ausgereift sein, so kann diese per Over-the-Air-Update, also ohne für den Hersteller kostspielige Aufenthalte in der Werkstatt, ausgetauscht werden. Die Entwicklung hin zur Digitalisierung von Produkten ist aber nicht auf die Automobilbranche beschränkt. Kuka als führender Hersteller von Industrierobotern geht in die gleiche Richtung. Maschinen- und Anlagenbauer folgen ebenfalls diesem Trend.
Werden nun Produkte vollständig digitalisiert, so besteht die Möglichkeit zu einem extremen Wachstum. Beispiele hierfür sind Firmen wie der Fahrdienstleister Uber. Für derartige Produkte müssen keine Fabriken oder Gebäude gebaut werden. Investitionen verlagern oder reduzierten sich somit erheblich. Fabriken, vor allem in der Automobilindustrie, schlagen mit einem einstelligen Milliardenbetrag zu Buche. Der weltweite Rollout digitaler Produkte verursacht hingegen nur marginale Kosten – eben in letzter Konsequenz null Grenzkosten.
Darüber hinaus entsteht auch ein zeitlicher Vorteil. Der Bau einer Fabrik braucht schlicht und ergreifend einfach Zeit, während ein globaler Rollout eines digitalen Geschäftsmodells quasi „über Nacht“ erfolgen kann. Somit haben derartige Ansätze nicht nur einen Kosten- sondern auch noch einen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber „klassischen Ansätzen, was auch das oft exponentielle Wachstum solcher Firmen erklärt.
Produkte werden immer mehr zu Cyber-physischen Systemen
Ein zentrales Charakteristikum von Cyber-physischen Systemen (CPS) – also der Verbindung von Hard- und Software – ist deren Konnektivität, also der Fähigkeit zur Kommunikation. Hierüber erfolgt etwa der Download der schon angesprochenen Apps oder die Interaktion mit anderen CPS (siehe Abbildung 1). Autos (laut Apple das größte Device) sind wiederum ein Paradebeispiel für diese Entwicklung. Ein modernes Fahrzeug hat bereits heute mehrere Dutzend Sensoren zur Erfassung sowohl von Informationen aus dem Fahrzeugumfeld, als auch aus dem Fahrzeuginneren.
Diese Sensoren liefern längst nicht mehr nur über die fahrzeuginterne Kommunikation Informationen zur Steuerung von Fahrzeugfunktionen. Durch die Vernetzung von Fahrzeugen mit modernen Kommunikationstechnologien wie LTE oder 5G wird eine Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern, der Verkehrsinfrastruktur oder dem Hersteller selbst ermöglicht. Die dadurch entstehende Vielfalt von Einsatzbereichen ist nahezu unerschöpflich.
Um diese neuen Möglichkeiten zu nutzen, bedarf es allerdings einer entsprechenden und eines angepassten Produktentwicklungsprozesses. Bei der (siehe Abbildung 2) handelt es sich meist um eine Mischung aus digitalen Plattformen sowie zusätzlicher technischer Komponenten mit Telemetriefunktionen.
Die Erkenntnis, dass solche Plattformen ein zentrales Element in der Unternehmensstrategie darstellen müssen, setzt sich immer mehr in deutschen und internationalen Führungsetagen durch. Ein „Krieg der Plattformen“ – also zwischen einzelnen Unternehmen – scheint somit unausweichlich. Anders ausgedrückt wird der aktuellen Euphorie in den nächsten Jahren eine starke Konsolidierung der Plattformen folgen. Resultat dieser Konsolidierung könnten industriespezifische oder gar industrieübergreifende Ökosysteme sein, wie erste Joint-Ventures bereits erahnen lassen.
Die Produktentwicklung muss agil werden
Durch die immer schneller werdenden technologischen Entwicklungen „veraltern“ Produkte deutlich schneller als noch vor einigen Jahren. Um schneller auf Kunden- und Marktveränderungen reagieren zu können, muss sich daher auch die Produktentwicklungszeit verkürzen, sie muss agil werden. Wasserfallartige Ansätze können die aktuellen Anforderungen nur bedingt erfüllen.
Solche Veränderungen erfordern jedoch auch Anpassungen auf organisationaler Ebene. Die Organisation muss zum einen flacher, aber auch selber agiler werden. Entscheidungen gilt es von „oben“ stärker in Richtung „unten“, also der operativen Mitarbeiter zu verschieben. Diese Veränderungen sollten nicht unterschätzt werden. Ein sehr bekanntes Beispiel für eine „Agilisierung“ auf organisationaler Ebene ist übrigens die derzeit laufende Umstrukturierung des Daimler-Konzerns hin zu kleineren, agilen Einheiten.
