Agile Methoden liegen weiterhin im Trend. Wir verraten Ihnen, was Scrum von Kanban unterscheidet. [...]
Die projektbezogene Arbeit nimmt in allen Ländern und Branchen stetig zu – ein Trend, der seit Längerem zu beobachten ist. Ziel ist es, die Effizienz und das zielgerichtete Handeln der Mitarbeiter zu fördern. Dieser Wandel hat zur Folge, dass den unterschiedlichen Ansätzen im Projektmanagement eine größere Bedeutung zukommt. Heute sind nicht nur klassische Methoden weit verbreitet, sondern gibt es auch neue Ansätze, einschließlich des agilen Projektmanagements. Letzteres ist übrigens nicht nur in Projekten zur Softwareentwicklung anwendbar, auch wenn es ursprünglich aus diesem Bereich stammt. Agiles Projektmanagement ist auf jedes Projekt übertragbar, das einen gewissen Grad an Komplexität aufweist.
Digitalisierung treibt agiles Projektmanagement
Die Geschwindigkeit des Wandels und die Vielfalt des digitalen Geschäftsverkehrs führen zu einer zunehmenden Kluft zwischen Business und IT. Nicht nur das Geschäft mit der Softwareentwicklung ist einem sich immer schneller verändernden Marktumfeld ausgesetzt, auch das Business wird mit folgenden Anforderungen konfrontiert:
- Schnellere Veränderungen im Unternehmen und daraus resultierende verkürzte Produktzyklen und Time-to-Market-Dauer.
- Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen wie Lot Size One und neue Konsumgewohnheiten.
- Unvermeidliche Technologieeinbindung, das heißt disruptive und dynamische Veränderung der technologischen Fähigkeiten (Skill Shift).
- Vielfältige digitale Geschäftsmöglichkeiten, die auf Technologien wie KI und IoT basieren, sowie verbesserte Produkte und Dienstleistungen durch Analytics-Verfahren.
Je unsicherer der Sektor ist, in dem ein Projekt durchgeführt wird, desto schwieriger ist es, ein solches Projekt zu planen oder sich an einen solchen Plan zu halten. Darin liegt jedoch eine der Hauptstärken des agilen Projektmanagements. Um Projekte in dieser komplexen Welt, die mehr denn je von Unsicherheiten und Risiken geprägt ist, erfolgreich zu managen, sind Kenntnisse in agilem Projektmanagement und Lean Management erforderlich. Zunehmende Komplexität ist hierbei die Herausforderung.
Planung wird nicht überflüssig – im Gegenteil: sie ist wichtig. Bei komplexen Projekten ist es jedoch nicht möglich, mit einem großen Plan zu agieren. Um das Projektziel zu erreichen, ist eine häufigere und segmentierte Planung erforderlich, wie zum Beispiel ein dreiwöchiger Sprint-Plan. Es reicht für Projektmanager nicht aus, das Vorhaben mit einer umfangreichen Planungsphase zu Projektbeginn zu starten und sich an einen Plan zu halten, der nicht erfüllt werden kann. Es ist nicht erforderlich, umfangreiche Anforderungsdokumente, Spezifikationen sowie Lasten- und Pflichtenhefte zu formulieren.
Agiles Projektmanagement ist die Antwort auf Komplexität. Agil sein, heißt auf Veränderungen reagieren zu können. Agiles Projektmanagement steigert die Leistung der Projekte und ermöglicht eine schnelle und effiziente Umsetzung (schnellere Auslieferung eines Produkts), Innovationsübernahme und Verbesserung der Skalierbarkeit (Reaktion auf veränderte Anforderungen und Projektausrichtung).
Scrum und Kanban – agile Methoden im Überblick
Zwei der gängigsten agilen Projektmanagement-Methoden sind Scrum und Kanban. Beide unterstützen die Prinzipien und Werte des agilen Manifests. Und beide Verfahren zielen darauf ab, komplexe Herausforderungen mit einem klaren Blick auf den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt eines Projekts zu erfassen und diese effektiv und menschlich anzugehen, indem sie flexibel auf Veränderungen reagieren und eine größere Kontrolle haben als andere Methoden.
Diese Prinzipien und die nicht reflektierte Anwendung der Methoden allein garantieren jedoch nicht den Erfolg eines agilen Ansatzes. Hier liegt das größte Missverständnis beim Einsatz von Tools für die agile Produktentwicklung. Nur Disziplin, Kommunikation und hohe Motivation können Hindernisse beseitigen, Verschwendung vermeiden und ein Projekt zum Erfolg führen. Es sind die einzelnen Projektmitglieder, die Framework füllen und die Prozesse gestalten. Agile Methoden sind leicht zu verstehen, aber schwer zu beherrschen, da sie auf einem System von zusammenarbeitenden Komponenten beruhen, insbesondere auf den Personen, die in einem Projekt zusammenarbeiten.
Scrum und Kanban – Gemeinsamkeiten:
- beide Methoden arbeiten nach dem Pull-Prinzip: im Scrum Framework wird es für die Sprint-Planung verwendet, in Kanban für das gesamte Board.
- Scrum und Kanban sind sowohl lean als auch agil.
- Die Teams organisieren sich selbst.
- In Scrum und Kanban wird der Release Plan optimiert: Scrum verwendet hierfür Team-Velocity, Kanban bedient sich der Lead-Time.
- „Limit your WIP“ heißt es im Kanban bei Statusübergängen. WIP steht für Work In Progress und die Aufforderung sagt im Wesentlichen: Nicht zu viel auf einmal. In Scrum limitiert der Sprint die Anzahl der zu erledigenden Aufgaben.
