5. Internationaler Leobener Logistik Sommer

Experten präsentierten am 14. und 15. September unter dem Motto „Smart, vernetzt, digitalisiert – die Zukunft der Arbeitswelt“ relevante Trends, innovative Konzepte und Lösungen für Industrie und Logistik sowie deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt. [...]

Mehr als 20 Aussteller und Partner begleiteten die Tagung. Neben Erfahrungsaustausch und Networking kamen aber auch Kultur und Unterhaltung nicht zu kurz. Bei der traditionellen Abendveranstaltung sorgte Kabarettist Martin Kosch für gute Stimmung. – Und Save the Date: Der 16. Leobener Logistik Sommer findet vom 13. bis 14. September 2018 statt.

Der Leobener Logistik Sommer stellt seit jeher Trends, neue Technologien und Innovationen in den Fokus. Der Themenbogen war auch dieses Jahr breit gespannt. Why Data Science and not Big Data? Forscher Michael Habacher, Montanuniversität Leoben, startete mit dem Vortragsreigen: „Den Datenwissenschaften eröffnet sich ein breites Feld. Wir verbinden moderne Strömungen wie 3D-Druck, Internet of Things, Industrie 4.0 und Cyber-Physische Systeme mit klassischen, wissenschaftlichen Methoden und schaffen damit neue Möglichkeiten, um aus Daten Informationen, aus Informationen Kenntnisse und aus Kenntnissen Wissen zu schöpfen.“ Dabei geht es neben der Datenfülle auch um IT-Ressourcen im großen Umfang, die leistbarer werden und leichter handhabbar sind.

Smart Factory
Das neue High Performance Werk von Pankl Racing Systems in Kapfenberg wird in Kürze mit der Produktion von 13 verschiedenen Getriebetypen starten. Christoph Prattes, COO Pankl Racing Systems: „Gemeinsam mit der KNAPP-Gruppe haben wir eine gezielte Produktions-automatisierung und eine smarte Vernetzung der gesamten Wertschöpfungskette von der Lagerung, über intelligente Montageprozesse mit ivii.smartdesk bis hin zum Versand umgesetzt.“ Just in time werden die richtigen Komponenten, in der richtigen Zeit an den richtigen Arbeitsplatz gebracht. Intelligente Bildverarbeitungstechnologie prüft den gesamten Prozess des Zusammenbaus in Echtzeit und gewährleistet ein engmaschiges Netz für höchste Qualität, Leistung und hundertprozentiger Rückverfolgbarkeit.

Hochleistungsautorennen versus Intralogistik
Was hat ein Autorennen mit intelligenter Mensch-Maschine-Kommunikation zu tun? Die Antworten darauf gaben Kajetan Bergles, Service Development Manager bei KNAPP, und ivii-Geschäftsführer Peter Stelzer. „Ein Auto ist nur so gut, wie sein Fahrer. Der Mensch steuert das Auto und steht damit im Mittelpunkt – und das gilt auch für die Intralogistik“, so Bergles. „Uns geht es darum, den Menschen bestmöglich in seiner Arbeit zu unterstützen“, ergänzte Stelzer. Genauso wie sich die Rahmenbedingungen während eines Rennens verändern können, ändern sich Geschäftsmodelle in der Intralogistik. Daher sei Flexibilität gefragt, die KNAPP durch Lösungen wie die Open Shuttle-Systeme ermögliche, die bedarfs-orientiert eingesetzt werden können.

Boxenstopp – oder aus Sicht der Intralogistik – das Service: Präventive Wartung, Realtime-Feedback, Assistenzsysteme, Daten sammeln, analysieren und Wissen generieren, sind Anforderungen, um Maßnahmen ableiten zu können und um die Verfügbarkeit der Anlage hochzuhalten. Nach dem Boxenstopp heißt es wieder Fahrt aufnehmen. Es geht um Performance und Qualität. Das wiederum zeigt sich im ivii.smartdesk. Der Mensch wird durch Bildverarbeitungssoftware am Arbeitsplatz unterstützt, intuitiv durch den Montageprozess geführt und hat die Sicherheit fehlerfrei zu arbeiten. In der Zielgerade sind die Systeme perfekt aufeinander eingestimmt. Denn ob Autorennen oder Intralogistik – Ziel ist es Weltmeister zu werden!

High-Tech-Robotik in der Logistik
„Robotertechnologie kommt in der Logistik immer häufiger zum Einsatz“, erklärte Geschäftsführer Walter Petz von EEP Maschinenbau. Und ein Roboter sei nur so gut wie seine Greiftechnik. So sind bei Alpha Tonträger Saug-, Klemm- und Palettengreifer integriert, die Kartons in unterschiedlichen Größen bis zu einer Höhe von 2,20 Meter auf Europaletten schlichten. Bei einer Sackpalettieranlage in Bosnien-Herzegowina werden mit Hilfe eines Roboters mit Gabelgreiftechnik 1.800 Salzsäcke pro Stunde längs und quer vor-kommissioniert. Zwei Robotersysteme kommissionieren bei Wolf Plastics 1.460 Kanister pro Stunde. 14 verschiedene Kanistergrößen werden auf eine Höhe von 2,10 Meter palettiert und mit einem Gummiband gesichert, um die Kanister-Reihen zu fixieren. Für die Kanister-sicherung und für das Greifen der unterschiedlichen Kanistergrößen entwickelte EEP spezielle Greiftechniken.