Agile Ansätze haben sich in vielen Unternehmen mittlerweile erfolgreich etabliert. Um den Entwicklungsprozess nun effizient zu gestalten, finden immer mehr datengetriebene Ansätze ( Driven Development – kurz DDD) Einzug in die Entwicklungsabteilungen. dienen hierbei in mehrfacher Hinsicht zur Optimierung: Sie sorgen dafür, dass die seitens des Kunden geforderte Funktionalität vorhanden ist (etwa in der Automobilindustrie), aber auch der Entwicklungsprozess selber stetig optimiert wird. Schwachstellen können identifiziert werden, der aktuelle Stand und Status der umfangreichen Tests lassen sich weitestgehend automatisch verifiziern. Zudem können Produkte während realer Nutzungs-Szenarien weiterentwickelt werden, ohne teure Studien mit nur begrenzter Realitätsnähe durchführen zu müssen.
Ein weiterer Ansatz zur Optimierung der Entwicklungszeit ist Design to Manufacturing. Hierunter verbirgt sich die enge Zusammenarbeit zwischen Produktentwicklung mit der Produktion – oder anders ausgedrückt die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Produktion in Richtung Entwicklung. In Zeichen von Industrie 4.0 spricht man hierbei auch von vertikaler Integration.
Der Erkenntnisrückfluss sollte sich hierbei allerdings nicht auf die eigene Produktion beschränken. Da die Produkte ja immer mehr zu CPS werden, besteht auch die Möglichkeit, Feldinformationen (also Informationen während der Produktnutzung) zu erhalten und deren Erkenntnisse für die Produktentwicklung zu nutzen.
Zwei weitere Punkte gilt es noch anzuführen:
- Design Thinking als Methodik, um Innovationen und Ideen schnell in einen Prototyp zu verwandeln,
- und das Konzept des MVP (Minimum Viable Product) also einen Prototyp mit einem erkennbaren Mehrwert für den Endkunden der allerdings voll funktionsfähig ist.
Die Funktionalität wird dann im weiteren Produktentwicklungszyklen sukzessive ausgebaut und orientiert sich an den gemachten Erfahrungen und auch des Kundenfeedbacks. Design Thinking und MVP-Ansätze können daher durchaus als Katalysatoren zur Beschleunigung von Markteinführungen angesehen werden.
Neue Produkte brauchen mehr als eine neue Infrastruktur
Um nun die schönen neuen Möglichkeiten zu nutzen, bedarf es neben den neuen Produkten auch einer entsprechenden . Diese allein reicht aber immer noch nicht aus. Dies soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden:
Smarte Maschinen eines Maschinen- und Anlagenbauers werden mit Sensoren und Aktoren ausgestattet. Hierüber erkennen sie ihre Umgebung. Darüber hinaus können sie sich mit der unternehmenseigenen /Plattform verbinden, um Zusatzdienste, wie Predictive Maintenance per APP zu aktivieren. Das Problem an dieser schönen neuen Welt ist, dass der Endkunde wenig Interesse hat, „seine“ und damit „sein“ Produktionssystem offen zu legen.
Daher gilt es schon im Vorfeld einer möglichen Vernetzung die Frage zu klären, wem die gehören, die während der Nutzung einer Maschine generiert werden. Diese Frage gilt es zu klären – am besten schon im Vorfeld einer möglichen Vernetzung. Somit wird klar, dass es sich hier nicht ausschließlich um ein rein technisches Thema handelt. Darüber hinaus muss die Art und Weise der Integration und Kommunikation geklärt werden. Die Nutzung des Kundennetzwerkes ist hier sicherlich zwar naheliegend, aber genauso schlecht. Denn vernetzte Maschinen können gewaltige Datenmengen erzeugen und gegebenenfalls andere Anwendungen im Netzwerk beeinträchtigen.
Einfacher verhält sich der Sachverhalt beim Produkt Auto. Auch hier werden enorme Datenmengen generiert, aber wir haben eine analoge Diskussion – wem gehören die Daten, um hierüber entsprechende Mehrwerte zu generieren? Dem Autohersteller, dem Fahrer oder dem Besitzer des Autos? Und auch die Mehrwerte beziehen sich hier nicht nur auf den OEM, wie BMW, Daimler oder Audi, sondern auch für den Kunden – also jeden von uns.
Der rein technische Aspekt beim Aufbau der bereits angedeuteten Infrastruktur die zur Nutzung von smarten Produkten erforderlich ist, ist leider ebenfalls nicht trivial. Während der Produktentwicklung gilt es verschiedenste Fragestellungen zu beantworten:
- Wie müssen digitale Services und Geschäftsmodelle gestaltet werden?