- Beide Vorgehensmodelle setzen darauf auslieferbare Softwareinkremente schnell und oft zu releasen.
- Durch Transparenz sollen Optimierungspotentiale aufgezeigt und dadurch Effizienzsteigerungen herbeigeführt werden. In Scrum forciert dieses Thema im Wesentlichen der Scrum Master, in Kanban wird es durch die Stakeholder und das Management getrieben, sofern durch WIP-Limits die Bottlenecks aufgezeigt werden.
Scrum und Kanban – der maßgebliche Unterschied:
In Kanban ist keine fest zugeordnete Rolle definiert, aber die Erfahrung zeigt, dass die Implementierung einer agilen Methode ohne den Einsatz eines agilen Trainers häufig zu einer Verdünnung führt und nicht zum gewünschten Erfolg führt.
Die Produktverantwortung trägt in Scrum der Product Owner. In Kanban wird nicht vorgeschrieben, wer die Definition und Priorisierung der Anforderungen übernimmt.
Scrum vs. Kanban – agile Methoden im Vergleich
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Methoden besteht darin, dass sich Scrum auf die iterative Produktentwicklung und Kanban auf die kontinuierliche Prozessverbesserung konzentriert. Mit Scrum ist es daher möglich, das vom Kunden gewünschte Produkt zu entwickeln. Bei Kanban liegt das Augenmerk im Projekt auf kurzen Vorlaufzeiten und der Vermeidung von Makulatur. Kanban konzentriert sich darauf, die Schwachstellen und Engpässe des Prozesses aufzudecken. Während Scrum pro Sprint auf ein in sich geschlossenes Produktinkrement hinarbeitet und das Produkt Iteration für Iteration erweitert und verbessert wird, ist Kanban bestrebt, den Prozessfluss zu optimieren.
Framework-Vorgabe | Scrum | Kanban |
Servant Leadership | Scrum Master | Benötigte Rollen, initial keine Rollen vorgeschrieben |
Produkt-Verantwortung | Product Owner | Existierende Rollen werden übernommen |
Teams | 3-9 Personen („2-Pizza-Regel“), cross-functional, kollaborativ | keine Vorgaben bei Teamgröße, cross-functional oder spezialisiert, Pull-Mechanismus |
Framework-Vorgabe | Scrum | Kanban |
Timebox | Täglich im „daily standup meeting“ | Keine Vorgaben |
Austausch | Team-retroperspektive nach jedem Sprint | Keine Vorgaben (nicht zu lange Abstände) |
Steering (Kunde & Stakeholder) | Review-Meeting nach jedem Sprint | Keine Vorgaben |
Team-Forecast | Vor jedem Sprint im Sprint Planning des Teams | Keine Vorgaben (Nachschub-Meetings müssen regelmäßig stattfinden) |
Framework-Vorgabe | Scrum | Kanban |
Anforderungsliste | Product Backlog | Backlog (auf Board geführt) |
Lieferzyklus | Sprint | Bestimmt von der Durchlaufzeit des Tickets |
Board | Sprint Backlog; ein Scrumboard ist optional und wird zu jedem Sprint neu mit Arbeitspaketen bestückt | Kanban-Board (dauerhaft: wird erst mit Beendigung des Produkts/Projekts gelöscht) |
Lieferung | Potentially Shippable Product Increment | Abgearbeitete Tickets (Arbeitspakete) |
Metriken | Velocity | Lead Time, Cycle Time, WIP |
Kanban oder Scrum?
Kanban eignet sich durch das Kernprinzip der kontinuierlichen Verbesserung als Methode in einem steuerbaren Softwareprozess. Kanban wird häufig in Support- oder Wartungsteams eingesetzt, wo die lösenden Aufgaben kompliziert, aber in der Regel nicht komplex sind (wie zum Beispiel Software-Rollouts oder Wartungsarbeiten). Kanban konzentriert sich auf Prozesseffizienz und Produktivitätssteigerungen.
Scrum hingegen konzentriert sich auf komplexe Softwareentwicklung. Scrum kann seine Stärken voll entfalten, wenn es in einem Umfeld eingesetzt wird, in dem ein neues komplexes Softwareprodukt oder eine Serviceleistung entwickelt werden soll. Scrum wird häufig in der Forschung und Entwicklung eingesetzt, wo empirisches Vorgehen auf der Agenda steht. Durch den Einsatz von Scrum in interdisziplinären Teams mit kurzen Feedback-Zyklen lässt sich das richtige Produkt mit überschaubarem Aufwand entwickeln.
*Sabine Frömling ist Autorin zahlreicher Beiträge rund um die Themen IT-Sicherheit, Projektmanagement, Providersteuerung/Outsourcing, digitale Transformation und diverse Managementinstrumente. Sie ist seit 15 Jahren in der Steuerung und dem Management von IT-Projekten, IT-Programmen und IT-Portfolios tätig.
Hallo Sabine. Dein Artikel ist sehr aufschlussreich und zeigt die Unterschiede zwischen den agilen Methoden deutlich auf. Ich nutze selbst gerne agile Methoden für meine Projekte. Wir haben hierzu einen Artikel mit einer Übersicht. Wir hoffen anderen Unternehmen bei der Entscheidung, welche Methode die richtige ist, helfen zu können. Ich freue mich über jedes Feedback! https://zenkit.com/de/blog/ein-einblick-in-die-agilen-methoden/