Auf dem Weg zum klimaneutralen Rechenzentrum

ESRS, CSRD, EnEfG: um die verschiedenen gesetzlichen Nachhaltigkeits-Regularien zu erfüllen, benötigen Betreiber von Rechenzentren mehr Transparenz über den Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen ihrer IT-Infrastruktur. Für viele Unternehmen bedeutet das Millionen an Komponenten und Geräten bis auf Scope-3-Ebene neu zu erfassen. [...]

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union verpflichtet Unternehmen, noch detailliertere Daten zu den Treibhausgasemissionen in ihrer gesamten Wertschöpfungskette offenzulegen: Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Dies stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für Lieferantenbeziehungen und das interne IT-Infrastrukturmanagement dar. (c) stock.adobe.com/Beenish

1.050 Terrawattstunden – auf diesen jährlichen Energieverbrauch kommen Rechenzentren auf der ganzen Welt bis zum Jahr 2026, schätzt die Internationale Energieagentur (IEA). Künstliche Intelligenz (KI) gilt als einer der zentralen Treiber für dieses explosionsartige Wachstum. Sogar Giganten wie Google sehen ihre Netto-Null-Ziele bis 2030 durch den rechen- und energieintensiven KI-Boom gefährdet. Parallel zum steigenden Energiebedarf steigt auch der Regulierungsdruck. Auf nationaler, EU-weiter und internationaler Ebene nehmen immer mehr Gesetze Unternehmen – darunter auch Betreiber von Rechenzentren – in die Pflicht, dezidierte Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und zu dokumentieren.

CSRD-Reporting: Die Crux mit den Scope-3-Emissionen

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union verpflichtet Unternehmen, noch detailliertere Daten zu den Treibhausgasemissionen in ihrer gesamten Wertschöpfungskette offenzulegen: Scope 1, Scope 2 und Scope 3. Dies stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für Lieferantenbeziehungen und das interne IT-Infrastrukturmanagement dar.

Unter Scope 1 fallen Treibhausgas-Emissionen aus Quellen, die ein Unternehmen direkt betreibt. Dazu gehört beispielsweise der CO2-Ausstoß des Fuhrparks zum Transport von Mitarbeitenden und Komponenten über das Unternehmensgelände oder die Emissionen eines Dieselgenerators, der Strom für den Betrieb eines Rechenzentrums generiert. Durch geschickte Ressourcenplanung und die Wahl nachhaltiger Alternativen (z. B. Elektrofahrzeuge) können Unternehmen direkt auf ihre Scope-1-Emissionen einwirken.

Etwas abstrakter wird es bei Scope-2-Emissionen, die bei der Stromerzeugung anfallen. Darauf können Unternehmen auf zwei Wegen Einfluss nehmen: durch die Wahl regenerativer Energiequellen sowie die Optimierung ihrer Energieeffizienz. Im Rechenzentrum gilt es beispielsweise, wärmeintensive Elemente auf einem Rack intelligent zu verteilen, um Hotspots und damit Mehraufwand für die Kühlung zu vermeiden.

Scope 3 umfasst indirekte Emissionen, die durch die Herstellung, den Vertrieb und die Installation von IT-Komponenten entstehen. Auch diese sogenannten Embodied-Emissionen lassen sich durch nachhaltigen Einkauf reduzieren, etwa durch die Wahl ressourcenschonender Geräte und Komponenten.

Vor dem Reduzieren kommt jedoch das Dokumentieren. Denn: Unternehmen müssen nicht nur ihren aktuellen Ressourcenverbrauch ausweisen können, sondern sind auch verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Verbrauch zu reduzieren ̶ und dies dann wiederum auch nachweisen zu können. Hilfreiche Daten finden sich hier in den Umweltproduktdeklarationen (EPD) nach ISO 14025:2011, die immer mehr Hersteller zur Verfügung stellen. Doch selbst bei einer einwandfreien Verfügbarkeit ESG-relevanter Informationen kann das schiere Ausmaß erschlagen: In einem Standard-Rechenzentrum kommen schnell hundertausende und mehr von Geräten zusammen, deren Ressourcenverbrauch von der Produktion bis zur Distribution und Nutzung nachgewiesen werden muss.

Energieeffizienzgesetz und CSRD: doppelter Druck für RZ-Betreiber

Damit nicht genug. Seit November 2023 reiht sich ein weiteres Gesetz in den Reigen der ESG-Regularien: Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verpflichtet Betreiber von Rechenzentren in Deutschland ab 300 KW Nennanschlussleistung nicht nur zum Energiesparen, sondern auch zum akribischen Energiereporting – und das Ganze innerhalb eines ambitionierten Zeithorizonts.

