Mit Digitalisierung und Smart Farming kann die Landwirtschaft umweltfreundlicher werden, wie unsere Beispiele zeigen. [...]
82 Prozent der deutschen Landwirte nutzen bereits Smart-Farming-Technologien oder -Anwendungen in ihren landwirtschaftlichen Betrieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine 2020 veröffentlichte, repräsentative Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und der Landwirtschaftlichen Rentenbank (LR). Gleichzeitig, so die Studie, sieht die große Mehrheit der Landwirte durch die Digitalisierung die Chance auf mehr Nachhaltigkeit in ihren Betrieben. So gaben 81 Prozent an, dass neue Technologien eine umweltschonendere Produktion ermöglichten.
Dass der Anklang von Smart Farming bei den befragten Landwirten so positiv ist, steht vermutlich damit in Verbindung, dass viele den Klimawandel als eine Bedrohung für ihre Branche, aber auch eine gewisse Verantwortung im Kampf gegen diesen bei sich selbst sehen.
Drohnen überwachen Felder
Ein Kampf, bei dem vor allem sensorbasierende Technologien und Daten sowie der umfassende Ausbau von 5G von Bedeutung sind. So ermöglichen solche Technologien den Einsatz von Drohnen, die mithilfe einer 5G-Vernetzung und Videokameras Felder überwachen können und somit einen wesentlichen Beitrag zum gezielteren und ressourcenschonenderen Einsatz von Wasser, Düngemitteln, Pestiziden und Erntemaschinen leisten. Auf der Swiss Future Farm im Schweizer Standort Tänikon, Thurgau, wurde bereits ein entsprechendes Projekt zum Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft gestartet, um relevante 5G-Anwendungen zu testen. Im Rahmen dieses Projektes werden die Felder regelmäßig von kleinen Drohnen überflogen, welche die Bilder ihrer Videokameras über ein 5G-Netzwerk an einen zentralen Server senden.
Das Monitoring und die Auswertung dieser Bilder bieten den Landwirten aktuelle Situationsberichte, die dabei helfen können, schnell gezielte Entscheidungen zu treffen, an welcher Stelle ein Handeln erforderlich ist. Zum Beispiel können diese Drohnen mit Multispektralkameras Bilder liefern, anhand derer sich das Wachstum und der Stickstoffbedarf von Pflanzen ermitteln lassen. Das ermöglicht den Landwirten eine punktgenaue Nachdüngung.
Richtig düngen mit Precision Farming
Bekanntermaßen werden in konventionellen Landwirtschaftsbetrieben Düngemittel in der Regel gleichmäßig und zu einheitlichen Zeitpunkten über das ganze Feld versprüht. Dadurch kommt es an manchen Stellen zu einer Unter- und an anderen zu einer Überdüngung. Überdüngung kann wiederum dazu führen, dass Stoffe wie Phosphor oder Stickstoff unerwünschter Weise vom Feld in das Grund- oder Oberflächengewässer gelangen. Der vermehrte Einsatz von Precision-Farming-Methoden würde es jedoch ermöglichen, Düngemittel in präziseren Mengen sowie in räumlich und zeitlich optimierten Abständen anzuwenden, also genau an der Stelle und in der Menge, die tatsächlich benötigt wird.
Die Anwendung, die es Landwirten gestattet, die Menge an Düngemitteln auf Ackerflächen zu steuern, ist die Variable Rate Application (VRA). VRA kombiniert ein Steuersystem mit variabler Rate mit Ausbringungsgeräten. Damit können unter anderem Düngemittel zu einem spezifischen Zeitpunkt oder Ort versprüht werden. Die variablen Raten werden auf der Grundlage vorheriger Messungen, beispielsweise durch Fernerkundung oder maschinenmontierte Sensoren, festgelegt. Damit die VRA funktioniert, sind zusätzliche Komponenten, wie etwa ein DGPS-Empfänger, ein Computer, eine passende Software und ein Controller nötig.
