Microsoft Word ist teuer und komplex, es gibt aber Alternativen: Zehn Textverarbeitungen für den Mac im Vergleich. [...]
Das Konzept Microsoft Word hat trotz Überarbeitung etwas Staub angesetzt – hat sich bei Word doch an der Oberfläche seit der Version Word 98 wenig verändert. Nach dem Programmstart hat man eine leere Papierseite vor sich, unzählige Formatierungsfunktionen stehen per Werkzeugleiste zur Verfügung.
Wichtigste Aufgabe einer herkömmlichen Textverarbeitung war ursprünglich das Erstellen eines Geschäftsbriefs, der ausgedruckt und per Post verschickt wird. Dazu nutzt aber kaum noch jemand seine Textverarbeitung. So haben es die meisten Word-Rivalen aufgegeben, einen direkten Konkurrenten zu entwerfen. Stattdessen versuchen sich Hersteller wie Nisus, Scrivener oder Papyrus mit eigenen Konzepten sich vom Konkurrenten abzugrenzen. Offensichtlich mit Erfolg: Das sehr stark an Word angelehnte Open Office Writer führt auf dem Mac ein Schattendasein – zumindest bei Macwelt-Lesern ist es laut Leserumfragen eher unbeliebt. Mehr Interesse erhalten dagegen neue Konzepte wie die Textverarbeitung Ulysses oder Autorenprogramme wie Scrivener. Dadurch eignen sich die Apps nicht für jeden Anwender, bieten aber viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Textverarbeitungen. Wir stellen die zehn besten Word-Alternativen vor.
TRADITIONELLE TEXTVERARBEITUNGEN – NISUS, PAPYRUS, MELLEL, PAGES
Vollwertige Textverarbeitungen offerieren das volle Funktionsspektrum: Man kann damit aufwendige wissenschaftliche Abschlussarbeiten mit Anmerkungsapparaten erstellen, Geschäftsbriefe verfassen und Romane schreiben. Klassische Formatierungsmöglichkeiten wie Textstile, Kopf- und Fußzeilen oder Indexverzeichnis sind Standard, üblicherweise außerdem Texttabellen und das einfache Einfügen von Grafiken und Formeln. Wichtig für Profis ist außerdem eine Funktion für das Verfolgen von Änderungen.
Das bieten alle vier vorgestellten Programme, eine gemeinsame Schwäche aller Apps ist jedoch die Kompatibilität mit Word-Dateien. Noch recht gut schneidet hier Pages ab, Papyrus kann dagegen das neue Word-Format Docx weder importieren noch erstellen. Nisus und Mellel haben beide Probleme mit aufwendig formatierten Dokumenten. Leider ist dies für manche Büroanwender bereits ein Ausschlusskriterium – und häufig der Grund, weiter auf Word zu setzen.
MELLEL
Spezialität von Mellel ist seit der ersten Vorstellung des Programms die Unterstützung von so genannten linksläufigen Schriften wie Hebräisch und Arabisch. Das mit 40 Euro vergleichsweise günstige Programm richtet sich an Buchautoren, Studenten und Wissenschaftler und ist in der Zielgruppe auch sehr beliebt. Stärke sind die vielen Optionen für die Verwaltung langer Texte. Die professionelle Literaturverwaltung Bookends wird unterstützt, man kann sogar Mellel und Bookends als Kombipaket kaufen. Eine Outliner-Ansicht ermöglicht das Gliedern von Texten, selbst komplexe Formatierungswünsche sind schnell und komfortabel umsetzbar. Optisch ist das Programm eher unscheinbar, gibt dafür aber bei der Bedienung keine Rätsel auf. Die integrierte Rechtschreibprüfung und Silbentrennung ist nur mittelmäßig, hier kommt nämlich die mäßige Korrekturfunktion von OS X zum Einsatz. Unter deren mangelhaften Qualität leiden aber auch Nisus Writer und Pages. Umfangreich sind auch die Funktionen für Suche und Ersetzen. Eine Schwäche ist der Export und Import von Word-Dateien: Das Speichern als Docx-Datei ist möglich, gerade bei aufwendig formatierten Abhandlungen und Büchern können aber Formatierungsprobleme auftreten: Etwa eine Tabelle, die plötzlich auf zwei Seiten aufgeteilt wird oder Kopfzeilen mit falscher Schriftart. Beim Import eines Dokuments mit Fußnoten wird zu unserer Überraschung ein Dokument mit Endnoten, Nutzer empfehlen deshalb sogar den Export als PDF und Word-Konvertierung mit Acrobat. Gut: Eine iPad-Version ist für 20 US-Dollar verfügbar.
