Das Provisionsmodell von Apple für Umsätze im Zusammenhang mit Apps steht schon länger in der Kritik, Spielehersteller Epic klagte gar dagegen. Jetzt zeigt Apple Kompromissbereitschaft im Streit mit der Entwicklergemeinde – vorerst nur in den USA. [...]
Das Prinzip ist einfach: Von allem, was man mit einer App im iTunes App Store einnimmt, bekommt Apple 30 Prozent. Dies bezieht sich nicht nur auf Erlöse durch den Vertrieb von Kauf-Apps, sondern auch auf In-App-Käufe. Verlängert also etwa ein Kunde eines Musik-Streamingdienstes sein Abo in der dazugehörigen iPhone-App, behält Apple sein Scherflein ein – immerhin sinkt die Provision bei länger laufenden Abos. Dieser Umstand brachte bereits Anbieter wie Spotify auf die Barrikaden, im Frühjahr 2020 gab die EU-Kommission einer Beschwerde des schwedischen Streaming-Anbieters statt, der sich über eine Benachteiligung gegenüber dem Apple-eigenen Apple Music beklagt hatte.
Der Spiele-Entwickler Epic hat aus demselben Grund Apple in den USA verklagt. Der Vorwurf: Apple nutzt seine marktbeherrschende Stellung aus, um Wettbewerber dazu zu zwingen, laufende Gebühren, etwa Abo-Zahlungen, innerhalb der App abzuwickeln und damit 15 bis 30 Prozent der Einnahmen an den Konzern aus Cupertino zu verlieren. Natürlich gäbe es einen einfachen Weg, dies zu vermeiden, man müsste einfach seine Kunden für die Verlängerung des Abos auf eine Website umleiten.
Rausschmiss aus dem App-Store
Doch Apple verbietet bislang in seinen App-Richtlinien, Hinweise auf solche Zahlseiten in die App aufzunehmen. Wer sich nicht daran hält, riskiert, dass seine App aus dem iTunes App Store fliegt – und anders als über den App Store können iPhone-Nutzer keine Anwendungen auf ihrem Gerät installieren. Apple verbietet den App-Anbietern auch, mit ihren Nutzern anderweitig Kontakt aufzunehmen.
Zumindest im letzten Punkt signalisiert der Konzern jetzt Kompromissbereitschaft. Wie das US-Nachrichtenportal Tech Crunch unter Berufung auf Gerichtsunterlagen berichtete, hat Apple einen Vergleich mit zwei Spiele-App-Entwicklern aus den USA geschlossen, der vorsieht, dass Apple es den Entwicklern zukünftig gestattet, ihre Kunden via E-Mail oder „auf anderen elektronischen Wegen“ zu kontaktieren, um sie zum Beispiel über eine anstehende Verlängerung des Abos zu informieren – und sie auf eine Webseite zu führen, wo dann auf die Transaktion keine Cupertino-Provision fällig wird.
Fond für US-Entwickler
Außerdem sieht der Vergleich, der noch vom Gericht bestätigt werden muss, einige andere Neuregelungen vor. Das betrifft zum Beispiel den Freigabeprozess, den jede App durchlaufen muss, damit Apple sie in seinen iTunes App Store aufnimmt. Dieser Prozess soll transparenter werden. Das System der Preisstufen im App-Store soll überarbeitet werden, außerdem plant Apple einen Fond für App-Entwickler, die weniger als eine Million US-Dollar pro Jahr mit Apple umsetzen. Sie sollen Zahlungen zwischen 250 und 30.000 US-Dollar erhalten. Kleiner Haken an der Sache: Dieser Fond mit einem Umfang von 100 Millionen US-Dollar steht nur App-Entwicklern aus den USA offen.
Der Kompromissvorschlag, den Apple den Entwicklern zur Umgehung von In-App-Verkäufen anbietet, ist weniger umfassend als er aussieht. Er beinhaltet zunächst einmal ein Ende des Verbots, Daten aus der App dazu zu nutzen, um mit dem Nutzer Kontakt aufzunehmen. Häufig gibt ein iPhone-Nutzer überhaupt keine Daten in die App ein, die ihn identifizieren. Ein App-Anbieter kann seinen Kunden also erst dann ansprechen, wenn er ihn zuvor dazu gebracht hat, seine Kontaktdaten einzugeben. Dann bleibt immer noch das Problem, dass der Anbieter den Kunden in der App nicht einfach auf eine Zahl-Website weiterleiten darf. Schon rein aus Praktikabilitätsgründen werden viele Anbieter weiterhin die In-App-Bezahlmöglichkeit nutzen, um dem Kunden das Bezahlen so einfach wie möglich zu machen – inklusive Cupertino-Provision.
*Frank Kemper ist seit Anfang 2020 Mitglied der Chefredaktion von INTERNET WORLD. Der gebürtige Niedersachse stieß 2001 zum Team und leitet seit 2013 die Print-Ausgabe von INTERNET WORLD BUSINESS. Der Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München blickt auf 30 Jahre Redaktionserfahrung in verschiedenen Verlagen zurück und ist nahezu ebenso lang online.
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