Menschengerechte Arbeit
„Die Arbeit muss sich dem Menschen anpassen – nicht umgekehrt. Arbeitsanforderungen und -umgebung ändern sich durch Industrie 4.0. Es stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen auch im Hinblick auf immer älter werdende Arbeitnehmer oder für Menschen mit Beeinträchtigung“, bringt es Arbeitsmediziner Georg Wultsch auf den Punkt. Automatisierung und Robotik können einen positiven Beitrag leisten und den Menschen entlasten. Auch zeige das Conclusio einer Studie zum Einsatz von Assistenzsystemen in der Logistik, dass der Nutzen deutlich überwiegt, dass bei der Bedienung komplexer Anlagen Assistenzsysteme gut unterstützen und derzeit menschengerechtere, ergonomische Arbeitswelten entstehen und damit ein wesentlicher Beitrag zu Gesundheitserhaltung und -förderung geleistet wird.

380.000 Mal neue Schadsoftware pro Tag
Lukas Gerhold von Siemens widmete sich dem Thema Cyber-Sicherheit in industriellen Netzwerken. „Die Digitalisierung mit zunehmender Vernetzung, Transparenz und immer mehr
Informationen bietet ein breites Feld für Cyber-Angriffe“, stellte Gerhold fest. Zu den häufigsten Bedrohungen zählen Malware, Ransomware (Erpressungssoftware) und Social Engineering (Identitätsdiebstahl). Wehren könne man sich durch die Einführung eines Risikosystems, wie die IEC 62443 Norm, die hinsichtlich industrieller Sicherheit Verantwortlichkeiten und Kontrollen regelt und Security Levels festlegt. Siemens ist weltweit das erste Unternehmen, das für Netzautomatisierungslösungen ein Zertifikat von TÜV Süd, München, nach der internationalen Normenreihe IEC 62443 erhalten hat.

Management 4.0 oder der Zauberlehrling-Effekt
„Der Erfolg von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge wird nicht nur von neuen Technologien, sondern auch vom Management abhängen“, meinte Michael Henke vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik. Die digitale Transformation müsse vom Management aus gestartet werden und bedinge die sinnvolle Migration von IT-Systemen in die Wertschöpfungskette. Für die Logistik bleibt der Mensch auch in den nächsten Jahren wichtig. Mitarbeiter werden aber nicht auf Knopfdruck 4.0-tauglich. Das Management muss Strukturen schaffen und die Unternehmenskultur anpassen, die dem grenzenlosen Datenfluss und einer Kollaboration nicht im Wege stehen. Denn, wer die Magie der Hochtechnologie der Industrie 4.0 nutzen und beherrschen möchte, sollte auch die nötigen Managementkräfte mitbringen, sonst ergehe es einem wie dem Zauberlehrling.

Physical Internet
„Die Technologien in der Intralogistik sind heute hoch automatisiert, hoch kapazitiv, hoch performant und zunehmend flexibel. Sie treffen die Anforderungen einer Industrie 4.0 und von Megatrends, die zu immer kürzeren Produktlebenszyklen führen“, so Christian Landschützer vom Institut der Technischen Logistik von der TU-Graz. Aber immer noch sind 25 % aller gefahrener Kilometer Leertransporte. Die Folge: Hohe Verkehrsbelastung und zunehmende CO2-Emissionen. Waren und Güterströme anders denken, Lasten zusammenstellen, wo sie gebraucht werden, über Behältersensoren Konsolidierung über verschiedenen Bereiche herstellen, sind Ziele des Physical Internet. Österreich nähert sich an eine PI-Realisierung und arbeitet an der Definition eines offenen Logistiksystems für einen Automobilzulieferer, um den Warenverkehr von Linz nach Graz zu konsolidieren.
 
Servitization – Berufsbilder der Zukunft
In allen Branchen und Bereichen nimmt die Nachfrage nach Dienstleistungen zu. Helmut Aschbacher vom Campus 02: „Trends führen zu innovativen Service-Geschäftsmodellen mit neuen Begrifflichkeiten und Wahrnehmungen und erfordern andere Herangehensweisen: So werden aus Produkten Lösungen oder aus Supplier Netzwerkpartner.“ Die Meisterklasse in der Dienstleistung sind die Smart Services: IT-gestützte, proaktive und individualisierte Dienstleistungen. Dementsprechend verändere sich auch das Berufsbild des Service Engineers. Er müsse Technologien kennen sowie anwenden können und die richtigen Werkzeuge haben. Mit dem Sommersemester 2018 wird der Campus02 dazu einen Masterstudiengang starten.


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