- Welche Technologien und Partner benötige ich für mein IIoT-Vorhaben?
- Wie skaliere ich meine Services und Geschäftsmodelle erfolgreich am Markt?
- Wie muss sich dazu meine Organisation verändern?
- Wie baue ich eine sichere IIoT-Infrastruktur auf und vermittle Sicherheit an meine Kunden?
Es geht also kurz gesprochen fachlich um den Aufbau eines Ökosystems (siehe Abbildung 3). Technisch handelt es sich dabei um die schon angesprochene Plattform, die nun aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird. Bei der Konzeption und dem Aufbau derartiger Ökosysteme – man spricht hier auch von IIoT-Plattform – gilt es methodisch vorzugehen.
Die organisatorischen Themen werden bei derartigen Projekten oftmals entweder gleich vergessen oder zu gering priorisiert: Tritt das Unternehmen als Generalunternehmer auf (Aufbau eines eigenen Ökosystems, geschlossener oder offener Ansatz) oder partizipiert das Unternehmen an Initiativen? Bei einem geschlossenen Ansatz handelt es sich um Ansätze, wie sie etwa Apple verfolgt. Hierbei bedarf es einer entsprechenden Infrastruktur um die Services zu nutzen und natürlich einer entsprechenden Marktmacht. Bei offenen Ansätzen, wie sie etwa die Hersteller von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen verfolgen, wird bewusst von einer Heterogenität der Endsysteme ausgegangen (siehe Abbildung 5).
Offene Ansätze (Plattform-Ansatz) sind häufig dann gefragt, wenn auf bestehenden, heterogenen Märkten eine große Zahl an Anbietern und Nachfragern zusammengebracht werden sollen. Solche Plattformen bieten den Marktteilnehmern große Freiheiten und den Plattformbetreibern niedrige Betriebskosten – das Angebot kommt ja von den vielen anbietenden Partnern. Allerdings lassen sich solche Plattformen häufig nur schlecht kontrollieren und ein Plattformwechsel ist sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager nur selten mit hohen Hürden verbunden.
Ein geschlossener Ansatz hingegen bietet dem Unternehmen eine hohe Kundenbindung. Wer einmal seine Daten in das Ecosystem eingebracht hat, kann sie nur mit großen Aufwänden lösen (Lock-In) oder migrieren. Das Angebot kann vom Betreiber gut kontrolliert und gesteuert werden, allerdings muss das Unternehmen selbst entsprechende Produkte und Services einbringen.
Wie smarte Maschinen und Produkte die Smart Factory beeinflussen
Smarte Produkte haben aber auch einen gravierenden Einfluss auf die Produktion. Die Treiber der Veränderung reichen vom demografischen Wandel, attraktivere Arbeitgeber, einer gesteigerten Flexibilität über Kostenreduktion, verbesserte Qualität bis hin zur vielbeschriebenen Losgröße 1. Als Ergebnis sollten ja die smarten neuen Produkte auch in einer Smart Factory produziert werden. Hierbei geht es kurz gesprochen um die weitere Optimierung des Kundenauftragsprozesses (siehe Abbildung 6), bei der die bereits am Anfang des Artikels angesprochenen Technologien zum Einsatz kommen. Diese sind allerdings nur Enabler und sollten darüber hinaus austauschbar sein: Der Wandel von Technologien ist zu schnell und passt somit nicht zur langen Lebensdauer einer Fabrik.
„Das Teil steuert den Prozess“ ist zwar ein Zielbild in der Smart Factory, aber für die nächsten Jahre wenig realistisch. Hierfür wäre ein Wechsel von der Fließbandfertigung hin zu einer Inselfertigung, wie sie schon aus der Lean-Transformation bekannt sind, erforderlich. Speziell in der Automobilindustrie ist dieser Wechsel hochgradig komplex, da die Granularität der einzelnen Inseln noch unklar ist. Somit gilt es schon aus diesen Gesichtspunkt heraus nach Alternativen zu suchen. Einen Ansatz stellen smarte Maschinen/Anlagen und Werkzeuge dar. Die gehören natürlich auch in die Smart Factory und liefern bereits heute wertvolle Dienste.
Parallel zur Vernetzung der neuen smarten Produkte in Form von Maschinen, Anlagen und Werkzeugen können Unternehmen einen digitalen Zwilling ihrer Produkte erstellen und diesen neben oder zusätzlich zu dem physikalischen Produkt an den Markt bringen. Hierbei ist aber nicht unbedingt eine 1:1 Abbildung erforderlich.
