Die weltweite Umfrage „The Global Enterprise AI Survey 2025“ von SS&C Blue Prism beleuchtet die wachsende Verbreitung und Bedeutung agentischer künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen. Der Report zeigt, dass Organisationen zunehmend auf autonome Automatisierung setzen, sich jedoch auch mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert sehen – von unzureichender Datenqualität bis hin zu mangelndem Vertrauen in die Technologie. ITWelt.at hat sich die Studie angesehen. [...]
Agentische KI steht im Zentrum einer neuen Automatisierungswelle, die Geschäftsprozesse eigenständig steuern und Entscheidungen treffen soll – ohne menschliches Zutun. Laut der Befragung setzen bereits 29 Prozent der Unternehmen entsprechende Lösungen ein, weitere 44 Prozent planen die Implementierung innerhalb der nächsten zwölf Monate. Die Befragung basiert auf 1.650 Interviews mit Führungskräften weltweit, vorwiegend aus Europa, Amerika und dem asiatisch-pazifischen Raum. Der Fokus liegt auf Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten.
Obwohl die Mehrheit der Befragten die potenziell tiefgreifende Wirkung von KI auf Geschäftsmodelle, Prozesse und Kundeninteraktion anerkennt, steckt der praktische Einsatz vielfach noch in den Kinderschuhen. Nur 31 Prozent der Projekte mit moderner KI schaffen es tatsächlich in den operativen Betrieb. Gründe dafür sind vielfältig: 44 Prozent der Unternehmen verfügen nicht über robuste Systeme zum effektiven Datenmanagement, 41 Prozent kämpfen mit unzuverlässigen oder uneinheitlichen Daten. Der Aufbau tragfähiger Infrastrukturen und klar definierter Governance-Strukturen wird deshalb als kritischer Erfolgsfaktor gesehen.
Besonders hervorzuheben ist, dass 94 Prozent der Befragten Prozessorchestrierung als essenziellen Bestandteil für den erfolgreichen Einsatz von KI ansehen. Denn nur durch ein lückenloses Zusammenspiel aller Prozesskomponenten kann die volle Leistungsfähigkeit automatisierter Systeme ausgeschöpft werden.
Vertrauen in agentische KI bleibt ausbaufähig
Trotz des steigenden Einsatzes bleibt das Vertrauen in agentische KI verhalten. Nur 22 Prozent der Befragten geben an, der Technologie stets zu vertrauen. Die Mehrheit äußert sich zurückhaltender – etwa aus Angst vor Fehlentscheidungen, Sicherheitslücken oder Kontrollverlust. Ganze 78 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie agentischer KI nicht immer trauen. Diese Skepsis spiegelt sich auch in der Belegschaft wider: 67 Prozent der Mitarbeitenden fürchten, durch KI ersetzt zu werden.
Tatsächlich sehen viele Unternehmen in KI eher eine Ergänzung als eine Bedrohung für ihre Belegschaft. 64 Prozent der Beschäftigten glauben, dass ihnen der Einsatz neuer Technologien eine bessere Work-Life-Balance und neue Karrierechancen eröffnen kann. Ein Viertel hält sogar eine Vier-Tage-Woche durch den Einsatz von KI für realistisch.
Kulturelle und strukturelle Hindernisse hemmen den Fortschritt
Die größte Hürde bei der Einführung fortgeschrittener künstlicher Intelligenz sehen viele Unternehmen in der Integration der Technologie in bestehende Systeme (35 Prozent), gefolgt von fehlendem Knowhow und Sicherheitsbedenken (jeweils 35 bzw. 37 Prozent). Besonders kritisch zeigt sich der Blick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen und das Fehlen unternehmensweiter Change-Management-Initiativen. Nur 27 Prozent der befragten Unternehmen verfügen über ein formelles Change-Programm zur Unterstützung der KI-Einführung.
Die Herausforderungen unterscheiden sich je nach Branche. So sehen Unternehmen aus dem Gesundheitswesen vor allem Risiken in Bezug auf Datenschutz, medizinische Fehleinschätzungen und mangelnde Transparenz. Im Finanzsektor hingegen scheitern viele Unternehmen an der Skalierung ihrer KI-Projekte – 25 Prozent der Befragten geben an, dass die Einführung in ihrem Unternehmen weitgehend gescheitert ist.