So müssen sowohl bestehende als auch neue Rechenzentren ab Juli 2024 mit mindestens 50 Prozent grünem Strom betrieben werden. Strikte Obergrenzen gelten für den Energiebedarf des Rechenzentrums im Verhältnis zur gesamten IT-Infrastruktur. Neue Rechenzentren dürfen ab Juli 2026 eine sogenannte Power Usage Effectiveness (PUE) von 1,2 nicht überschreiten. Bei Bestandsrechenzentren liegt der Zielwert ab Juli 2027 bei maximal 1,5. Daneben gibt das EnEfG auch konkrete Werte für die Energierückgewinnung (Energy Reuse Factor, ERF) von Rechenzentren vor. Ab Juli 2026 ist ein Anteil von mindestens 10 Prozent verpflichtend, ab Juli 2028 müssen sogar 20 Prozent des Stroms aus Energierückgewinnung stammen.

Neben Angaben zur Abwärme und zum Anteil erneuerbarer Energien im Strommix müssen jährlich unzählige weitere Energiekennzahlen an das Rechenzentrumsregister gemeldet werden. Ob Scope-3-Emissionen oder PUE – die gleiche zentrale Frage sorgt bei vielen Betreibern von Rechenzentren für schlaflose Nächte: Woher die Daten für diese Reporting-Auflagen nehmen?

Das gläserne Rechenzentrum

Transparente IT-Infrastrukturen sind das Metier der FNT GmbH, eines Spezialisten für Dokumentation und IT-Infrastrukturmanagement. Mit der Cloud-fähigen Plattform FNT Command hat das Unternehmen aus Jagst eine Lösung für die digitale Abbildung von Rechenzentren sowie IT- und Kommunikationsinfrastrukturen entwickelt. Nun unterstützt die jüngste Version (Release 14.2) von FNT Command mit dem Modul FNT Sustainability die Betreiber von Rechenzentren dabei, ihre ESG-Berichtspflichten nicht nur zuverlässig zu erfüllen, sondern die Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsfaktor zu machen.

Durch die zentrale Dokumentation aller IT-Ressourcen ermöglicht FNT Sustainability eine präzise Analyse des maximalen und durchschnittlichen Energieverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen der gesamten IT-Infrastruktur, von physischen Geräten wie Notebooks, Server etc. bis hin zum Netzwerk, einschließlich Scope 2 und 3, über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Der Energieverbrauch im Rechenzentrum lässt sich damit präzise überwachen und optimieren – beispielsweise durch das Aufspüren von Hotspots. In der integrierten Matrix zur Erfassung und Verwaltung von Umweltprofilen (EDP) nach ISO 14025 lassen sich Emissionsdaten zentral speichern und automatisch auf alle Instanzen eines Gerätetyps anwenden. Dies spart Zeit und minimiert das Risiko von Dokumentationslücken in einer dynamischen IT-Infrastruktur.

Das Monitoring und Reporting der Emissionswerte ist erst der Anfang. Leistungsstarke Analysetools und Dashboards fördern Trends in den Daten anschaulich zutage und offenbaren auch versteckte Energiefresser im Rechenzentrum. Durch den Überblick über den Zustand, Energieverbrauch und die Performance der RZ-Komponenten können Betreiber deren Lebensdauer optimieren, Wartungsintervalle zum optimalen Zeitpunkt planen und vorhandene Komponenten gezielt durch energieeffizientere austauschen. So lassen sich über die Zeit der Energieverbrauch und Betriebskosten gleichermaßen senken.

Darüber hinaus sichert die auditreife Dokumentation der Nachhaltigkeitsmaßnahmen via FNT Sustainability nicht nur die Compliance, sondern auch den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Schließlich entscheidet das ESG-Profil eines Unternehmens immer häufiger über Investitionen oder Förderzuschläge. Mit FNT Sustainability können Unternehmen nachweisen, dass sie nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern auch aktiv zur Reduktion ihres ökologischen Fußabdrucks beitragen.

* Matthias Gromann ist Director Business Line IT & Data Center Solutions bei FNT Software. Er ist IT-Technologie-Experte und Topic Leader für service-orientierte Automation im IT-Infrastrukturmanagement. In seiner Rolle gestaltet er zusammen mit dem Produktmanagement die Lösungsansätze von FNT im Bereich Enterprise IT und DCIM und verhilft den Kunden zu mehr Transparenz, mehr Sicherheit und Produktivitätssteigerungen im Betrieb kritischer Infrastrukturen.


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