Der HomePod ist tot, lang lebe der HomePod mini. So schneidet Apples neuer Smartspeaker im Test ab. [...]
Als Apple verkündete, dass der erste, «große» HomePod eingestellt wird, kam das für viele überraschend. Die Optik, der Klang, die Funktionalität … an diesem Gerät stimmte einfach alles. Aber selbst nach einer Preissenkung war der HomePod mit rund 329 Euro immer noch relativ teuer. Denn er wurde nicht nur als Lautsprecher angepriesen, sondern auch als Gefäß für Siri: Wer sich also einen smarten Lautsprecher von Apple ins Schlafzimmer holen wollte, musste dafür tief in die Tasche greifen – denn die Kalifornier lizenzieren Siri nicht an andere Lautsprecher-Hersteller.
Diese Problematik hat Google längst erkannt: Der «Nest mini» (früher: «Home mini») ist mit dem Google Assistant ausgestattet und kostet etwa 59 Euro. Zwar klingt der Ton nach Konservendose, aber als einfacher Assistenzlautsprecher erfüllt er den Zweck alleweil. Und das fördert die Verbreitung.
Das musste auch Apple einsehen und handelte radikal: Der HomePod mini ersetzt den großen HomePod, der mit seinem Alter von über drei Jahren auch nicht mehr ganz taufrisch ist. Er wird jedoch noch einige Jahre lang mit neuer Software versorgt – und er klingt weiterhin unverschämt gut.
Ich wollte mir eine Woche nach der Abkündigung noch ein zweites Gerät ins Haus holen und musste leider feststellen, dass die Wiesen bereits abgegrast waren. Vermutlich hatten viele potenzielle Käufer auf einen Nachfolger gewartet und ergriffen jetzt die letzte Chance, noch ein Gerät zu ergattern. Dumm gelaufen.
Kleine Kugel, große Klappe
Am meisten unterscheidet sich der HomePod mini vom Google Nest mini beim Sound: Er klingt einfach hervorragend! Natürlich kann er es nicht mit dem großen HomePod aufnehmen. Aber in Anbetracht ihrer Größe liefert die Kugel angenehme, kräftige Bässe und klare Mitten auch bei geringer Lautstärke.
Das ist zu einem großen Teil dem hauseigenen S5-Chip geschuldet: Gemäß Apple analysiert er die Wiedergabe mehr als 180 Mal pro Sekunde und passt sich an die Charakteristik des Songs an. Dazu gehören subtile Änderungen bei der Lautstärke, Anpassungen beim Dynamikbereich und sogar die Voraussage der Bewegung des Treibers und der passiven Strahler. Der «Waveguide» leitet den Schall an der Unterseite des Lautsprechers ab. Daraus entstehen ein 360-Grad-Audiofeld und eine gleichmäßige Beschallung – egal, wo man sich gerade im Raum aufhält.
Das klingt ein wenig abgehoben; doch schlussendlich zählt nur das Resultat. Ein HomePod mini steht bei uns im Schlafzimmer und dient als Musikwecker – und das macht er wunderbar: Selbst auf sehr leiser Stufe klingt die Musik exakt so, wie sie zu unchristlichen Uhrzeiten klingen soll. Bässe bleiben Bässe, auch wenn sie sehr dezent daherkommen. Stimmen sind klar, wenn auch fast geflüstert.
Wird die Lautstärke voll aufgedreht, scheppert und überschlägt sich nichts. Natürlich reicht ein HomePod mini nicht, um ein ganzes Wohnzimmer mit Hi-Fi-Sound zu beschallen; aber ihn als «Küchenlautsprecher» zu beschimpfen, würde ihm nicht gerecht werden. Und wem das nicht reicht, der kann zwei HomePod mini zu einem Stereo-Paar verkuppeln. Beim Glace wirkt eine einzelne Kugel ja auch ein wenig verloren.
Als Quelle stehen mehrere Möglichkeiten offen. Eine direkte Musikauswahl ist nur über Apple Music möglich; daneben lässt sich der HomePod mini aber auch über AirPlay aus einer beliebigen App ansprechen. Dazu gleich mehr.
So weit, so gut, so Siri
Längst hat es sich auch in abgelegenen Gegenden herumgesprochen, dass Siri als Assistentin eher mittelprächtig funktioniert. Das ist auch auf dem HomePod mini nicht anders. Wir haben zuhause mehr als zwei Jahre lang Erfahrungen mit dem Google Assistant gesammelt, bevor wir die Lautsprecher durch HomePods (mini) ausgetauscht haben. Und ja, es stimmt: Der Google Assistant ist Siri nach wie vor deutlich überlegen. Vielleicht wird sich das auch nie ändern.
