In den 90er-Jahren erreichte der Anteil Europas an der Halbleiterfertigung noch mehr als 15 Prozent der Weltproduktion. Im letzten Jahrzehnt ist er jedoch auf unter 10 Prozent gefallen. Mit der öffentlich-privaten Partnerschaft ECSEL will die EU nun gegensteuern – und nimmt dafür Milliarden von Euro in die Hand. [...]
Bei der ersten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen wird es um Fördermittel in Höhe von 270 Mio. Euro gehen. Gefördert werden neben Pilotprojekten auch technologische Entwicklungen in Bezug auf Elektronikchips sowie cyberphysikalische und intelligente Systeme und deren Integration in Anwendungsgebieten wie effizienter Verkehr, verbesserte Privatsphäre der Bürger, nachhaltige Energieerzeugung und erschwingliche Gesundheitsleistungen. Besondere Schwerpunkte sind das Vertrauen sowie die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit der Technik.
EHRGEIZIGER PLAN
Die Electronics Leaders Group (ELG) legte ihren Plan für die Umsetzung des in diesem Jahr veröffentlichten industriepolitischen Strategieplans vor. Ziel ist es, Europas Position als attraktiver Investitionsstandort zu festigen.
Auf der Nachfrageseite schlug die Gruppe drei Maßnahmen vor:
- „Wegbereiter“-Projekte, die eine Führungsrolle auf Gebieten demonstrieren, auf denen die europäische Industrie anerkannte Stärken hat (z. B. Automobil- und Energiesektor, Biowissenschaften und Gesundheit);
- mehrere „Weltklasse-Referenzgebiete“ in ganz Europa, in denen neue Technologien in großem Maßstab unter realen Bedingungen erprobt werden können. Dieses Netz wird gerade auch den KMU – aus traditionellen wie aus High-Tech-Branchen – beim Zugang zu Technologien und der Erschließung ihres Potenzials auf dem Gebiet der Elektronik-Einbettung behilflich sein;
- ein vielseitiges Netz aus Kompetenzzentren zur Steigerung der Innovationsfähigkeit Europas in allen Bereichen. Das Programm Horizont 2020 könnte etwa 3 Mrd. Euro dazu beisteuern. Die europäischen Strukturfonds sollten diesen Betrag verdoppeln, und die Industrie dann mindestens noch einmal den gleichen Betrag aufbringen, so dass am Ende etwa 10 Mrd. Euro erreicht werden.
Auf der Anbieterseite sieht die Gruppe klare Chancen für weitergehende Privatinvestitionen in die Chipfertigung in Europa, wie die 2012/2013 getätigten Großinvestitionen in Pilotanlagen verdeutlichen. Der Übergang von Pilotanlagen zur Massenproduktion innovativer Komponenten und Systeme wird in den kommenden sieben Jahren fortgesetzt. Die ELG geht davon aus, dass dafür Investitionsmittel in Höhe von 20 Mrd. Euro erforderlich sein werden. Dies bedeutet alle zwei Jahre eine Kapazitätssteigerung um 70.000 neue Wafer pro Monat ab 2016/2017, was einem durchschnittlichen jährlichen Kapazitätszuwachs um 10 Prozent entspricht.
Mit den auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten geplanten Maßnahmen, und mit der für Schlüsseltechnologien zur Verfügung stehenden Unterstützung der Europäischen Investitionsbank bietet Europa nach Ansicht der ELG nun einen sehr wettbewerbsfähigen Rahmen für private Investitionen in die Fertigung. Ferner empfiehlt die ELG den Einsatz der neuen staatlichen Beihilfen für wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse. Dieser Kapazitätenaufbau wird vorausschauend dazu beitragen, dass auf den ermittelten Gebieten der „intelligenten vernetzten Objekte“, in Bereichen, in denen Europa Stärken hat, sowie bei der „Mobilkonvergenz“ (Zusammenwachsen von Computertechnik, Mobilfunk und tragbarer Elektronik) die Nachfrage gedeckt werden kann. (pi/rnf)
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