Agile Management: Moderne Führung – 10 Schritte zum Ziel

Viele Leistungsträger wollen ihre Macherqualitäten schneller und sinnvoller einsetzen können, als es die "alten" Organisationsstrukturen zulassen. Zehn Punkte, wie der Wandel zur agilen Führung gelingt. [...]

Im agilen Management ist Flexibilität gefragt (c) pixabay.com

Im ersten Teil Neue Leadership-Modelle gefragt und zweiten Teil Social Leadership in der IT der Reihe Neue Arbeitsformen in der IT-Branche haben Sie gelesen, welchen Nutzen und Innovation Social Leadership dem Unternehmen, Führungskräften und Mitarbeitern bringt. Sie haben Unternehmen kennengelernt, die neue agile Führungsmethoden, wie zum Beispiel Scrum, erfolgreich praktizieren, und das erfolgreiche Unternehmen Natur, welches viele funktionierende Führungsmodelle bereithält. Im dritten stelle ich zehn Schritte vor, die Sie dabei unterstützen, Ihr Unternehmen aus einer eher hierarchisch organisierten Struktur in eine von Agilität geprägte Unternehmenskultur zu führen.

Agile Führung – Definition

Es kursieren mehrere Begriffe, die alle dasselbe meinen: Social Leadership wird auch gern moderne, flexible oder agile Führung genannt. Agil bedeutet beweglich, an die Situation angepasst und nicht starren Hierarchien oder Strukturen unterworfen.

Ganz im Gegensatz zum klassischen Rollenverständnis, bei dem Mitarbeiter der Führungskraft dienen, stellt sich bei den modernen Führungsmethoden der Manager in den Dienst seines Teams. Die Verantwortung für das Gelingen eines Projektes teilt sich das gesamte Team.

Basis für den Erfolg moderner Führung ist dabei vor allem die Kommunikation – Transparenz, Dialog, Vertrauen und kurzfristige Feedbacks. Dazu gehört insbesondere auch eine neue Fehlerkultur, in der Fehler nicht nur negativ bewertet und bestraft, sondern offen und konstruktiv diskutiert werden, um daraus für die Zukunft zu lernen.

1. Worauf es ankommt

Stellen Sie sich die Frage: Was ist das Herzstück in einer funktionierenden agilen Zusammenarbeit und damit in der agilen Führung?

Die Antwort: Die Fähigkeit zur Wertschätzung und Achtung der Individualität der Akteure.

2. Eigene Werte und Motive klären

Im ersten Schritt gilt es, herauszufinden, wie Ihr Persönlichkeitsprofil aussieht und ob Sie als Führungskraft für einen agilen Führungsstil eignen, etwa mit dem Reiss Profile. Dies ist ein gutes personaldiagnostisches Tool, um die verborgenen, aber entscheidenden Lebensmotive eines Menschen herauszufinden. Dabei klären Sie Fragen wie:

  • Welcher Charaktertyp bin ich?
  • Welche Werte habe ich, welche davon sind grundlegend für mich?
  • Was ist mir wichtig?

Wenn wir uns selbst kennen, können wir im Einklang mit unseren Werten und Motiven leben. Damit ist der Erfolg quasi garantiert- und das noch mit Leichtigkeit und Spaß! Wenn wir ständig gegen unsere inneren Werte ankämpfen, kann das Konzept noch so gut sein, langfristig wird es nicht funktionieren.

Ist bei Ihnen etwa das Motiv Status niedrig ausgeprägt, dann ist Ihnen die Bewunderung durch das Umfeld weniger wichtig. Sie sind ein Mensch, der anderen Raum zur Entfaltung lässt, was eine gute Voraussetzung für agile Führung ist.

Anders sieht es aus, wenn bei Ihnen etwa die Motive Status oder Macht dominieren. Dann ist Ihnen wichtig, Einfluss zu haben, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und als jemand Besonderes wahrgenommen zu werden. Diese Menschen führen auf den ersten Blick besser nicht agil und eignen sich für andere Führungsstrukturen besser – sollte man meinen.

