Arbeiten in verteilten Teams ist sehr aufwendig

Agile Methoden erfordern starkes gegenseitiges Vertrauen aller Beteiligten. Vertrauen entsteht aber erst durch persönlichen Kontakt. Forrester gibt Ratschläge, was bei der Arbeit in geografisch verteilten Teams zu beachten ist. [...]

Agile Methoden wie Scrum, Kanban und DevOps funktionieren am besten, wenn die Teams in einem einzigen Raum sitzen. Das stellt der US-Marktforscher Forrester fest. In der Studie „Get the most out of distributed agile teams“ erörtert Forrester, was Unternehmen tun müssen, damit Agile auch in geografisch verteilten Teams funktioniert.
Die Studie basiert auf Gesprächen mit Entscheidern aus Unternehmen wie Adidas, Honda und Microsoft. Es handelt sich nicht um eine quantitative Befragung, sondern um eine qualitative Analyse. Forrester bringt die erwartete Kostenersparnis durch das Arbeiten in verteilten Teams ins Gespräch. Die befragten Manager beurteilen diesen Punkt mit ihren jetzigen Erfahrungen differenziert. Sie erkennen die Vorteile an, wenn Projekte quasi weltweit durchgängig bearbeitet werden. Sie sehen aber auch Nachteile.
Vertrauen und persönlicher Kontakt zwingend notwendig
Das hängt wiederum mit weichen Faktoren zusammen. Die Befragten betonen, wie stark agile Methoden gegenseitiges Vertrauen aller Beteiligten erfordern. Wirkliches Vertrauen entsteht erst durch den persönlichen Face-to-face-Kontakt. Zwar lassen sich Körpersprache und Stimmlage eines Team-Mitgliedes über ausgereifte Videoconferencing-Lösungen vermitteln. Aber erst, wenn man seine Kollegen physisch kennengelernt hat, fängt man an, sich wirklich auf sie zu verlassen, so die Meinung der Befragten.
Außerdem beobachten die Manager, dass tagtäglich in der Zusammenarbeit viele kleine Verständnisfragen auftauchen. Diese lassen sich am schnellsten und besten beantworten, wenn der Mitarbeiter kurz bei seinem Kollegen vorbeischaut, statt eine Nachricht zu tippen und auf Antwort zu warten.
Das heißt, dass sich alle Teammitglieder in regelmäßigen Abständen – beispielsweise alle drei Monate – persönlich in einem Raum versammeln sollten. Daraus entstehen Reisekosten.
Microsoft, IBM und Yahoo zweifeln an Remote-Modell
Microsoft, IBM und Yahoo zum Beispiel stellen das Modell Remote aus diesen Gründen wieder in Frage. Dabei geht es nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum, wann welches am besten geeignet ist. Wird ein Präsenz-Team entwickelt, investieren die Firmen in neue Büro-Konzepte mit wenig Wänden, flexiblen Arbeitsplätzen und unterschiedlichen Zonen (etwa Ruhezonen für konzentriertes Arbeiten Einzelner und kommunikativen Ecken für Besprechungen).
4 Ratschläge fürs Arbeiten in verteilten agilen Teams
Allen Managern, mit denen Forrester gesprochen hat, ist klar, dass heute kein global operierendes Unternehmen mehr auf geografisch verteilte Teams verzichten kann. Viele strategische Projekte müssen gemeinsam gestemmt werden. Die Analysten geben Entscheidern vier Ratschläge:
1. Zuerst an das verteilte Team denken
Führungskräfte mit Verantwortung für alle Teams – die präsenten wie die verteilten – müssen immer zuerst durch die Brille des verteilten Teams sehen. Das ist mit hohem Aufwand verbunden, betont Forrester. Jede wichtige Information, jede Entscheidung, jede Veränderung, die sich im persönlichen Gespräch mit dem Team vor Ort ergeben hat, muss an die verteilten Kollegen weitergegeben werden. Das wird für Entscheider oft heißen, Dinge doppelt und dreifach zu erzählen.
2. Alles dokumentieren und kommunizieren
Führungskräfte müssen das Risiko von „TMI“ eingehen, das Kürzel steht für „too much information“. Sie brauchen formale Standards dafür, wer wann mit wem über was spricht. Besser ein Standup-Meeting zu viel als zu wenig, so die Losung von Forrester.
3. Zeitzonen und Erreichbarkeit managen
Jedes Mitglied muss unabhängig von seinem Standort wissen, wie spät es für die globalen Kollegen ist. Dass jedes Projekt rund um die Uhr bearbeitet wird, heißt nicht, dass alle Kollegen ständig erreichbar sein müssen. Jedes Team kann einen oder zwei Mitglieder bestimmen, die nach Feierabend für einen begrenzten Zeitraum Anfragen beantworten.
4. Jedes Team braucht einen Leiter
Jeder Standort sollte einen Kollegen bestimmen, der „den Hut aufhat“. Wer das ist, hängt weniger von formalen Kriterien als vielmehr von der persönlichen Erfahrung und der Beliebtheit im Team ab. Natürlich kann diese Rolle auch rotieren.
Einer der Manager, mit denen Forrester für diese Studie gesprochen hat, sagte: „No technology can replace human interaction.“
* Christiane Pütter schreibt für CIO und Computerwoche.

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