Amerikas Tech-Streit: Wähler sehen Vorteile, fürchten aber Regulierung

Eine aktuelle Umfrage unter registrierten US-Wählerinnen und -Wählern zeigt ein insgesamt positives Bild der amerikanischen Tech-Branche – gleichzeitig lehnt die Mehrheit regulatorische Eingriffe wie die Zerschlagung großer Tech-Unternehmen ab. ITWelt.at hat sich die Ergebnisse der Umfrage angesehen. [...]

Viele Nutzer denken bei Technologiefragen pragmatisch: Innovation, Sicherheit und Zugänglichkeit stehen im Vordergrund. (c) Pexels
Viele Nutzer denken bei Technologiefragen pragmatisch: Innovation, Sicherheit und Zugänglichkeit stehen im Vordergrund. (c) Pexels

Die von TechNet beauftragte und von Echelon Insights durchgeführte Befragung wurde zwischen dem 4. und 7. April 2025 unter 2.020 registrierten Wählerinnen und Wählern in den USA online erhoben. Sie untersucht Einstellungen zu Technologieunternehmen, zugehöriger Politik und politischen Präferenzen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Tech-Industrie aus Sicht vieler Amerikanerinnen und Amerikaner ein fester Bestandteil des Alltags ist, jedoch auch Sorgen im Hinblick auf internationale Konkurrenz, insbesondere durch China, bestehen. Ein Großteil der Befragten sieht in staatlichen Eingriffen wie Antitrust-Verfahren eher Risiken als Chancen.

Alltäglicher Nutzen überwiegt

Die Produkte und Dienstleistungen amerikanischer Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Meta, Apple und Co. sind für die überwiegende Mehrheit der Befragten ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens: 95 Prozent empfinden diese als nützlich, 74 Prozent sogar als sehr oder extrem nützlich. Insbesondere Google, Gmail und YouTube werden von mehr als drei Vierteln der Wählerinnen und Wähler wöchentlich oder häufiger genutzt. Auch Plattformen wie Amazon, Facebook und Instagram sind fest etabliert, während neuere oder internationalere Dienste wie WhatsApp weniger verbreitet sind.

Geringe Unterstützung für Antitrust-Maßnahmen

Zwar spricht sich etwa die Hälfte der Befragten grundsätzlich für Maßnahmen zur Begrenzung der Marktmacht großer Unternehmen aus, wenn es um die Tech-Branche im Speziellen geht, kippt dieses Meinungsbild jedoch deutlich. Nur ein Viertel unterstützt die Antitrust-Bemühungen der Biden-Regierung gegen Technologiekonzerne. Lediglich sechs Prozent nennen die Verfolgung solcher Verfahren als politische Priorität.

Besonders unter republikanischen Wählern ist die Ablehnung hoch: Nur neun Prozent befürworten die Fortführung von Zerschlagungsbestrebungen, 72 Prozent lehnen sie im Kontext internationaler Wettbewerbsfähigkeit explizit ab. Auch unter unabhängigen Wählerinnen und Wählern überwiegt die Skepsis (57 Prozent Zustimmung zur Aussage, dass dies US-Unternehmen im Vergleich zu China benachteiligt).

Sorge vor Chinas technologischem Vorsprung

Internationale Wettbewerbsängste spielen eine zentrale Rolle: 72 Prozent der Befragten äußern sich besorgt über die Möglichkeit, dass Länder wie China die USA bei Innovationen und in der Entwicklung künstlicher Intelligenz überholen könnten. Diese Sorge zieht sich über Parteigrenzen hinweg, fällt bei republikanischen Wählerinnen und Wählern mit 79 Prozent jedoch am stärksten aus.

Insgesamt sind 65 Prozent der Ansicht, dass harte Maßnahmen gegen US-Tech-Firmen das Land im globalen Wettbewerb schwächen, während China seine technologische Entwicklung vorantreibt.

Zerschlagung könnte Verbraucher schädigen

Auch aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher überwiegen potenzielle Nachteile einer Zerschlagung großer Tech-Konzerne. So fürchten 63 Prozent, dass dadurch Preise steigen oder bisher kostenlose Dienste wie Gmail oder WhatsApp künftig kostenpflichtig werden könnten. Ebenfalls 63 Prozent glauben, dass die Innovationskraft leiden würde, wenn große Firmen ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verkleinern müssten.