Aber (und das ist ein ziemlich fettes «Aber»): Die Zufriedenheit hängt von den Ansprüchen ab. Die meiste Zeit haben wir den Google Assistant mit den banalsten Aufgaben beschäftigt: Timer setzen, Wecker stellen, Musik abspielen und dergleichen mehr. Und all das meistert auch der HomePod mini mit Bravour. Das, was der Assistant besser kann, haben wir so gut wie nie in Anspruch genommen. Doch das kann bei Ihnen natürlich anders sein.
Dafür glänzt der HomePod mini mit einem hervorragenden Verständnis, was die Aktivierung anbelangt. Beim Kochen wird so manches Kommando der brutzelnden Wurst in der Pfanne zugerufen. Trotzdem reagiert die Kugel im Rücken einwandfrei. Dafür zeichnen drei Mikrofone und die dazu passende Signalverarbeitung verantwortlich. Ein viertes Mikrofon kümmert sich um die Echounterdrückung: Es ist schlicht erstaunlich, wie gut die Aktivierung funktioniert, während der HomePod mini bei der Musikwiedergabe alles gibt.
Und das macht den Umgang deutlich angenehmer als mit einem günstigen Google-Lautsprecher.
Unter Strom
Der HomePod mini wird über ein schickes, textil ummanteltes Kabel mit USB-C-Anschluss gefüttert. Dieses Kabel ist leider fest verdrahtet, sodass eine Verlängerung der Reichweite automatisch in eine hässliche Bastelei ausartet. Zum Lieferumfang gehört außerdem ein 20 Watt starkes USB-C-Netzteil. Mit HomePod OS 14.3 wurde die Grenze für die Wiedergabe jedoch auf 18 Watt herabgesetzt, sodass es jetzt möglich ist, den HomePod mini auch unterwegs mit einer ausreichend kräftigen Powerbank zu betreiben.
Internet-Radio, die Schweiz und der Rest der Welt
Wenn Sie den HomePod mini als Wiedergabegerät für Internet-Radio verwenden möchten, wird es unschön. Der kleine Lautsprecher ist offiziell nicht in der Schweiz erhältlich, obwohl er hierzulande einwandfrei und in Deutsch funktioniert, auch mit Siri. Sie können ein Gerät aus einem beliebigen Land importieren und müssen lediglich das USB-Netzteil tauschen oder einen Adapter verwenden.
Dass der HomePod mini in der Schweiz nicht erhältlich ist, hängt gemäß Apple mit Siri zusammen. (Also mit demselben Siri, das in der Schweiz sehr wohl funktioniert, zum Beispiel auf sämtlichen iPhones.) Weitere Ausführungen erspare ich mir an dieser Stelle, weil ich die Ausflüchte von Apple schon seit Jahren leid bin, genauer: seit dem Apple TV 4K ohne Siri. Aber das ist ein anderes Thema.
Jedenfalls wird der HomePod mini in den USA und in praktisch ganz Europa mit integriertem TuneIn Radio ausgeliefert – aber nicht in der Schweiz, der Siri wegen. «Spiele Radio Zürisee» würde zwar in Helsinki funktionieren, aber nicht am Zürisee. Stattdessen stellt Apple gerade einmal den Haussender «Music 1» zur Verfügung – und den will längst nicht jeder hören.
Audio-Wiedergabe für alles
Immerhin ist es ein Leichtes, die TuneIn-App auf dem iPhone zu starten und den Ton auf den HomePod mini umzuleiten. Dazu wird entweder der Lautsprecher in der Liste der Ausgabegeräte angewählt. Es reicht aber auch, das iPhone in die Nähe der Stoffkugel zu halten, damit die Ausgabe umgeschaltet wird.
Diese Audio-Umleitung gilt für alles: für jede App, für Musik, für (YouTube-) Videos und sogar für Telefongespräche. Mit «Rufe … an» initiiert der HomePod mini sogar via iPhone einen Anruf und macht sich sogleich zur Freisprecheinrichtung. Die Tonqualität am HomePod mini lässt nicht viel zu wünschen übrig. Am anderen Ende ist sie zwar nicht perfekt und manchmal hört man ein leichtes Echo, aber selbst ein längeres Gespräch ist problemlos möglich.
Pfeiler von HomeKit
Damit wäre alles über den Ton und die Bedienung gesagt. Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Der HomePod mini ist ein wichtiger Bestandteil des Smarthomes, wie es sich Apple vorstellt.
HomeKit-Zentrale. Einmal aktiviert, bietet sich der HomePod mini automatisch als HomeKit-Zentrale an, wie es schon sein großer Bruder getan hat. Das heißt, er kann das Zuhause steuern, wenn Ereignisse draußen stattfinden. Wenn sich also Herrchen mit dem Auto in einem bestimmten Radius nähert, sorgt der HomePod mini dafür, dass das Garagentor hochgefahren wird. Diese Funktion könnte auch ein Apple TV oder der alte HomePod übernehmen. Es spielt aber keine Rolle, welches Gerät die Aufgabe übernimmt und es gibt auch keine Einstellungen dazu. Es funktioniert einfach.
