Agile Projektarbeit richtig orchestrieren

Die agile Transfomation bildet eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung. Doch Agilität heißt nicht grenzenlose Freiheit und Chaos. Agilität will gut orchestriert sein. [...]

Die agile Transformation will sorgfältig und einfühlsam orchestriert sein (c) pixabay.com

Hand aufs Herz: Alle wollen heute ein wenig „agile“ sein. Viele Unternehmen arbeiten parallel zu ihrer digitalen Transformation auch an ihrer agilen Transformation. Das hat gute Gründe, lassen sich doch Effektivität und Effizienz in den meisten Organisationen signifikant steigern. Insofern ist Agilität in Unternehmen längst nicht mehr nur ein Thema für Exoten, sondern zum Allgemeingut geworden.

Während die Verantwortlichen in den Führungsetagen dies als positive Weiterentwicklung werten, zeigt eine Studie von Horn & Company, dass Mitarbeiter auf operativer Ebene oft eine realistischere Einschätzung teilen. Sie haben inzwischen erfahren, dass Agilität deutlich mehr bedeutet, als sich das Etikett „agil“ auf sein Moleskine-Management-Buch zu schreiben.

Agile Projektarbeit – Widersprüche auflösen

Agilität = Freiheit? Mitnichten. Agile Veränderungsarbeit ist bei der Team- und Einzelleistung von solcher Transparenz geprägt, dass den Mitarbeitern oft schwindelig wird. Alle zwei bis drei Wochen sind Ergebnisse abzuliefern. Das Verfehlen dieses Zieles ist unmittelbar für alle transparent und nicht, wie früher, erst am Ende eines langen Zeitraums, der unter Umständen mehrere Jahre andauern kann. Wegducken gilt also nicht. Insofern tun Unternehmen gut daran, der agilen Veränderungsarbeit einen entsprechenden Portfoliorahmen zu geben sowie agile Projekte einem regelmäßigen „Health Check“ zu unterziehen.

Der Begriff „Agilität“ verbindet kurze Entwicklungs- und Auslieferungszyklen, einen hohen Interaktionsgrad von Beteiligten unterschiedlicher Disziplinen sowie schnelles und direktes Feedback von Kunden und Geschäftspartnern. Anstelle von langwierig erstellten und umfangreichen Dokumentationen treten sogenannte Minimum Viable Products (MVP’s), mit denen ein entsprechendes Erlebnis verbunden ist.

Immer mehr Unternehmen übernehmen diese Art von Arbeit in Ihre Projekte. Doch ist ein Projektsetting der passende Rahmen für agiles Vorgehen? Ja und Nein. Ein Projekt stellt sozusagen die kleinste Einheit für die Anwendung von agilen Methoden dar. In oft überschaubarem Rahmen lassen sich die agilen Elemente einsetzen und dem Unternehmenskontext entsprechend anwenden. Dies ist für viele auch wenig neu.

Doch Unternehmen tun sich oft schwer, einen verlässlichen und verständlichen Rahmen jenseits einer Projekt-Ebene zu schaffen. Je höher die Geschwindigkeit der Digitalisierung wird, desto klarer muss der Kurs für ein Projekt gesteckt werden. Hier bedarf es der Auswahl und Einführung geeigneter Rahmenmodelle wie zum Beispiel dem „Essenz-Modell“. Dabei wird ein einheitlicher Schirm über alle Projektaktivitäten gespannt, indem es konsequent Inhalte (Was?) von Abläufe (Wie?) trennt. So gelingt es den meisten Unternehmen auch ihre agilen Projekte auf Spur zu halten.

Transformationsportfolio agil planen und steuern

Agile Transformation beginnt bei der effektiven Planung und Steuerung des Transformationsportfolios. Der digitale Wunschzettel übersteigt jedoch oft die verfügbaren Budgets. Und auch wenn ausreichend Budget vorhanden ist, mangelt es vielfach an den erforderlichen Ressourcen und Skills. Im Ergebnis zeigt sich symptomatisch ein „Innovationsstau“. Die Unternehmen leiden an „Verstopfung“ bezüglich der anstehenden und notwendigen Veränderungen. Hier kann ein agiles Management des Transformationsportfolios Abhilfe schaffen. Dies umfasst

  1. die Aufwertung von Rolle und Governance von Planungs- und Steuerungsaufgaben,
  2. den Einsatz von flexiblen und unterjährigen Planungs- und Steuerungsmechanismen,
  3. die Festlegung und Priorisierung von Transformationsvorhaben und
  4. den engpassorientierten Einsatz von Ressourcen.

Dadurch bekommen Unternehmen den aus KANBAN bekannten „Work in Progress“ in den Griff. Im Ergebnis wird der Durchsatz an Veränderungsprojekten gesteigert und in Summe der Mehrwert aus den Transformationsprojekten maximiert.

Agiler „Health Check“ durchführen

Agile Projekte klappen nicht per Fingerschnippen. Agile Transformation bedeutet am Ende mehr, als ein Projekt mit Hilfe von Scrum oder einer anderen agilen Methodik durchzuführen. Insofern sind Scrum-Master in Projekten notwendig, aber bei einer Skalierung auf Unternehmensebene bei weitem nicht hinreichend. Aktuell mehren sich die Stimmen, dass auch agile Projekte ihre Tücken haben.

Für Unternehmen ist es deshalb lohnenswert, auch ihre agilen Projekte in regelmäßigen Abständen einem „Health Check“ im Sinne einer Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen. Ein solcher kann die Erfolgswahrscheinlichkeit für agile Projekte signifikant steigern. Dies gelingt nur durch Berücksichtigung fachlicher und technologischer Gesichtspunkte. Das minimal-invasive Vorgehen stellt sicher, dass die agilen Prinzipien, wie zum Beispiel die Verortung der Verantwortung im Team gewährleistet bleiben und nicht durch Management-Intervention ausgehebelt werden.

Orchestrierung der agilen Transformation

„Probleme kann man nicht mit denselben Denkweisen lösen, durch die sie entstanden sind.“ Gemäß diesem Zitat von Albert Einstein stellt sich für viele Verantwortliche die Frage, woher neue, innovative Impulse ins Unternehmen kommen sollen. Hier wird mit Agilität sicher ein neuer Weg geebnet und die Welt im Unternehmen ist nachher nicht mehr so, wie sie vorher war.

Die agile Transformation ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung. Unternehmensweite Agilisierung ist dafür passgenau zu orchestrieren. Am Ende gibt es eine einfache agile Erfolgsformel:

  • Stellen Sie „Fortschritt“ und „Gesundheit“ ihrer agilen Transformationsprojekte in einer Art und Weise dar, die wirklich jeder verstehen kann. Schaffen Sie die erforderliche Transparenz auf allen Ebenen.
  • Lösen Sie sich von dogmatischen Diskussion im Spannungsfeld von nicht-agilem und agilem Arbeiten, indem die Leitplanken als Rahmen fixiert werden und das Vorgehen den Verantwortlichen überlassen wird.
  • Ermitteln Sie auf einfache Art und Weise, welchen Fortschritt die agilen Teams bisher erzielt haben (unabhängig davon, ob nicht-agil, hybrid oder agil) und wo es gegebenenfalls Barrieren geben wird.
  • Managen und beherrschen Sie ihre agilen Transformationsrisiken von Anfang an und bei der unternehmensweiten Skalierung.

*Oliver Laitenberger leitet bei der Managementberatung Horn & Company das Kompetenzzentrum Digitalisierung und Technologie.


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