60 Prozent sehen auch eine Gefahr für die nationale Sicherheit, da eine Schwächung der US-Tech-Industrie Raum für chinesische Anbieter eröffnen könnte, die möglicherweise weniger sorgsam mit Nutzerdaten umgehen. Auch eine Angleichung an europäische Regulierungsansätze wird kritisch betrachtet: 59 Prozent meinen, eine stärkere Regulierung nach EU-Vorbild würde dem Unternehmertum in den USA schaden.

Wähler wollen keine Kandidaten mit Zerschlagungskurs

Die politische Relevanz dieser Haltung zeigt sich auch in der Bewertung von Wahlkandidaten. Nur 28 Prozent würden eine Kandidatin oder einen Kandidaten unterstützen, der für die Zerschlagung großer Technologieunternehmen eintritt – 43 Prozent würden dies hingegen als negativen Faktor bei ihrer Wahlentscheidung betrachten. Auch hier zeigt sich eine deutliche Ablehnung vor allem bei Republikanern (52 Prozent gegen zerschlagungsbefürwortende Kandidaten).

Im Umkehrschluss sprechen sich 54 Prozent dafür aus, großen US-Tech-Konzernen weiterhin Wachstum und Innovation zu ermöglichen, statt sie staatlich einzuschränken.

Schwerpunkt liegt auf Verbraucher- und Datenschutz

Fragt man die Wählerinnen und Wähler, welche Prioritäten die Regierung im Umgang mit der Tech-Branche setzen sollte, so steht Verbraucherschutz an erster Stelle (27 Prozent). Danach folgen Themen wie die Förderung von Innovation und technologischem Fortschritt (14 Prozent) sowie der Umgang mit künstlicher Intelligenz (ebenfalls 14 Prozent). Die Zerschlagung von Tech-Firmen nennen lediglich vier Prozent als wichtigste Aufgabe der Politik in diesem Bereich.

Wahrnehmung der Meinungsfreiheit hat sich verändert

Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent glaubt, dass die amerikanische Tech-Branche heute offener gegenüber Meinungsfreiheit ist als noch vor fünf Jahren. Unter republikanischen Wählerinnen und Wählern liegt dieser Wert mit 59 Prozent noch höher. Gleichzeitig stimmen 53 Prozent der Aussage zu, dass die US-Regierung in der Vergangenheit unzulässigen Druck auf Tech-Konzerne ausgeübt habe, um bestimmte Inhalte zu zensieren – insbesondere Republikaner teilen diese Ansicht (62 Prozent Zustimmung).

Politisches Umfeld spiegelt Polarisierung wider

Das allgemeine politische Klima in den USA bleibt angespannt. 52 Prozent der Befragten glauben, dass sich das Land auf dem falschen Weg befindet. Die Einschätzungen unterscheiden sich dabei stark je nach politischer Ausrichtung: Während 69 Prozent der Republikaner die Richtung als positiv bewerten, stimmen nur 12 Prozent der Demokraten zu.

Donald Trump erhält in der Umfrage unter allen Befragten eine geteilte Bewertung: 46 Prozent sind mit seiner Amtsführung einverstanden, 52 Prozent lehnen sie ab. Die Spaltung wird auch bei wirtschaftlichen Themen deutlich – so bewerten 44 Prozent Trumps Umgang mit der Wirtschaft positiv, 53 Prozent negativ.

Bevölkerung bleibt in Tech-Fragen pragmatisch

Die Analyse der offenen Antworten zeigt, dass viele Wählerinnen und Wähler bei Technologiefragen pragmatisch denken. Innovation, Sicherheit und Zugänglichkeit stehen im Vordergrund. Forderungen nach drastischen Maßnahmen wie der Zerschlagung großer Konzerne werden von der breiten Masse nicht unterstützt – zu sehr sind digitale Dienste im Alltag verankert und zu groß die Sorge, dass ein regulatorisches Vorgehen unbeabsichtigte negative Folgen haben könnte.

Diese Haltung zeigt sich quer durch alle Alters- und Einkommensgruppen. Unterschiede bestehen jedoch in der Intensität der Ablehnung, insbesondere abhängig von der Parteizugehörigkeit.

Das Fazit der ITWelt-Redaktion

Die Umfrage verdeutlicht, dass Technologieunternehmen in den USA stark im Alltag verankert sind und ihre Rolle überwiegend positiv bewertet wird. Zugleich zeigt sich ein tiefes Misstrauen gegenüber staatlichen Eingriffen, insbesondere wenn diese die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China gefährden könnten. Eine politische Agenda, die auf Zerschlagung und Einschränkung großer Tech-Konzerne setzt, dürfte bei vielen Wählerinnen und Wählern auf Ablehnung stoßen. Die Umfrage „National Tech Attitudes Survey“ kann hier heruntergeladen werden.


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