Speziell bei Maschinen- und Anlagenbauern und für den Endkunden ergeben sich hier Mehrwerte. Die Integration derartiger smarten Maschinen und Anlagen in die vorhandene Produktionsumgebung (etwa ein MES) wird deutlich vereinfacht. Dies gilt nicht nur für Maschinen. Auch Teile, etwa ein Kotflügel oder ein Schiebedach, könnten mit einem digitalen Zwilling ausgestattet werden. Die intelligenten Teile „wissen“, wie sie verbaut werden müssen und könnten sowohl in der Produktionsplanung als auch dem Werker in der Endmontage entsprechende Informationen liefern. Es erfolgt eine Verlagerung der Komplexität an den Ort ihrer Entstehung – also das Produkt oder Teil/Material. Die Erstellung von Arbeits- und Prüfplänen beim OEM gestaltet sich somit deutlich einfacher.
Voraussetzung hierfür ist die Verwendung entsprechender Standards wie OPC-UA oder AutomationML (beide Standards wurden ja bereits harmonisiert). Dadurch ist eine Integration in die Produktion gewährleistet. Dieses naheliegende Ansinnen wird aber durch branchenspezifische und herstellerspezifische Bestrebungen nicht unbedingt gefördert. Diese Bestrebungen resultieren auch aus dem teilweise fehlenden branchenspezifischen Ausprägungen der verfügbaren Standards und den damit verbundenen spezifischen Anforderungen.
Somit sind smarte Maschinen/Anlagen und Werkzeuge ebenso wie intelligente Teile und Produkte ein wichtiger Teil in der Smart Factory. Analog verhält es sich übrigens mit der Logistik. Der Haken dabei: Da hier Maschinen und Anlagen von verschiedenen Herstellern meist innerhalb eines weltweit agierenden Produktionsverbundes effizient arbeiten müssen, verschieben sich die Integrationsaufwände weg von der Maschinenanbindung hin zur Integration von Plattformen, was allerdings für den OEM (etwa den Automobilhersteller) weder erstrebenswert noch zielführend ist.
Somit wird es wohl nicht nur den schon angesprochenen „Krieg der Plattformen“ in Form entsprechender Marktkonsolidierungen geben, sondern es wird auch vermehrt der Druck von Seiten der OEMs auf den Maschinen- und Anlagenbauer entstehen, zumindest für eine Kompatibilität und Offenheit zu sorgen. Am Ende könnten Meta-Plattformen respektive IIoT-Plattformen der OEM entstehen, auf denen die entsprechenden Softwarelösungen der Maschinen- und Anlagenbauer verlinkt respektive installiert sind. Um ein derartiges Unterfangen zu realisieren, bedarf es entsprechender Kenntnisse der Plattformen, Maschinen und Anlagen, aber auch der Produktion – eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.
Gleiches gilt auch für den Bereich der Infrastrukturen. Das Rennen zwischen Zukunftstechnologien wie 5G, LoRaWAN, NB-IoT und klassischer Netzwerkanbindung ist noch lange nicht entschieden. Im schlimmsten Fall wird sich der OEM in Mitten einer Vielfalt an Infrastrukturanforderungen wiederfinden, von denen jeder Maschinenbauer einen anderen bevorzugt.
Verschiebung der Wertschöpfung in den Unternehmen
Durch die stetige Verbreitung aber auch der zunehmenden Reife von smarten Maschinen verschiebt sich die Wertschöpfung weg von der Produktion und der Fertigung hin zum Engineering. Dies gilt sowohl für den Maschinen- und Anlagenbauer als auch für den OEM (also den Maschinenbetreiber oder -nutzer). Für den Maschinenhersteller ergibt sich die Situation, dass nicht ausschließlich Hardware in Form von entsprechenden Maschinen, sondern immer vermehrt Software an den Endkunden ausgeliefert wird.
Eine Differenzierung am Markt etwas für Bestückungsautomaten in der Elektronikfertigung ist rein über Hardware kaum mehr möglich. Das Thema ist mehr oder weniger Commodity, während die Software zur optimalen Auslastung der sehr teuren Maschinen und eine stringente Materialversorgung hingegen „gute“ von „weniger guten „Herstellern auszeichnen. Die Wertschöpfung findet somit zusehens in den Entwicklungsabteilungen und weniger auf dem Shopfloor statt.
