Android-Handys sollen Schwarze Löcher finden

Der durch das Projekt SETI@Home bekannt gewordene Informatiker David Anderson von der University of California in Berkeley will in Zukunft auch Android-Geräte zum Teil eines globalen Netzwerks machen, das Rechenleistung für wissenschaftliche Projekte wie die Suche nach Schwarzen Löchern bereitstellt. [...]

Immerhin gibt es nach jüngsten Google-Angaben schon 750 Mio. Smartphones und Tablets mit dem mobilen Betriebssystem – ein gewaltiges Rechner-Potenzial, das in Zukunft klassische Computer in den Schatten stellen dürfte. Daher arbeitet sein Team seit rund einem halben Jahr an einer Umsetzung seiner Software Berkeley Open Infrastructure for Network Computing (BOINC) für Android. Noch liegt diese nur in einer Testversion vor, doch soll es nicht mehr lange dauern, ehe eine für ein breiteres Publikum geeignete Release-Version entsteht. „Wir hoffen etwa zwei Monate“, meint Anderson gegenüber der Nachrichtenagentur pressetext. Mit entsprechenden Apps könnte das verteilte Rechennetz durchstarten.

Das SETI@Home-Projekt, bei dem User ungenutzte Rechenleistung ihres PCs freiwillig für die Suche nach Außeriridschen zur Verfügung stellen, ist 1999 gestartet. Es konnte bis 2004 – das Jahr, in dem auf die BOINC-Software umgestellt wurde – über fünf Mio. User anlocken. Doch die Glanzzeiten sind vorbei, heute ist BOINC auf weniger als 400,000 PCs installiert, berichtet Wired. Einen neuen Aufschwung erhofft sich Anderson nun von Android – immerhin boomen mobile Geräte. Schon 2011 wurden mehr Smartphones als Computer verkauft, in Sachen Rechenleistung stecken heutige Geräte die Computer aus SETI@Home-Frühzeiten locker in die Tasche.

Aufgrund von bisherigem Alpha-Feedback haben Anderson und sein Team bei der Android-Umsetzung von BOINC unter anderem dafür gesorgt, dass sie das Rechnen einstellt, wenn der Prozessor heiß läuft. Zudem soll die Software Budget und Akku schonen. Standardmäßig werden Daten daher nur übertragen, wenn eine WLAN-Verbindung besteht, und Berechnungen nur durchgeführt, während das Gerät auflädt. Anderson hofft indes darauf, dass die soziale Komponente mobiler Plattformen – etwa das Teilen von Apps und Benachrichtigungen – helfen wird, viele User anzulocken.

Geplant ist die Veröffentlichung von BOINC-Apps für Android, die Rechenleistung für Projekte wie Einstein@Home, das nach speziellen Neutronensternen und Schwarzen Löchern sucht, bereitstellen. Eine Umsetzung für iOS, damit auch iPhone- und iPad-User Rechenleistung stellen können, wird es aufgrund der restriktiven App-Store-Richtlinien hingegen nicht geben. „Das Ganze ist etwas konträr der offenen Philosophie von BOINC“, meint zudem Anderson.

Eine plattformunabhängige BOINC-Umsetzung wäre zwar prinzipiell denkbar. „Es gibt Leute, die mit Computing in JavaScript experimentiert haben, sodass man nur mit dem Browser eine bestimmte URL wählen muss“, erklärt Anderson gegenüber pressetext. Allerdings scheint das Konzept für seine Zwecke nicht praktikabel. Denn die wissenschaftlichen Anwendungen, die letztlich betrieben werden sollen, liegen in C oder dem außerhalb des akademischen Bereichs kaum relevanten FORTRAN vor. Außerdem wäre die Leistung nicht optimal, da bestimmte Hardware-Features wie Grafikkerne nicht oder nur schlecht genutzt werden können. (pte)


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