Bereits 80 Prozent beschäftigen sich mit KI – allerdings nur fünf Prozent auf fortgeschrittenem Level

EY und Microsoft stellen eine Studie zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Europa vor. Befragt wurden 277 Unternehmen in Europa, 20 davon in Österreich. [...]

Österreich hat im Vergleich zu den KI-Spitzennationen großen Nachholbedarf. (c) Microsoft / APA-Fotoservice / Arman Rastegar
Österreich hat im Vergleich zu den KI-Spitzennationen großen Nachholbedarf. (c) Microsoft / APA-Fotoservice / Arman Rastegar

Wie lässt sich die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich sichern? Diese Frage beschäftigt UnternehmerInnen und ExpertInnen aller Branchen. Eine Technologie wird dabei immer wieder als spielentscheidend genannt: Künstliche Intelligenz (KI). Nur rund ein Drittel der österreichischen Unternehmen glaubt heute, dass KI ihre gesamte Branche verändern wird. Die Hälfte erwartet einen großen Einfluss auf ihr Kerngeschäft. Die Mehrheit der Unternehmen befasst sich zwar bereits mit KI, insgesamt liegt die KI-Expertise Österreichs aber unter dem Europa-Durchschnitt. Eine Kompetenz wird beim KI-Einsatz europaweit unterschätzt: emotionale Intelligenz.

Das sind die Ergebnisse einer in Europa durchgeführten KI-Studie von EY und Microsoft, die heute im Rahmen eines Round Table Gesprächs vorgestellt wurden. Welche Rolle KI derzeit bei Österreichs Unternehmen spielt und wie sich die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich mithilfe von KI nachhaltig sichern lässt, das diskutierten Harald Mahrer (Präsident der Wirtschaftskammer Österreich), Axel Preiss (Leiter Managementberatung bei EY Österreich) und Dorothee Ritz (General Managerin bei Microsoft Österreich).

Österreichische Wirtschaft hat Wichtigkeit von KI erkannt

Viele österreichische Unternehmen haben die Bedeutung von KI für ihr Geschäft erkannt: für 81 Prozent ist KI mindestens so wichtig oder wichtiger als andere Digitalisierungsthemen. Allerdings erwartet nur die Hälfte der Unternehmen einen massiven Einfluss von KI auf ihr Kerngeschäft, wie der “Artificial Intelligence Europe Report“ von EY und Microsoft zeigt.

Der Report untersucht den Status Quo der Nutzung von AI-Technologien in europäischen Unternehmen. Er deckt auf, wie Unternehmen den Einfluss und die Chancen von KI einschätzen und wo sie den Schlüssel zum Erfolg sehen.

Für den „Artificial Intelligence in Europe Report” wurden Tiefeninterviews mit IT-Entscheidern und Managern der 277 größten Unternehmen in 15 europäischen Ländern durchgeführt – davon 20 österreichische Unternehmen*, wie Austrian Airlines, Telekom Austria und Voestalpine.

KI-Expertise: Österreich unterdurchschnittlich, Schweden hat die Nase vorn

Der Report zeigt, dass die Anwendung von KI in Europa insgesamt noch in den Kinderschuhen steckt. „In Österreich fehlt es noch an der Basis. Viele Unternehmen sind noch mitten in ihrer digitalen Transformation und noch nicht bereit, sich mit fortgeschrittenen Einsatzmöglichkeiten zu beschäftigen“, so Axel Preiss, Leiter Managementberatung EY Österreich. Was die KI-Expertise und den „KI-Reifegrad“ angeht, liegen österreichische Unternehmen unterhalb des europäischen Durchschnitts. 81 Prozent der befragten Unternehmen in Österreich geben an, den Einsatz von KI-Technologien entweder zu planen, in Pilotstudien zu testen oder bereits KI-Anwendungen in ihr Tagesgeschäft zu implementieren – im Europadurchschnitt sind es 89 Prozent. Auf fortgeschrittenem KI-Level liegt Österreich leicht über dem Durchschnitt: Fünf Prozent der Unternehmen würden ihren KI-Einsatz als fortgeschritten einstufen, vier Prozent im Europadurchschnitt. In Österreich gibt es allerdings auch vergleichsweise viele Unternehmen, die noch gar nichts von KI wissen wollen: ganze 14 Prozent der Befragten beschäftigen sich derzeit noch gar nicht mit dem Einsatz von KI für ihre Unternehmensziele, im europäischen Durchschnitt sind es nur halb so viele (sieben Prozent).