Audio. Jeder HomePod mini wird einem Raum zugeordnet und anschließend mit einem Kommando wie «Spiele Rock im Büro» aktiviert. Oder «Spiele Musik in der Küche und im Schlafzimmer». Wird einer der betroffenen HomePods abgeschaltet («Stopp!») verstummen auch die anderen Mitglieder der Gruppe. Dessen ungeachtet ist es auch möglich, eine beliebige Tonquelle über AirPlay an mehrere Geräte auszugeben: Lautsprecher, TVs, Receiver … alles, was sich im heimischen Netz so herumtreibt.
Wecker. Der HomePod mini ist natürlich auch ein Wecker. Dazu könnte ein Weckton verwendet werden oder Apples einzige autorisierte Radiostation für die Schweiz. Am schönsten weckt es sich jedoch mit einer eigenen Playlist, die in Apple Music zusammengestellt worden ist.
iPhone finden. Mit «Pinge mein iPhone an» wird das iPhone lokalisiert und ein Ton abgespielt, bis es entriegelt ist – vorausgesetzt, das Gerät befindet sich im selben Netzwerk.
Intercom
Das Intercom ist eine der neueren Funktionen, mit der die Kommunikation zwischen Zimmern und Etagen vereinfacht wird – und die kann auf der ganzen Linie überzeugen.
Um alle im Haus zu Tisch zu bitten, könnte der Befehl lauten: «Sag’ allen: Essen ist fertig!». Oder ein wenig konkreter: «Intercom mit Kinderzimmer: Entweder gibt’s da oben gleich Ruhe oder ich hetze euch die verdammte Katze auf den Hals!»
In beiden Fällen wird nach dem Kommando einfach die eigene Stimme übertragen, halt so wie bei einer Gegensprechanlage.
Das Beste aber: Der Dienst funktioniert auch von außerhalb. So kündigen Sie Ihr Kommen an, indem via iPhone eine Sprachnachricht an alle oder an bestimmte Räume abgesetzt wird. Nach wenigen Sekunden sind alle informiert. In den Einstellungen für das Zuhause werden jene Personen definiert, die sich mit Intercom verständigen dürfen. Das funktioniert übrigens auch mit dem großen HomePod.
Zielgruppen, Bezugsquellen und Fazit
Der HomePod mini ist ein rundum gelungenes Gerät und fügt sich nahtlos in den Apple-lastigen Haushalt ein. In Anbetracht der Größe ist die Soundqualität hervorragend, doch nicht nur die gefällt: Wer sich für die Themen «Smarthome» im Allgemeinen und «HomeKit» im Speziellen interessiert, findet sich hier auf einer hübschen Spielwiese wieder; hübsch auch deshalb, weil sich die kleine Textilkugel mit ihrem dezenten Äußeren in jede Einrichtung harmonisch einfügt.
Die Zielgruppe sind Anwender, die einen gleichermaßen günstigen als auch wohlklingenden Lautsprecher suchen, der sich von Apple-Geräten ansteuern lässt. Dazu braucht es im Prinzip nur einen der unzähligen Lautsprecher mit AirPlay-2-Unterstützung, aber es ist fraglich, ob es einen gibt, der bei diesen Abmessungen so gut klingt. Und vor allem ist der HomePod mini der einzige, der sich von Siri steuern lässt und nebenbei das smarte Heim überwacht.
Bezugsquellen
Der HomePod mini ist in der Schweiz nicht direkt über Apple bestellbar. Er lässt sich aber ohne Abstriche hierzulande verwenden, von der verweigerten TuneIn-Unterstützung abgesehen. Alle Geräte sind mit einem USB-C-Stecker versehen. Die deutschen Netzteile werden nicht mit einem hässlichen Schuko-Stecker ausgeliefert, sondern mit einem zweipoligen Stecker vom Typ J, wie er in der Schweiz üblich ist. Andere Stecker lassen sich adaptieren – oder Sie bestellen einfach ein 20-Watt-Netzteil bei Apple. In Deutschland und Österreich kostet der HomePod mini 99 Euro.
Fazit
Der HomePod mini ist nicht der ultimative Billig-Lautsprecher – aber das wäre auch das Letzte, was man von Apple erwarten würde. Stattdessen bietet er viele herausragende Eigenschaften zu einem Preis, den die meisten wohl verschmerzen können. Auch wenn man sich gleich zwei Stück kauft. Oder drei oder vier. Schade ist, dass uns Apple TuneIn vorenthält – auch deshalb, weil die Gründe nicht stichhaltig sind.
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