Vorteile: Gute Funktionen für wissenschaftliche Arbeiten
Nachteile: Mäßige Rechtschreibprüfung, Schwächen beim Export
NISUS WRITER
Gut ins System integriert sich die Textverarbeitung Nisus Writer. Der Funktionsumfang ist hervorragend, auf einen Thesaurus muss man jedoch verzichten. Für die Dateiverwaltung gibt es einen eigenen Dokumentenmanager, unterstützt werden Tabellen, Grafiken, Textboxen und Kommentare. Eine Stärke ist die gute Makro-Unterstützung, eine gute Auswahl für automatische Korrekturen oder Textänderungen ist vorinstalliert. Hinweis: Makro-Probleme, die bei unserem letzten Test von Nisus Writer auftraten, sind mit der aktuellen Version 2.1.2 behoben. Sucht man einen Ersatz für Microsoft Word, kommt das 79 Dollar teure Nisus Writer dem schon sehr nahe – Probleme beim Import und Export von Word-Dokumenten lassen sich aber nicht ausschließen. So stellen wir unter El Capitan einen seltsamen Bug beim Import von docx-Dokumenten fest: Nach dem Import werden die Zeilennummern im Dokument eingeblendet. Wie bei Mellel sollte man außerdem nicht vergessen, dass die Programme zwar deutschsprachig aber für den US-Markt gedacht sind. So gibt es bei Nisus nur einen englischsprachigen Thesaurus, der bei der Suche nach alternativen Worten hilft. Auch die Silbentrennung von Pages, Mellel und Nisus kann nicht mit der von Word oder Papyrus mithalten.
Vorteile: Guter Funktionsumfang, gute Automatisierungs-Funktionen
Nachteile: Keine rechnenden Tabellen, kein deutscher Thesaurus, mäßige Rechtschreibprüfung
PAPYRUS
Optisch wirkt Papyrus altmodisch, mit der neuen Version 8 unterstützt das Programm aber endlich Retina-Displays und bietet neue Funktionen wie ein Mind-Mapping-Tool. Das schon für den Amiga verfügbare Programm hat einige ungewöhnliche Stärken zu bieten: Unbestritten die beste Rechtschreibprüfung ist integriert, auch Silbentrennung und Thesaurus sind erstklassig. Grundlage bildet die hervorragende Duden-Rechtschreibprüfung, die seit 2013 von EPC entwickelt wird. Große Texte behält man mit Funktionen wie einer Zeitleiste und Text-Navigator unter Kontrolle. Eine tolle Funktion für Autoren ist außerdem eine integrierte Stilprüfung, die auf Wunsch stilistische Mängel wie Passiv-Konstruktionen, Wortwiederholungen und Füllwörter bemängelt. Layoutfunktionen wie Text- und Grafik-Rahmen bietet Papyrus ebenso wie rechnende Tabellen und eine vollwertige Datenbankverwaltung – beispielsweise für die Verwaltung von Romanfiguren oder Adressen. Epub-Export ist möglich, leider muss man auf Import und Export von docx-Dateien verzichten. Aber selbst die mit Papyrus erzeugten Doc-Dateien haben ihre Tücken. Sie basieren auf dem Format RTF und sind nicht mit Vorschau und dem Dokumentenviewer von iOS kompatibel. Mit 170 Euro Kaufpreis ist Papyrus Autor eine vergleichsweise teure Lösung, verdient aber eine Empfehlung für Autoren.
Vorteile: Duden-Korrektor, hoher Funktionsumfang
Nachteile: Mäßige Word-Unterstützung, unübersichtliche Oberfläche
PAGES
Die aktuelle Version von Pages hat nicht mehr viel mit der beliebten Vorversion zu tun. Apple hat die Bedienung für Einsteiger vereinfacht und dabei leider einige Funktionen eingespart. Dafür sind jetzt die Mac, iOS- und Webversion gut aufeinander abgestimmt und nutzten das gleiche Dateiformat. Dank der Sync-Funktion Handoff kann man ein Dokument außerdem nahtlos am Mac und iOS-Gerät bearbeiten – ohne Probleme mit Dateiversionen. Für kleinere Layouts eignet sich Pages ebenfalls, Bilddateien aus Photos oder anderen Quellen sind einfach integrierbar und in Pages editierbar. Gute Vorlagen helfen beim Erstellen von Texten und Flyern. Besser als seine Konkurrenten kommt Pages außerdem mit Word-Dokumenten klar. Alternativ erstellt das Tool Epub-Dateien und PDFs. Überzeugend ist außerdem die geringe Systemlast, auch für ältere Rechner ist Pages gut geeignet. Silbentrennung und Rechtschreibprüfung sind allerdings nicht auf dem Niveau von Word oder gar Papyrus. Deshalb sollte Pages aber nicht unterschätzt werden. Alle wichtigen Textverarbeitungsfunktionen werden unterstützt, Akademiker können mit Bookends oder Endnote professionell Literaturangaben verwalten.
Vorteile:optimale Integration in OS X, kostenlos für Besitzer neuerer Macs
Nachteile:Mäßige Rechtschreibprüfung
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