„Im europäischen Vergleich haben wir in Österreich die wenigsten mutigen Unternehmen. Das muss sich dringend ändern, wenn wir von den Potentialen für Wachstum und Wohlstand durch KI profitieren wollen“, so Dorothee Ritz, General Manager bei Microsoft Österreich.
Schweden führt die Liste der europäischen KI-Vorreiter an. Dort gibt es die meisten Unternehmen, die ihren Reifegrad hinsichtlich KI hoch einschätzen und die meisten Unternehmen, bei denen KI „höchste digitale Priorität“ hat.

Artificial Intelligence ist gekommen, um zu bleiben

Österreich hat im Vergleich zu den KI-Spitzennationen großen Nachholbedarf. „Artificial Intelligence ist nicht nur ein Trend, sondern ist gekommen, um zu bleiben.“, betont Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. „Digitale Technologien verändern derzeit die Logik des Wirtschaftens, ganzer Branchen und Märkte massiv. Deshalb ist es wichtig, passende Rahmenbedingungen für dieses vielversprechende Zukunftsthema zu schaffen und die Chancen, die sich durch die Auseinandersetzung mit dem Nutzen aus Künstlicher Intelligenz ergeben, zu ergreifen – ohne dabei gesellschaftliche Auswirkungen und Fragen der Ethik aus den Augen zu verlieren.“

Österreich ist Land der Optimierer und Automatisierer

KI ist ein umfassendes Konzept aus vielen verschiedenen Technologien. Österreichische Unternehmen sehen in Maschinellem Lernen (71 Prozent) die für sie nützlichste Technologie. Maschinelles Lernen befähigt Computer, aus Daten zu lernen und ist, laut Report, jene Technologie, auf die sich die meisten europäischen Unternehmen heute konzentrieren.
„Das Zusammenwirken von Automatisierung, künstlicher Intelligenz, datengestützter Wissenschaft und dem Internet der Dinge hat große Potenziale, wie z.B. für Produktivitätssteigerungen, und auch die Kraft, durch Innovation Wachstumsoptionen für gänzlich neue Produkte und Dienstleistungen zu schaffen“, so Mahrer.

Die Potenziale werden allerdings, so zeigt der Report, hierzulande nicht ausgeschöpft. Denn KI-Technologien werden in Österreich bevorzugt für Automatisierung und Vorhersage eingesetzt, statt für echte Innovation. Neun von zehn Unternehmen in Österreich sehen in der Automatisierung von Prozessen die wichtigste Einsatzmöglichkeit von KI – im europäischen Durchschnitt sind es nur 72 Prozent der Unternehmen. Für 81 Prozent der österreichischen Unternehmen spielt die Vorhersage von Ereignissen und Ergebnissen eine wichtige Rolle (europäischer Durchschnitt: 74 Prozent). Dementsprechend erwarten sich rund 90 Prozent der österreichischen Unternehmen, dass sie ihre Geschäftsprozesse mittels KI optimieren können.

