Wissenschaftler der Carnegie Mellon University (CMU) in Pittsburgh haben einen neuartigen Computeralgorithmus entwickelt, der einigen Patienten bei Notfällen in Krankenhäusern in Zukunft das Leben retten könnte. [...]
Konkret geht es dabei um solche Fälle, die von Ärzten und Krankenhauspersonal mit dem speziellen Notfall-Code „Code Blue“ kategorisiert werden. Dazu gehören etwa akute Herz- oder Atemstillstände, die eine sofortige Reanimation der Betreffenden erfordern. Solche lebensbedrohlichen Situationen sollen sich nun mithilfe des neuen Algorithmus im Idealfall schon bis zu vier Stunden vor deren eigentlichem Auftreten vorhersagen lassen.
„Unser Ziel war es, zu zeigen, ob ein Computer vorhersagen kann, wann diese Notsituationen eintreffen“, zitiert der NewScientist den verantwortlichen Projektleiter Sriram Somanchi, PhD-Student am Machine Learning Department der Carnegie Mellon University. Bislang müsste das Personal in Krankenhäusern auf sogenannte „Modified Early Warning Scoreboards“ zurückgreifen, die auf Basis der aktuellen Vitalwerte eines individuellen Patienten eine grobe überschlagsmäßige Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines derartigen Ernstfalls erlauben. „Mithilfe des neuen Algorithmus sollen diese Prognosen letztendlich wesentlich genauer und früher erfolgen können“, so Somanchi.
Um sein ambitioniertes Ziel erreichen zu können, hat der CMU-Forscher gemeinsam mit seinem Team einen selbstlernenden Algorithmus mit Daten von insgesamt 133.000 Patienten gefüttert. Diese stammen aus vier verschiedenen Krankenhäusern Chicagos und wurden im Zeitraum zwischen 2006 und 2011 gesammelt. Darin enthalten sind sowohl Informationen über den Gesundheitszustand vor dem Eintreten eines akuten Notfalls als auch danach. „Wir mussten zunächst verstehen, was genau mit Code-Blue-Patienten passiert, bevor es zu einem ernsten Zwischenfall kommt“, erläutert Somanchi die Herangehensweise.
Dabei stellte sich heraus, dass es im Untersuchungszeitraum tatsächlich 815 Mal zu einem „Code Blue“ gekommen war. Bei einer Auswertung der gesammelten Daten konnte der Computeralgorithmus unter Verwendung von 72 unterschiedlichen Vitalparametern wie Herzschlag, Blutdruck oder Butzuckerspiegel in rund zwei Dritteln der Fälle einen künftigen Notfall korrekt vorhersagen. In einigen Beispielen funktionierte das sogar bis zu vier Stunden vor dem eigentlichen Eintreten des Problems. Im Vergleich dazu schafft es die zurzeit gängige Scoreboard-Variante gerade einmal auf eine Trefferquote von 30 Prozent.
Laut Somanchi ist die Entwicklung des Algorithmus gegenwärtig aber noch lange nicht abgeschlossen. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Im Moment liefert unsere Software noch in 20 Prozent der Fälle einen Fehlalarm“, schildert der Wissenschaftler seinen nächsten Ansatzpunkt für Verbesserungen. Um die Zielgenauigkeit zu erhöhen, will er den Algorithmus so bald als möglich auch mit Patientendaten aus weiteren Krankenhäusern trainieren lassen, kündigt Somanchi an. (pte)
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