Advanced Analytics: 6 KI-Lehren aus der Coronakrise

Corona hat die Entwicklung von KI- und Advanced-Analytics-Systemen in Unternehmen befeuert. Jetzt liegt es an den Entscheidern und Experten. [...]

Seit Beginn der Coronakrise setzen Unternehmen neue KI- und Advanced-Analytics-Lösungen deutlich schneller um (c) pixabay.com

Es überrascht, mit welcher Geschwindigkeit viele Organisationen seit Beginn der Coronakrise neue KI– und Advanced-Analytics-Lösungen umsetzen. Was vor der Krise Monate oder sogar Jahre dauerte, geschieht jetzt unter Umständen bereits in Wochen – und das, obwohl die Krise noch lange nicht ausgestanden ist und immer noch enormen Einfluss auf das Geschäft hat.

Aus dieser ungewöhnlichen Situation entspringen Erfahrungswerte, die zuvor in dieser Form nicht zu gewinnen waren. Entscheider sollten sich dessen bewusst sein, um das Potenzial der Systeme auszuschöpfen und im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Eine detaillierte Analyse der Entwicklung zeigt sechs Lehren auf, die Führungskräfte, Experten und andere Entscheider beachten sollten.

1. Strategie braucht Harmonie

Lediglich 30 Prozent aller Organisationen stellen sicher, dass ihre Analytics-Strategie komplett im Einklang mit der grundlegenden Unternehmensstrategie ist. Die schnelle Reaktion von Unternehmen auf die Herausforderungen der Coronakrise zeigt aber, dass dieser Schritt die Basis für jeden durch KI– und Advanced-Analytics-Lösungen vorangetriebenen Impact ist. Dazu gehört auch, entsprechende Fachkräfte einzustellen oder auszubilden, Kooperationen voranzutreiben und standardisierte Protokolle und Methoden zu entwickeln.

2. Starre Silos?

Vor der Krise haben sich vor allem Organisationen, die sich in Sachen KI und Advanced Analytics bereits engagiert hatten, durch agile und bereichsübergreifende Teams ausgezeichnet. Die Krise zeigt jedoch, dass auch die Silos anderer Unternehmen nicht so starr sind, wie sie oft erscheinen. So haben viele Unternehmen unabhängig von der Reife ihrer Analytics-Systeme bereichsübergreifende Krisen-Teams geschaffen, um alle relevanten Stakeholder für die Entwicklung von Lösungen schnell zusammenzubringen.

3. Agile Überraschungen

Die Coronakrise hat auch zahlreiche Unternehmen ohne große Erfahrung mit agilen Methoden gezwungen, die Konzepte anzuwenden, um schnell dringend notwendige Ergebnisse zu liefern. Strategisch ausgerichtete Entwicklungs-Sprints ermöglichen es beispielsweise, KI- und Advanced-Analytics-Lösungen durch Tests und technisches Finetuning den Bedürfnissen anzupassen. Durch diese sehr engen Feedback-Schleifen werden Ergebnisse generiert, die wiederum in den Erfahrungsschatz der gesamten Organisation einfließen können – und das auch bei Unternehmen, die sich selbst bis dahin nicht als Vorbilder für eine agile Methodik gesehen hätten.

4. Change-Anstöße

Die Krise hat auch immer mehr Entscheidungsbefugnisse zu den Teams vorschoben, die am Ende auch darauf angewiesen sind. Sprich: Statt Vorgaben von oben zu folgen, werden datengetriebene Entscheidungen von Teams im direkten, operativen Einsatz getroffen. Man denke beispielsweise an Retail-Teams, die über die gesamte Kundenreise entscheiden. Unterstützt von kundenzentrierten Analytics-Lösungen können sie neue Ansätze direkt testen und ihre Strategie schnell anpassen. Ein enormer Schritt, der gerade in so einer turbulenten Zeit einen spürbaren Kulturwandel im Unternehmen lostreten kann. Das Ergebnis: Mehr Flexibilität, Agilität und Umsetzungsfähigkeit – während der Krise und auch danach.

5. Kein Drama

Unternehmen haben seit Beginn der Pandemie lernen müssen, auch mit imperfekten Datensätzen und Model-Drift umgehen zu können. So ist es durchaus eine Herausforderung, dass sich die großen Veränderungen in der Wirtschaft und im Verhalten von Kunden oftmals nicht gut von den bisherigen Datenbeständen abbilden lassen. Bestehende Analysemodelle laufen deshalb Gefahr, ungenau zu werden, oder sogar fehlerhafte Ergebnisse zu liefern. Gleichzeitig haben Organisationen gelernt, dass sie unter Umständen auch mit suboptimalen Daten nützliche Ergebnisse erzielen können, wenn sie von menschlichen Experten sinnvoll interpretiert und eingeordnet werden.

6. Standardisierte Abläufe

Klare, bereits im Vorfeld definierte Abläufe und technische Lösungswege machen es KI- und Advanced-Analytics-Experten möglich, in Notfällen schnell zu reagieren. Die aktuelle Krise hat dies auch praktisch gezeigt: Zahlreiche Organisationen haben während dieser Zeit aus Sachzwängen heraus entsprechende Standards für die Sammlung, Zusammenführung und Bereinigung von Daten gesetzt und ihr Management optimiert – und damit eine wichtige Basis für die Zukunft gelegt.

Letztlich wird deutlich, dass die Lage weiterhin komplex ist und so bleibt. Zudem hat sich gezeigt, dass Führungskräfte nicht alle Herausforderungen über Nacht lösen können. Deshalb ist es sinnvoll, im ersten Schritt die Ursachen dafür klar zu identifizieren und innerhalb der Organisation zu kommunizieren. Wenn dann KI- und Advanced-Analytics-Lösungen priorisiert als Teil einer umfassenden Digitalisierungsstrategie angegangen und die nötigen Experten herangezogen oder ausgebildet werden, können Organisationen die Krise nicht nur überleben – sondern sogar gestärkt aus ihr hervorgehen.

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*Holger Hürtgen ist Partner bei der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey. Als Technomathematiker war er der erste Data Scientist im deutschen Büro und leitet heute McKinsey Analytics in Deutschland mit besonderem Fokus auf die Bereiche Handel sowie Marketing & Sales.


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