KI erkennt Unkraut
Verfügen Drohnen darüber hinaus über ein KI-gestütztes System, sind sie in der Lage, Unkraut von Nutzpflanzen zu unterscheiden und den gezielten Einsatz von Herbiziden und Insektiziden zu unterstützen. Diese Fähigkeiten von Drohnen kommen bereits bei der Bewirtschaftung von Testfeldern im niederländischen Valthermond zum Einsatz. Ziel dieses Projektes ist es, Kartoffelpflanzen, die invasiv auf Zuckerrübenfeldern wachsen, schnell und automatisiert zu erkennen und zu beseitigen.
Die hierfür implementierte Lösung verbindet 5G mit IoT–Robotik, KI und einer smarten Rechenplattform. Dabei werden die von Feldrobotern aufgenommenen Bilder via 5G zu einem Server in Den Haag geschickt, der mit einer leistungsstarken GPU (Graphics Processing Unit) ausgestattet ist und so die Bilder nicht nur sofort mithilfe von KI auswertet, sondern auch in Echtzeit Befehle an die Roboter zurückschickt – etwa zum gezielten Entfernen des Unkrauts. Die hierfür benötigte mobile Bandbreite von 120 Mbit/s Upstream in der Spitze ist ohne 5G nicht realisierbar.
Kreta bewässert mit KI-Hilfe
Ein ähnliches Projekt, das den Nutzen von IKT-Lösungen und 5G-Netzen verbindet, wurde auf Kreta gestartet mit dem Ziel, die dortige Bewässerung zu optimieren. Zirka 85 Prozent des Süßwasserverbrauchs der Insel entfällt auf den landwirtschaftlichen Bereich – insbesondere die Bewässerung von rund 30 Millionen Olivenbäume. Für die Ausführung des Projektes werden Sensoren genutzt, die permanent die Bodenbeschaffenheit überwachen.
Dazu zählen Parameter wie zum Beispiel die Bodenfeuchtigkeit und -temperatur sowie der Salzgehalt des Wassers. Die gewonnenen Sensordaten werden zu einem zentralen Server geschickt und dort verarbeitet, sodass sich die exakte Menge an Wasser ermitteln lässt, die für die Bewässerung nötig ist. Per Fernzugriff erhalten die Landwirte Zugang zu diesen Daten und können die Wasserzufuhr per Knopfdruck auslösen.
Fish-Facing in der Lachszucht
Ein weiteres Beispiel für Precise Farming ist im Bereich der Fischzucht zu finden. In Norwegen nutzen Lachszüchter ein Konzept, das sich „Fish-Facing“ nennt. Mit Kameras wird die Fischerei beobachtet, um mit 4K-Auflösung einen Parasitenbefall bei den Fischen früher zu erkennen. Damit erhöht sich die Produktivität und die Kosten werden gesenkt. Die Geräte sind dabei über Unterwasser-Glasfaserkabel mit dem Land verbunden und werden von Mitarbeitern auf Booten verwaltet.
Der Einsatz von Smart- und Precision-Farming-Technologien ist für eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft unabdingbar. IKT-Lösungen in Verbindung mit 5G-Netzen ermöglichen es, wichtige Ressourcen wie Wasser, Düngemittel und Pestizide schonender und präziser einzusetzen. Neben Kosteneinsparungen für die Landwirte durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch landwirtschaftlicher Maschinen wird auch die Produktivität gesteigert und Endverbraucher erhalten Lebensmittel höherer Qualität – zu einem bezahlbaren Preis. Davon abgesehen, dass die moderneren Technologien per se effizienter sind. So benötigt 5G im Vergleich zu einer 4G-Übertragung für die gleiche Datenmenge nur ein Drittel der Energie, im Vergleich zu 3G ist 5G sogar 20-mal energieeffizienter.
*Ingobert Veith ist Director Public Policy bei Huawei Technologies Deutschland.
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