Andererseits können Ihre Motive auch durch ein anderes Verhalten befriedigt werden. Nutzen Sie Ihren Drang, Einfluss haben zu wollen und Entscheidungen zu treffen, doch bei Ihren Mitarbeitern. Machen Sie Ihre Mitarbeiter stark – fungieren Sie als Enabler und als Coach.

Konkret:

  • Sie formulieren ein gewünschtes Ziel.
  • Fragen Sie Ihre Mitarbeiter nach geeigneten Ideen und Wegen.
  • Hören Sie zu.
  • Diskutieren Sie gemeinsam im Team nach der besten Lösung.
  • Jetzt können Sie – aufgrund der vorliegenden Informationen entscheiden.

Das Ergebnis: Die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt, da sie gefragt werden und ihre Vorschläge und Ideen in die Entscheidung miteinbezogen werden. Im Ergebnis haben Sie Mitarbeiter, die mitdenken und motiviert sind. Sie selbst werden zunehmend entlastet und können sich auf Ihre Mannschaft verlassen und so Ihre beruflichen Ziele noch schneller erreichen. Für beide Seiten eine Win-Win-Situation.

Vor allem geht es darum: Machen Sie sich Ihre Treibermotive bewusst. Sorgen Sie dafür, dass diese befriedigt werden, wählen Sie allerdings hierfür Wege, die auch Ihre Mitarbeiter berücksichtigt und beteiligt.

3. Was ist notwendig – was wünschenswert?

Kennen Sie Ihre förderlichen Rahmenbedingungen? Dies sind die Umstände, die Sie benötigen, um zur Höchstleistung aufzulaufen.

Hier gibt es
U’s (U = unbedingt notwendig) und
W’s (W = wünschenswert).

Dies könnten beispielsweise sein:

  • Brauche ich viel eigenen Entscheidungsspielraum?
  • Möchte ich mich regelmäßig im Team abstimmen?
  • Trifft jemand anderes die Entscheidungen alleine und ich setze sie um?
  • Möchte ich frei und unabhängig agieren oder brauche ich detaillierte und klare Vorgaben?
  • Mag ich ein wettbewerbsorientiertes oder eher ein entwicklungsorientiertes Umfeld?

Meist ist die Wünschenswert-Liste seitenlang. Die Unbedingt-notwendig-Liste umfasst höchstens fünf bis sechs Punkte – die haben es allerdings in sich. Diese U’s sind unabdingbar, wenn Sie nachhaltig und langfristig Höchstleistung mit wertvollen Ergebnissen erbringen wollen.

Tipp: Wenn die U’s aktuell nicht erfüllt werden, sorgen Sie dafür, dass sich die Rahmenbedingungen mit der Zeit verändern.

Wichtig: Moderne Führung gelingt niemals im Alleingang. Deshalb achten Sie immer darauf, dass auch die U’s Ihres Teams erfüllt werden.

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4. Rahmenbedingungen für agile Führungsmethoden abgleichen

Nun können Sie Ihre eigenen Anforderungen mit den Bedingungen Ihres Umfelds abgleichen:

  • Gibt es hier eine Prozessdenke?
  • Oder eher eine konservative Denkweise, die starre Hierarchien bevorzugt und einhalten will? Dies ist häufig in eher konservativen Branchen, wie Krankenhaus oder Pharmabereich, der Fall.
  • Haben Sie Einflussmöglichkeiten auf Ihr Umfeld?

Fragen Sie sich: Was kann ich selbst in meinem Umfeld dazu beitragen, damit sich die Bedingungen so ändern, dass ich Höchstleistungen abrufen kann? Agile Führungskultur ist in diesem Punkt zum Beispiel von Regeln geprägt, nach denen sich alle richten, um gemeinsam das Beste herauszuholen.

Vergleichen Sie dies mit einem gemeinsamen Spiel: Wenn Ihre Mitarbeiter wissen, dass sie sich in Monopoly befinden, ist es für sie leichter, sich darauf einzulassen. Wissen sie es nicht, spielt der eine vielleicht Skat, der nächste Mensch Ärgere Dich nicht. Ein gemeinsames Spiel und Ergebnis sind so nicht möglich. Formulieren Sie die Spielregeln, die für das Spiel in Ihrer Mannschaft gültig sind.

