Ed Seidewitz, der als einer der geistigen Väter der modellbasierten Entwicklung gilt, hielt kürzlich einen Vortrag an der Technischen Universität Wien. [...]
Ed Seidewitz gilt als einer der geistigen Väter der modellbasierten Entwicklung von Software und Systemen und hielt kürzlich an der Technischen Universität Wien einen Vortrag zum aktuellen Stand dieses Ansatzes: „Die Zukunft der Software- und Systementwicklung liegt im modellbasierten Ansatz unter Verwendung der inzwischen weltweit am weitesten verbreiteten grafischen Sprache UML. Damit wird die Ära der Code-zentrierten Softwareentwicklung ausklingen.“ Schon 2003 forderte Seidewitz in seinem viel zitierten Text „What models mean“, dass, wie in vielen anderen Wissenschafts- und Technikbereichen, auch in der Softwareentwicklung das Modell ins Zentrum der Betrachtung rücken muss. Mit den aktuellen Entwicklungen im Umfeld der UML rückt dieser Zeitpunkt immer näher: „Für die immer komplexer werdenden Systeme und Softwarelösungen brauchen wir heute mehr denn je die feste Basis eines UML-Modells. Das Modell wird zum Zentrum der Entwicklung und liefert gleichzeitig eine klare Dokumentation für zukünftige Veränderungen.“
Daher sollten die zuletzt aufgeflammten Diskussionen mit den Anhängern der agilen Softwareentwicklung, die Programme in kleinen Schritten erstellen und meist auf eine detaillierte Dokumentation verzichten, ebenfalls der Vergangenheit angehören.
Dem stimmt auch Hans Bartmann, Geschäftsführer von SparxSystems Software, zu: „Beim Hausbau wie in vielen anderen technischen Bereichen gehört das Anlegen eines Plans zum Standard, damit alle Beteiligten immer wissen, was das Ziel ihrer Arbeit ist. Daher liegt es auch bei der System- oder Softwareentwicklung ganz klar im Interesse der Unternehmen, dass sie im Modell immer einen aktuellen Überblick über die Funktionen und den Entwicklungsstand der Software haben.“ Und das Unternehmen geht hier mit seinem Schwesterfirma LieberLieber Software mit gutem Beispiel voran: Um das Lesen der Modelle allen Beteiligten zu erleichtern, entwickelte LieberLieber für die UML-Modellierungsplattform Enterprise Architect (Sparx Systems) zusätzlich das Werkzeug EnArWeb. EnArWeb (WEB-based access to Enterprise Architect models) erlaubt es gerade auch Personen, die mit Enterprise Architect nur wenig vertraut sind, auf Informationen aus den entwickelten Modellen in für sie verständlicher Form zuzugreifen.
Seit 15 Jahren arbeitet Seidewitz – neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als CTO beim US-amerikanischen Unternehmen Ivar Jacobson International – in der 1989 gegründeten Object Management Group (OMG), die sich mit der Entwicklung von Standards für die herstellerunabhängige, systemübergreifende, Objektorientierte Programmierung beschäftigt. Das Industrie-Konsortium hat inzwischen weltweit über 800 Mitglieder, darunter Sparx Systems und LieberLieber Software. 1997 veröffentlichte die OMG erstmals eine Beschreibung der UML (Unified Modeling Language), einer grafischen Sprache, die die Modellierung und Dokumentation von Objektorientierten Systemen in einer normierten Syntax erlaubt. „Die Arbeit an der UML macht große Fortschritte. Wir arbeiten derzeit intensiv an der Version 2.5, die den Entwicklern erlauben wird, sehr detaillierte Modelle mit klaren Bedeutungen zu entwickeln.“ Diese genauere Festlegung der Bedeutungen in den aktuellen UML-Standards ermöglicht es erstmals, die Vorteile des agilen Ansatzes auf Modellierungsebene zu übertragen.
Um die Anwendungsmöglichkeiten des modellbasierten Entwickelns auf ganze Systeme ausweiten zu können, war Seidewitz auch bei der Entwicklung der SysML-Sprache (System Engineering Modeling Language) eingebunden. Darüber hinaus werden weitere Verbesserungen der UML (fUML, ALF) in der OMG vorangetrieben: „Unser Ziel ist es, durch die Verfeinerung der UML-Spezifikationen die exakte Ausführbarkeit des Modells zu erreichen. Wir sehen die Zukunft also in der Konzentration auf das System-Modell und dessen Ausführbarkeit, um so exakten Software-Code automatisch zu generieren.“
Damit wäre dann das klassische Paradigma der Code-zentrierten Softwareentwicklung endgültig überwunden. Das wäre dann eine ähnliche Entwicklung wie bei den Software-Programmiersprachen, wo die klassischen Assemblersprachen (Programmiersprachen der zweiten Generation) durch moderne, höhere Programmiersprachen verdrängt wurden. „Wir freuen uns, durch unsere Mitgliedschaft in der OMG sowie die Entwicklungen unseres Schwesterunternehmens LieberLieber Software einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten zu können. Praktisch orientierte Visonäre wie Ed Seidewitz sind auf diesem Weg unverzichtbar, weil sie auch daran arbeiten, die Entwickler-Community durch erreichbare Ziele zu einen“, so Bartmann abschließend. (pi)
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