Zwischen Konsolidierung und Innovation

Während ERP-Anbieter mit Themen wie Mobility und Cloud neue Umsatzquellen wittern, zählen für die Anwenderunternehmen vor allem zwei Dinge, wenn es um ihre ERP-Systeme geht: Konsolidierung bzw. Standardisierung und bessere Usability. [...]

Auf Anwenderseite gibt es beim Thema ERP eine eindeutige Top-Priorität: Unternehmen sind darum bemüht, ihre Kernsysteme zu konsolidieren, um die Basis ihrer Business-Applikationen möglichst effizient und reibungslos betreiben zu können. Primäres Ziel dabei: Die Komplexität der ERP-Landschaften, die sich in den vergangenen Jahren laufend verschärft hat, zu verringern. Bei einer aktuellen Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) beispielsweise nannten drei Viertel der über 400 befragten IT-Verantwortlichen Konsolidierung als Top-Thema.

Gerade das intensive Customizing der letzten Jahre und Jahrzehnte hat die Komplexität der ERP-Systeme drastisch erhöht. Mario Engleder, IT-Leiter von Röchling LERIPA Papertech, sieht das als eine der wichtigsten Lektionen aus dem im vergangenen Jahr abgeschlossenen Umstieg auf Microsoft Dynamics Navision: „Wir haben recht viele Individualanpassungen in Navision programmieren lassen. Das ist teilweise unumgänglich gewesen, aber manchmal haben wir es uns da auch zu einfach gemacht, weil wir gesehen haben, dass diese Anpassungen relativ leicht gehen.“

NICHT ZU VIELE ANPASSUNGEN

Problematisch werden diese Anpassungen nämlich spätestens dann, wenn Updates anstehen. „Je mehr individuelle Anpassungen, desto schneller verliert man den Überblick und desto mehr Aufwand ist das Testen bei neuen Versionen.“ Inzwischen wünscht sich Engleder, sein Unternehmen wäre bei manchen Prozessen doch im Navision-Standard geblieben. „Auch wenn es dann um eine Ecke mehr herumgeht: Wenn ein bestimmter Prozess nur selten auftritt, dann sollte man vielleicht doch im Standard bleiben.“ Selbst auf die Gefahr hin, dass manche Mitarbeiter dann ein bisschen Mehraufwand in Kauf nehmen müssen.

Klaus Sickinger, Geschäftsführer von SAP Österreich, sieht das im Gespräch mit der COMPUTERWELT ähnlich: „Customizen ist halt oft das Naheliegende: Anwender haben in der Vergangenheit einen bestimmten Prozess gelebt und wenn eine neue Software kommt, wollen sie genau diesen bestehenden Prozess in das neue System hineinbringen.“ Erfolgreiche ERP-Projekte setzen jedoch seiner Ansicht nach nur auf Customizing, um rechtliche Anforderungen zu erfüllen, die sich mit dem Standard nicht abbilden lassen, oder um bestimmte Prozesse zu behalten, die einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bringen.

BRANCHENLÖSUNGEN
Am Funktionsumfang der Standardprodukte von ERP-Anbietern scheitert es jedenfalls nicht. „Der Funktionsumfang der Standardapplikationen ist heute weit größer als noch vor ein paar Jahren“, sagt Lisa Kuhn, Geschäftsführerin des IT-Dienstleisters Navax, der gerade zum „Microsoft Dynamics NAV Partner of the Year 2013“ gekürt wurde. „Es gibt immer mehr Branchenlösungen und es gibt auch immer mehr IT-Erfahrung in den Unternehmen, die alle schon das eine oder andere ERP-Einführungsprojekt mit viel Individualisierung hinter sich haben.“ Dementsprechend genau überlegen sich Unternehmen daher, wo Customizing echten Mehrwert bringt. „Früher war man stolz darauf, ein großes, stark individualisiertes EDV-System zu haben. Das hat sich geändert. Heute wird eher in Usability oder andere moderne Möglichkeiten investiert.“

Stichwort Usability: Sowohl auf Anbieter- als auch auf Anwenderseite stehen die einfache Bedienbarkeit und moderne Benutzeroberflächen bei ERP-Systemen ganz oben auf der Agenda, was sich laut Michael Schober, Österreich-Chef des IT-Beratungsunternehmens Trovarit, inzwischen auch bemerkbar macht: „Im Rahmen der jährlich von Trovarit durchgeführten ERP-Zufriedenheitsstudie verzeichnen wir beim Thema Usability inzwischen einen Aufwärtstrend.“ Lange jedoch wurde die Rechnung ohne die Endanwender des Werkzeuges ERP-Software gemacht, obwohl diese vielfach Lieferanten und fast immer Abnehmer der Daten und Informationen sind, die in ERP-Systemen verarbeitet werden. „Mitarbeiter sind heute aus dem privaten Bereich ausgesprochen anwenderfreundliche, selbsterklärende Software gewohnt“, sagt Schober. Das Gleiche wollen sie auch in der Arbeit, weshalb Aspekte wie Praktikabilität und Ergonomie inzwischen mit zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl einer ERP-Lösung gehören.

USABILITY IST TRUMPF
Ob nun getrieben durch die regelmäßige Kritik ihrer Kunden, angeregt durch das Vorbild von Apps oder schlicht aufgrund der Tatsache, dass die Effizienz des ERP-Einsatzes durch eine gute Ergonomie verstärkt zum Verkaufsargument wird: Die ERP-Hersteller nehmen Schober zufolge die Usability ihrer Software zunehmend ernst. „Mit dem Ziel einer neuen User Experience investieren Anbieter verstärkt in neue Ansätze wie eine benutzerzentrierte, rollenbasierte Oberflächengestaltung, Workflows zur besseren Anwenderführung und Appifizierung komplexer Business-Software.“ Nachsatz: “ Das kleine Kind, das intuitiv eine Smartphone-App richtig bedient, ist aber sicherlich eine Referenz, von der die meisten ERP-Lösungen derzeit noch weit entfernt sind.“

Die meisten, aber durchaus nicht alle. Der Wiener Softwareanbieter Emasos hat seine Cloud-ERP-Lösung Emasos IQ von Anfang an mit Blick auf die Themen „Mobility“ und „einfache Bedienung“ entwickelt, was zu zufriedenen Anwendern führt. Für Robert Musil, Geschäftsführer von Econocom Osiatis, zählen diese Punkte zu den wichtigsten Gründen, warum sein Unternehmen gerade dabei ist, Emasos IQ einzuführen. „Die Software ist extrem User-freundlich und läuft sehr gut auf Tablets bzw. auf Touchscreen-Geräten. Andere ERP-Systeme seien da oft sehr sperrig. „SAP auf einem Touchscreen zu bedienen, ist zum Beispiel eine Katastrophe.“


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