Als ITler im B2B-Vertrieb?

"Vielleicht sollte ich im Vertrieb arbeiten?" – das dachte schon so manch Programmierer und Entwickler. Denn im Vertrieb winkt oft eine bessere Bezahlung. Doch nur wenige Informatiker verfügen über die Fähigkeiten und Eigenschaften, die ein Vertriebsprofi braucht – speziell im Firmenkundengeschäft. [...]

Dass viele Unternehmen im Vertrieb – zumindest beim Anbahnen und Managen der Kundenkontakte und -beziehungen – primär auf Nicht-ITler und solche „Zwitter“ wie Wirtschaftsinformatiker setzen, hat laut Oliver Grün, Vorstandsvorsitzender des deutschen Bundesverbands IT-Mittelstand (BITMi), Aachen, auch folgenden Grund: Das Informatiker-Bild der Öffentlichkeit ist noch stark vom „Nerd“ geprägt – also dem blässlichen Jüngling, der am PC über irgendwelche technische Probleme grübelt und mit seiner Umwelt, wenn überhaupt, per Computer kommuniziert. Deshalb entschieden sich eher kommunikative Typen in der Vergangenheit meist gegen ein IT-Studium.

VERTRIEBLER BRAUCHEN EIN DICKES FELL

Auch wegen der in der Vergangenheit oft einseitigen Ausrichtung der Informatik-Studiengänge auf die Programmier-Tätigkeit fehlen vielen Informatikern heute gewisse Fähigkeiten, die Vertriebler brauchen. Dazu zählt nicht nur die Kenntnis der Geschäftsprozesse in Unternehmen. „Dieses Know-how haben sich viele Informatiker, die heute als Projektmanager arbeiten, im Verlauf ihres Berufslebens angeeignet“, betont Karl-Wilhelm Müller-Siebers, Präsident der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW), Hannover, die unter anderem die dualen Studiengänge „Wirtschaftsinformatik“ und „Angewandte Informatik“ anbietet – „ebenso das nötige betriebswirtschaftliche Know-how“. Das allein genügt aber nicht, um im Vertrieb erfolgreich zu sein. „Denn um ein Vertriebsprojekt zum Erfolg zu führen, benötigt man teils andere Fähigkeiten und Eigenschaften als um ein firmeninternes Projekt erfolgreich zu gestalten.“

Welche Skills dies sind, beschreibt Elisabeth Heinemann, Professorin für Schlüsselqualifikationen am Fachbereich Informatik der Fachhochschule Worms. Laut Aussagen der Diplom-Informatikerin, die den Karriere-Ratgeber für ITler „Jenseits der Programmierung“ schrieb, muss ein Vertriebler zum Beispiel Niederlagen gut wegstecken können. Nicht umsonst laute ein alter Spruch im Vertrieb: „Ein guter Vertriebler kommt, wenn er durch die Vordertür rausgeschmissen wurde, durch die Hintertür wieder herein.“ Denn die Kunden haben nicht immer einen Bedarf. „Entsteht jedoch ein neuer Bedarf – zum Beispiel, weil das Unternehmen sich neue Ziele setzte oder sein Markt sich wandelte – dann muss der Vertriebler auf der Matte stehen und sich als kompetenter Problemlöse-Partner erweisen“, betont Georg Kraus.

ITLER SIND ZU „WERTVOLL“ FÜR DEN VERTRIEB

Diese Ausdauer und Konsequenz hat nicht jeder. Deshalb empfiehlt Stefan Pfisterer jungen Informatikern, die sich als Entwickler wohlfühlen, eher nicht, eine Karriere im Vertrieb anzustreben – selbst wenn dort aufgrund der variablen Vergütungsanteile oft eine bessere Bezahlung lockt. Sie sollten eher darauf hinarbeiten, eine Teamleiter-Position oder eine Projektmanagement-Funktion zu übernehmen. Denn zumindest in solchen Großunternehmen wie der Software AG und SAP stehen heute auch Spezialisten attraktive Karrierewege offen.

Und die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten werden sich noch verbessern – auch außerhalb des Vertriebs. Davon sind alle befragten Experten überzeugt. Denn gute Informatiker und Entwickler sind rar. Viele Unternehmen sind heute bereits froh, wenn sie ausreichend Mitarbeiter mit dem benötigten IT-Know-how beispielsweise zum (Weiter-)Entwickeln ihrer Produkte haben. Entsprechend gering ist ihr Interesse daran, dass diese wertvollen, weil gesuchten Mitarbeiter fortan im Vertrieb arbeiten. Sie werden für andere Aufgaben gebraucht.

* Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH.


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