„Dem Mensch-Maschine Team gehört die Zukunft“

Nur 57 Prozent der österreichischen Unternehmen erwarten, dass ihre Mitarbeiter künftig durch KI in der täglichen Arbeit unterstützt werden, zeigen die Ergebnisse. Dabei liegt, laut Ritz, genau darin großes Potential für Unternehmen. Sie warnt davor KI nur als technisches Werkzeug zu nutzen: „Wir sehen in künstlicher Intelligenz die Möglichkeit, den menschlichen Erfindungsreichtum zu unterstützen. Dem Mensch-Maschine Team gehört die Zukunft. Unzählige Anwendungsbeispiele zeigen uns schon heute eindrucksvoll, wie Mensch und Maschine im Zusammenspiel unschlagbar sein können.“ meint Ritz. Bei der Diagnose von Krebs kann künstliche Intelligenz Ärzte beispielsweise bei der Früherkennung unterstützen. Im Journalismus kann KI einfachere Aufgaben übernehmen, damit Redakteure mehr Zeit für intellektuell anspruchsvollere Aufgaben haben, wie z.B. die tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen oder die Überprüfung des Wahrheitsgehalts von Aussagen.

Unterschätzte Kompetenz: Emotionale Intelligenz wichtig für KI-Erfolg

„Unternehmen können enorme Wachstumschancen erschließen, wenn sie ihre Mitarbeiter durch intelligente Technologien unterstützen und eine offene und kooperative Unternehmenskultur fördern, die es Menschen ermöglicht, Bestleistungen zu bringen“, ist Ritz überzeugt. Für diese Kultur spielt eine Fähigkeit eine wichtige Rolle: Emotionale Intelligenz (EQ), die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren und zu verstehen, was Menschen motiviert.

Genau diese Fähigkeit auch in KI einzubauen, d. h., KI entwickeln zu können, die nicht nur analytisch, sondern auch emotional kompetent ist, wird laut Report in Europa für den Erfolg mit KI stark unterschätzt.

Tatsächlich zeigt die Studie allerdings einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem KI-Reifegrad der europäischen Unternehmen und der Einschätzung ihrer emotionalen Intelligenz (EQ). So halten sich 80 Prozent der bezüglich KI am weitesten fortgeschrittenen Unternehmen für emotional intelligent. Umgekehrt sahen sich nur 16 Prozent der am wenigsten Fortgeschrittenen mehr als mäßig kompetent im Hinblick auf EQ.

Österreich liegt zwar leicht über dem europäischen Durchschnitt, was die selbsteingeschätzte Kompetenz in EQ angeht, allerdings war sie auch die einzige von acht Fähigkeiten, bei der sich kein einziges österreichisches Unternehmen als hoch-kompetent eingestuft hat. „Unternehmen, die in ihrer Nutzung von KI weniger ausgereift sind, konzentrieren sich oft auf technologische Aspekte, wie Datenmanagement und Advanced Analytics, deren Wichtigkeit in Österreich auch höher eingeschätzt wird als die menschlicher Aspekte. Mit zunehmender KI-Expertise erwarten wir hier einen Shift hin zu den „softeren Themen“, wie Führung und EQ“, so Preiss.

Entwicklung und Anwendung intelligenter Technologien: Klare Regeln schaffen Vertrauen
Die wirtschaftlichen Anwendungsgebiete und Potentiale von KI sind vielfältig, aber die Herausforderungen, die dem KI-Einsatz in Unternehmen entgegenstehen, groß. In der Angst und mangelnden Akzeptanz beim Einsatz neuer Technologien liegen noch zwei der größten Hürden in der Entwicklung von KI. Um diese Angst zu nehmen und die Entwicklung von KI voranzutreiben, setzt sich Microsoft aktiv für die Regulierung im Bereich KI ein. Für die Entwicklung und Anwendung intelligenter Technologien wurden daher sechs ethische Prinzipien entwickelt. Betont wird u.a. die Wichtigkeit von Transparenz bei der Erhebung und Nutzung von Daten. „Es braucht klare Regeln, um sicherzustellen, dass KI zum Wohle der Gesellschaft genutzt wird. Der Mensch muss immer im Mittelpunkt stehen. Nur so schaffen wir das nötige Vertrauen in intelligente Technologien“, so Ritz.

 


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