3D-Druck: Rapid Prototyping mit Karbon & Kevlar

Ein Startup behauptet, mit dem 3D-Drucker Teile aus Verbundwerkstoffen einhundert Mal schneller herstellen zu können, als Ihr Unternehmen mit konventionellen Methoden. [...]

Selten hat ein Unternehmensname besser als die sprichwörtliche Faust aufs Auge gepasst als in diesem Fall. Das Startup Impossible Objects hat kürzlich seinen neuen 3D-Drucker „Model One“ vorgestellt. Ein Gerät, von dem die US-Amerikaner behaupten, es sei das erste seiner Art, das Teile aus Materialien mit Verbundstruktur – also in erster Linie Karbon, Kevlar und Glasfaser – herstellen kann. Die Technologie, so das Unternehmen, könne bei der Herstellung von Teilen für die Produktion „in Sachen Geschwindigkeit und Preis“ mit dem Spritzgussverfahren mithalten. Wegen der Grundstruktur der Verbundwerkstoffe könnten die Kunden zudem einzelne Bestandteile individuell anpassen. So könnten etwa hitze- oder chemieresistente Teile, beziehungsweise Schichten realisiert werden.
Neben der Fähigkeit, Karbon, Kevlar und Co. zu verarbeiten, soll sich der „Model One“ von Impossible Objects auch durch schnellere Fertigungszeiten auszeichnen. Glaubt man den Verantwortlichen des Startups, soll das Teil sogar bis zu einhundert Mal schneller Ergebnisse liefern – sowohl als andere Additive-Manufacturing-Technologien, als auch traditionelle Schicht-Techniken. Bei Letzteren werden dünne Platten – zum Beispiel aus Glasfaser – übereinander gelegt und mit Hilfe von Harz miteinander verbunden.
Und egal ob Rapid Prototyping oder Massenproduktion: Die Teile, die dem „Model One“ 3D-Drucker entspringen, sollen auch noch bis zu zehnmal stabiler sein, als die, die andere Monstrositäten der additiven Fertigung auswerfen.
So geht Rapid Prototyping mit Karbon
„Die Entwicklung eines automatisierten, kostengünstigen Systems zur additiven Fertigung von Teilen aus Verbundwerkstoffen könnte die industriellen Märkte revolutionieren“, meint Lonnie Love, Group Leader of Automation, Robotics and Manufacturing beim Oak Ridge National Laboratory, das dem US-Energieministerium untersteht.
Impossible Object hat seine Technologie „composite-based additive manufacturing method“ (CBAM) getauft. Diese kombiniert die Verbundwerkstoffe mit Polyetheretherketon (PEEK) und anderen Hochleistungs-Polymeren, um die extrem stabilen, aber leichtgewichtigen Teile herzustellen.
Beim „CBAM-Prozess“ kommen konventionelle Tintenstrahldruckköpfe zum Einsatz, die bestimmte Designs auf Karbon, Kevlar oder Glasfaser „drucken“. Hiernach werden alle Schichtplatten mit Polymer-Puder behandelt. Dabei lagert sich das Puder überall dort ab, wo sich auch Tintenflüssigkeit abgelagert hat. Das überschüssige Puder wird von dannen vakuumiert und die Platten werden gestapelt, gepresst und erhitzt. Dabei schmilzt das Polymerpuder und „verschweißt“ die einzelnen Schichten miteinander. Die Herstellung von Teilen aus Verbundwerkstoff im 3D-Drucker würde Dritthersteller überflüssig machen, Kosten und Zeit sparen.
Revolution für die additive Fertigung in der Luftfahrt?
Todd Grimm ist Mitbegründer des Beratungsunternehmens T.A. Grimm & Associates. Nach seinen Worten ist das Unternehmen Impossible Objects bereits drei Jahre auf dem Markt für additive Fertigung aktiv, befand sich jedoch bislang im „Inkubations-Modus“: „Ich bin in dieser Branche seit 1990 und habe jede Menge Technologien erlebt, die nicht über eine Ankündigung hinausgekommen sind. In der Technologie von Impossible Objects steckt jede Menge Potenzial, aber ich möchte erst einmal abwarten, was die ersten User zu sagen haben.“
Impossible Objects bietet seine 3D-Druck-Technologe derzeit als Service an und will den „Model One“-Drucker Anfang 2018 auf den Markt bringen. Die Technologie – so behauptet man beim Startup – werde bereits von einigen Fortune-500-Unternehmen erprobt. Namentlich bekannt ist lediglich eines davon: Jabil, Hersteller von gedruckten Platinen.
Todd Grimm weiß allerdings zu berichten, dass Jeff DeGrange, Chief Commercial Officer bei Impossible Objects, zuvor unter anderem Vice President beim 3D-Druck-Spezialisten Stratasys und Vorstand bei Boeing war. Bei letztgenanntem Unternehmen war DeGrange offenbar für die Zertifizierung und Qualifizierung von Luftfahrt-Hardware zuständig, die mit verschiedenen Verfahren der additiven Fertigung hergestellt wurden. „Es würde mich nicht überraschen, wenn Boeing eine dieser Fortune-500-Companies wäre“, so Grimm.
Der Kampf der 3D-Druck-Startups
Boeing nutzt die 3D-Druck-Technologie bereits für die Herstellung von Flugzeugteilen. Erst vor kurzem verkündete der Airbus-Konkurrent, dass mindestens vier Titanium-Teile für den neuen 787 Dreamliner im 3D-Druckverfahren hergestellt werden. Für die Zukunft stellte man bei Boeing in Aussicht, bis zu 1.000 Teile pro Flugzeug mit dem 3D-Drucker herzustellen.
Andere Firmen auf dem Markt für 3D-Druck – zum Beispiel Markforged – behaupten, ebenfalls in Besitz von 3D-Druck-Technologie zu sein, die Verbundwerkstoffe verarbeiten kann. Dabei werden die Fasern allerdings mit Kunststoff verwoben. Nach den Worten des Experten Grimm kann derzeit nur Impossible Objects die „echte“ Herstellung von Teilen aus Karbon, Kevlar und Glasfaser im 3D-Drucker bewerkstelligen: „Es gibt andere, die daran arbeiten, aber die müssen erst einmal ein kommerzielles Produkt auf die Beine stellen“, sagte Grimm mit Blick auf ein weiteres Startup, EnvisionTEC.
„Impossible Objects hat noch nicht wirklich geliefert, aber sie waren die ersten, die einen echten, alternativen Weg zur Herstellung von Teilen aus Verbundwerkstoff aufgezeigt haben. Und diese Teile sind – insbesondere für die Luft- und Raumfahrtindustrie – extrem teuer. Jetzt müssen sie bereit dazu sein, die produzierende Industrie nachhaltig zu verändern.“
* Lucas Mearian schreibt für unsere US-Schwesterpublikation computerworld.com.

Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*