Damit aber nicht genug. Durch neue Geschäftsmodelle, die durch vernetzte Maschinen möglich werden, entwickeln sich die Produkthersteller zu Dienstleister. Maschinenverfügbarkeit und nicht mehr der Verkauf von Maschinen steht im Vordergrund. Turbinenhersteller in der Luftfahrtindustrie als Beispiel zeigen den Weg auf. Hierbei handelt es sich nicht um ein singuläres Phänomen, sondern ist vielmehr als „Muster“ zu sehen, das branchenübergreifend festzustellen ist. Es betrifft nicht nur das B2B- sondern auch vermehrt auf das B2C-Geschäft. Verbraucher gehen immer mehr in Richtung Produktnutzung und weg von Produktbesitz. Dieser Trend wird sich zunehmend verstärken.
In Summe erfolgt eine deutliche Verschiebung der Wertschöpfung in den Unternehmen. Die Bedeutung der Produktion und Fertigung wird abnehmen. Demgegenüber wird die Relevanz der Produktentwicklung deutlich steigen. Damit verbunden ist der Bedarf nach entsprechenden Plattformen in Form von IIoT-Lösungen rsp. entsprechenden Eco-Systemen. Darüber hinaus wird die Software-Entwicklung und das darin abgebildete Know-How Kernkompetenz von Unternehmen werden.
Veränderung in der Organisationsstruktur
Agilität (wie auch immer diese in Organisationen auszusehen hat) reicht nicht aus, um im neuen Wettbewerb zu bestehen. Unternehmen müssen sich nachhaltig anders aufstellen – sie müssen robust werden. Es gilt die Bereitschaft zur Veränderung und Innovation zu stärken. Das konsequente und konstruktive Hinterfragen aktueller Geschäftsmodelle und Produkte sollte zur „DNA“ werden. Zwar sind derartige Ansätze schon seit der Lean-Ära bekannt, nun aber wird es ernst: Es gilt diese Ansätze endlich konsequent umzusetzen.
Für Unternehmen ergibt sich die Situation, dass über Jahrzehnte erarbeitetes Wissen durch smarte Produkte und neue Technologien wie maschinelles Lernen massiv entwertet wird. Es entstehen somit vielfach massive Widerstände gegen anstehende und auch erforderliche Veränderungen, vor allem bei gut laufenden Geschäften („Don’t touch a running system“-Mentalität von Managern). Menschen und Organisationen müssen bekannte und vertraute Komfortzonen verlassen. Unternehmen sind daher vielfach erst bereit sich zu verändern, wenn Krisen bereits eingetreten sind. Dann ist es aber oftmals schon zu spät.
Zu dieser Veränderung gehört natürlich auch die Qualifizierung der Mitarbeiter auf allen Ebenen. Hierbei ist es aber nicht mit einer 1-2 tägigen Schulung in den Grundlagen von Industrie 4.0 getan. Aktives Change- ist hier gefragt.
Und auch die Öffnung interner Abteilungen, beispielsweise der -Abteilung nach außen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wer Software anbietet, muss diese betreiben und supporten. Während bisher lediglich Geschäftsapplikationen betrieben wurden, müssen im Umfeld von Industrie 4.0 auch Kunden- und Shopfloor-Anwendungen berücksichtigt werden.
Die Veränderungen zeigen sich auch in der veränderten Bedeutung von Bereichen. Software-Entwickler werden einen deutlich höheren Stellenwert in den Unternehmen einnehmen als bisher. Hierbei ist es unerheblich, ob diese organisatorisch in der Produktentwicklung oder im -Bereich beim angesiedelt sind – Hauptsache, es gibt sie. Da Organisationen immer agiler werden müssen, sollte diese Diskussion unternehmensintern auch entspannt geführt werden.
Fazit
Durch die Digitalisierung und Industrie 4.0 wird sich die Industrielandschaft Deutschlands nachhaltig verändern – nicht heute, aber mittelfristig über die nächsten Jahre. Es wurde hoffentlich deutlich, dass diese Veränderungen vielschichtig und komplex sind. Somit ist ein „Weiter so“ oder „Das machen wir nebenbei“ ein sehr gefährlicher Ansatz. Fehler dürfen gemacht werden und sind leider unvermeidlich auf den Weg hin zu einem smarten Unternehmen. Wichtiger ist vielmehr sich auf den Weg machen. Viel Spaß hierbei!
*Walter Huber ist IDG Experte und hat im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit über 30 Industrie 4.0 Projekte umgesetzt, sowie mehrere Firmen in Richtung Industrie 4.0 transformiert. Hierzu ist auch beim Springer Verlag das erste Buch mit dem Titel „Industrie 4.0 in der Automobilproduktion“ erschienen. Ein weiteres Buch mit dem Titel „Wie Technologien unsere Wirtschaft und unsere Unternehmen verändert“ erscheint ebenfalls beim Springer Verlag.
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