Das bedeutet zum Beispiel auch, dass sie bei Anfragen anderer Abteilungen auch mal Nein sagen dürfen. Vor allem, wenn sie mit Extraaufträgen überhäuft werden oder sie schlecht vorbereitete Aufträge erhalten. Die Mitarbeiter entwickeln dadurch auf der einen Seite mehr Souveränität, weil sie lernen, sich gegenüber unverschämten Aufträgen zu schützen.

5. Ein Muss: der Wille zur agilen Führung

Sehen Sie sich nur als Führungskraft oder wollen Sie sich engagiert und aktiv für eine moderne Führung einsetzen? Wenn Sie sich wirklich engagieren, dann brauchen Sie dazu das passende agile Team. Dazu gehören Menschen mit den passenden Werten – im Zuge agiler Führung, zum Beispiel Mitarbeiter der Generation Y. Der Erfolg eines modernen Führungsstils hängt davon ab, ob Ihr Team dieses agile Führungsmodell auch leben will.

Finden Sie also Antworten auf die Frage: Welche Art von Menschen brauche ich, damit mit agiler Führung gute Ergebnisse eingefahren werden? Ist ein Mitarbeiter nicht für agile Teamarbeit zu begeistern, weil er seine Freiheit und Unabhängigkeit über alles liebt und gemeinsame Absprachen lästig findet? Dann vergessen Sie es. Aber möglicherweise können Sie Einfluss nehmen. Gestalten Sie Ihr Team selbst. Bauen Sie nötigenfalls eine neue Mannschaft auf.

Wichtig: Es geht darum, Mitarbeiter mit ähnlichen Werten zu finden. Die fachlichen Kompetenzen sollten allerdings unterschiedlich sein. Im Zuge einer agilen Führung ist es noch wichtiger, dass sich Fähigkeiten ergänzen, um ein optimales großes Ganzes zu entwickeln.

6. Personalauswahlverfahren für agile Führungsmethoden

In einem mehrstufigen Feedback- und Auswahlprozess sollten Sie die Anforderungen an die Kandidaten, ihre formulierten Wünsche und die Persönlichkeitsprofile miteinander abgleichen.

Lassen Sie ihn vor den Vorstellungsgesprächen einen Bewerbungsbogen mit Selbstdarstellung ausfüllen:

  • Wer bin ich?
  • Was will ich?
  • Wofür stehe ich?

Danach machen Sie die Werte-Analyse mit einem professionellen Verfahren, wie dem Reiss Profile . Daran anschließend führen Sie mit den Bewerbern ein Auswertungsgespräch.

Sie werden so manches Mal staunen, welche Formulierungen der Selbstanalyse entstammen. Meist ist es eine Aneinanderreihung von hippen Eigenschaften, die so gar nichts mit dem Persönlichkeitsprofil zu tun haben.

Jetzt ist es wichtig, die Differenzen und Widersprüche aufzulösen. Was glauben Sie, ist echt? Die Selbstdarstellung oder die Auswertung aus der Werte-Analyse? Wenn Sie sich nicht sicher sind, was Sie glauben sollen, lassen Sie sich Beispiele geben: Zum Beispiel sagt Ihr Kandidat, dass er Menschen begeistern kann. Bitten Sie um ein konkretes Beispiel. Lassen Sie ihn erzählen. Dabei achten Sie bitte immer wieder darauf: Was hat Ihr Kandidat konkret getan, dass die Mitarbeiter begeistert waren? Falls er Nebelkerzen wirft, hinterfragen Sie das Gesagte. Und, zwar so lange, bis Sie konkret verstehen, wie er seine Mitarbeiter begeistert hat.

Denn Sie wollen in Ihrem Team bestimmt keinen Blender haben, der Ihnen im Zweifelsfall das Projektergebnis verdirbt. Verzichten Sie lieber auf einen solchen genialen Typen und suchen Sie weiter. Bis Sie eine engagierte Persönlichkeit gefunden haben, der vielleicht noch etwas Wissen fehlt, die aber von der Einstellung und von den Werten her genau zu Ihnen, zu Ihrem Team und zu Ihrem agilen Führungsstil passt.