Der reale Mehrwert von KI bleibt hinter den Erwartungen zurück
Trotz der weitverbreiteten Überzeugung, dass KI eine entscheidende Rolle für die zukünftige Geschäftsentwicklung spielen wird, fällt der tatsächliche wirtschaftliche Nutzen bislang eher bescheiden aus. Nur 36 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Meinung, dass sich Investitionen in moderne KI-Technologien finanziell lohnen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass ihre aktuellen GenAI- und agentischen KI-Projekte bislang kaum greifbaren Nutzen gebracht haben.
Dabei gilt die Optimierung operativer Prozesse weiterhin als größter Vorteil von KI-Anwendungen. Viele Firmen nutzen KI vor allem, um Mitarbeitende von Routineaufgaben zu entlasten – mit dem Ziel, strategischere Tätigkeiten zu fördern. Immerhin 80 Prozent der Befragten sehen darin einen hohen Nutzen. Zudem geben 88 Prozent an, dass sie den Mehrwert ihrer KI-Investitionen aktiv messen.
Governance und Führungsdiskrepanzen als zentrale Themen
Ein weiteres zentrales Thema der Studie ist die unternehmensweite Steuerung von KI-Initiativen. Während 78 Prozent der CEOs und CFOs angeben, dass ihre Organisation über ein solides Governance-Modell für moderne KI verfügt, teilen nur 58 Prozent der operativen Führungskräfte diese Einschätzung. Besonders groß ist diese Diskrepanz im Finanzbereich: Dort glauben 42 Prozent der C-Level-Führungskräfte, die neueste KI bereits implementiert zu haben, während nur 21 Prozent des mittleren Managements dem zustimmen.
Diese Diskrepanz unterstreicht die Notwendigkeit einer besseren Abstimmung innerhalb der Führungsebenen, um sicherzustellen, dass KI-Initiativen nicht nur strategisch sinnvoll, sondern auch operativ realisierbar sind.
Bildung, Training und neue Rollen als Schlüssel zum Erfolg
Viele Unternehmen erkennen inzwischen, dass technologische Veränderungen nicht ohne begleitende Qualifizierungsmaßnahmen funktionieren. 40 Prozent der Befragten setzen bereits auf gezieltes Training, um den Umgang mit KI im Arbeitsalltag zu verbessern. 39 Prozent schaffen neue Rollen, etwa zur technischen Unterstützung oder Analyse von KI-Anwendungen, und ebenso viele Unternehmen investieren in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden, um ihnen neue oder erweiterte Aufgabenbereiche zu erschließen.
Allerdings fehlt in vielen Organisationen noch eine systematische Herangehensweise: Weniger als ein Drittel hat formale Programme zur Erfolgsmessung oder Change-Management-Strukturen implementiert. Trotzdem glauben viele, dass letztlich die Menschen – nicht die Technologie – den Erfolg von KI-Projekten bestimmen. Ein Drittel der Mitarbeitenden geht davon aus, dass sie durch die Einführung von KI ihre Arbeit besser erledigen können.
Herausforderungen beim Datenmanagement bleiben bestehen
Ein großes Hindernis für die erfolgreiche Umsetzung von KI ist nach wie vor die sogenannte „Datenlücke“. 44 Prozent der Unternehmen berichten von ineffizientem Datenfluss, 41 Prozent von ungenauen oder inkonsistenten Informationen. Diese Mängel erschweren nicht nur die Effizienz von KI-Systemen, sondern untergraben auch das Vertrauen in automatisierte Entscheidungen.
Gleichzeitig wird deutlich: Unternehmen erkennen die Vorteile digitaler Assistenten, die dabei helfen sollen, Datenflüsse zu verbessern, Engpässe zu identifizieren und Prozesse zu beschleunigen. Laut Studie sind bereits 92 Prozent der Unternehmen dabei, ihre Abläufe mithilfe von KI zu transformieren.
Das Fazit der ITWelt-Redaktion
Die „Global Enterprise AI Survey 2025“ zeichnet ein differenziertes Bild des aktuellen Stands von KI in Unternehmen. Einerseits zeigt sich ein starker Wille zur Innovation – viele Organisationen treiben KI-Projekte voran, investieren in neue Technologien und möchten ihre Belegschaften entsprechend auf die Zukunft vorbereiten. Andererseits offenbart die Studie deutliche Defizite: mangelndes Vertrauen, fehlende Datenqualität, unzureichende Governance und ein schleppender ROI bremsen den Fortschritt spürbar aus.
Der Weg zu einer breiten und verantwortungsvollen Nutzung von agentischer KI führt über systematische Vorbereitung, transparente Kommunikation und gezielte Mitarbeiterentwicklung. Unternehmen, die diese Grundlagen schaffen, könnten langfristig von Effizienzgewinnen und neuen Innovationspotenzialen profitieren. Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

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