7. Ein agiles Team, das mitzieht

Hierarchiefreie Führung, agile Führung oder eine Netzwerkstruktur können ein echter Wettbewerbsvorteil sein. Allerdings funktioniert das nur mit einer Mannschaft, die mitzieht und die mit agilen Führungsmethoden etwas anfangen kann. Wenn Sie die Positionen auch noch mit Mitarbeitern besetzen, die neben der passenden Einstellung ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten bestmöglich für das gesamte Team einsetzen können, winkt Ihnen eine erfolgreiche Zukunft.

https://itwelt.at/news/neue-vertragsmodelle-so-rechnen-sie-agile-projekte-ab/

8. Agil und trotzdem Einfluss

Ein Hinweis für alle Führungskräfte: Haben Sie keine Angst, dass Sie mit einem agilen Führungsstil keinen Einfluss mehr haben werden.

In unzähligen Coaching-Prozessen habe ich beobachtet:

  • Einfluss haben wollen, hat nicht unbedingt etwas mit Personalverantwortung zu tun.
  • Führung hat nicht unbedingt etwas mit Dominanz zu tun.
  • Führung hat allerdings sehr wohl etwas damit zu tun, dass ich gemeinsam mit Mitarbeitern oder Kollegen Ergebnisse erreiche. Die Organisationsform ist dafür erst einmal zweitrangig. Wenn ich anderen keinen Raum geben möchte oder kann, werde ich als Führungskraft immer Schwierigkeiten bekommen, ganz gleich, ob in hierarchischer Struktur, Netzwerkorganisation oder agiler Führung.

9. Die Spitze muss Vorbild sein

Ein wichtiger Hinweis, wie die Entwicklung, respektive Veränderung, gelingt:

  • Nur die Spitze kann (neue) Spielregeln vorgeben, die von allen getragen und umgesetzt werden.
  • Befinden Sie sich nicht an der Spitze, können Sie wie folgt vorgehen: Finden Sie mindestens Einen, der das, was Sie tun, gut findet und gewinnen Sie Fans und Verbündete. Wenn Ihre Idee für die meisten mehr Vorteile als Nachteile bringt, wird sich im Lauf der Zeit eine Veränderung in Richtung agile Führung zeigen.

Ungeachtet aller genannten Hinweise ist eines Pflicht: Wenn Sie nicht vorleben, was Sie predigen, dann werden alle Bemühungen im Sande verlaufen. Dies ist auch der Grund, weshalb viele proklamierte Entwicklungen in Unternehmen nicht funktionieren. Sie werden nicht wirklich von der Spitze mitgetragen und gelebt.

10. IT-Unternehmen sind Vorreiter

Grundsätzlich sind diese Ausführungen nicht auf die IT-Welt beschränkt. Jedoch haben die IT‚ler durch die sich dort schnell verändernden Rahmenbedingungen naturgemäß einen großen Vorsprung vor anderen Branchen. Im flexiblen IT-Umfeld treffen Sie in der Regel auf ein deutlich größeres Interesse an agiler Führung als in anderen Bereichen. Mit der Anwendung von Methoden wie Scrum oder Kanban kommen Sie der Idee der agilen Unternehmensführung schon recht nahe.

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Auch wenn uns noch ein langer Weg in Richtung agiler Unternehmensführung bevorsteht, bin ich davon überzeugt: Wir werden um diese Entwicklung nicht umhinkommen. Gestalten Sie Ihren agilen Weg mit dem Wissen, dass dies ein Prozess ist und das gewünschte Ergebnis nicht von heute auf morgen zu erreichen ist.

*Gudrun Happich ist seit rund 20 Jahren Führungskräfte-Coach sowie Sparringspartnerin für Top-Manager und Leistungsträger in Schlüsselpositionen. Die Diplom-Biologin und Inhaberin des Galileo Instituts für Human Excellence blickt selbst auf langjährige Führungserfahrung zurück und war unter anderem als Geschäftsführerin verantwortlich für mehr als 1.000 Mitarbeiter im DACH-Raum. Gudrun Happich ist Autorin mehrerer Bücher.


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