Bewerbung: KI entscheidet, wer Job bekommt

Immer häufiger greifen Unternehmen bei der Rekrutierung auf unpersönliche Online-Interviews zurück. Ob die Entscheidung der Algorithmen etwas taugen, soll jetzt untersucht werden. [...]

Bei einem persönlichen Gespräch könnte man etwaige Diskriminierungen viel eher erkennen (c) Tim Gouw/unsplash.com

Wer sich in nächster Zeit für einen neuen Job bewerben will, könnte womöglich nicht zu einem persönlichen Gespräch mit einem Personaler eingeladen werden. Denn immer mehr Unternehmen greifen auf unpersönliche Online-Interviews zurück, bei denen nicht mehr Menschen über eine mögliche Einstellung entscheiden, sondern Algorithmen. Ob diese Praxis tatsächlich vorurteilsfrei ist und nur die Besten für den Job finden kann, soll nun in der EU und den USA genauer überprüft werden.

Diskussion um Vorurteile

«Die Nachfrage nach Recruiting-Services, bei denen Bewerber aus der Ferne via Laptop oder Handy befragt werden, ist während der COVID-19-Pandemie rapide angestiegen und verharrt auch in einer Zeit, in der die Wirtschaft wieder aufsperrt und es eine Knappheit an Arbeitskräften gibt, auf hohem Niveau», heißt es in einem Bericht der «Associated Press». Diese Systeme locken aus Sicht der Arbeitgeber damit, Geld und Zeit zu sparen, nicht anfällig für versteckte Vorurteile seien und die Palette an potenziellen Kandidaten erweitern. «Viele greifen inzwischen auch auf Künstliche Intelligenz (KI) zurück, um herauszufinden, was Bewerber drauf haben», so die Schilderung.

Experten sehen diese Entwicklung allerdings kritisch. «Algorithmen, die programmiert worden sind, den Besten für einen Job zu finden, können genauso mit Vorurteilen behaftet sein, wenn sie sich nach Vorgaben einer Branche richten, in der es rassistische und geschlechtsspezifische Ungleichheiten gibt», meint etwa Aislinn Kelly-Lyth, Research Assistant an der University of Oxford. «Wenn Sie sich für einen Job bewerben und Sie bekommen ihn nicht, weil ein Algorithmus voreingenommen ist, würden Sie das nicht erfahren», gibt die Forscherin zu bedenken. Bei einem persönlichen Gespräch könnte man etwaige Diskriminierungen viel eher erkennen, ist Kelly-Lyth überzeugt.

Ziel umfassende Prüfung

Auch auf politischer Ebene ist der Trend zum Algorithmus-gestützten Online-Recruiting und die Bedenken, die damit zusammenhängen, nicht unbemerkt geblieben. Angesichts des starken Zuwachses derartiger Praktiken bei den Arbeitgebern haben Regierungen sowohl in Europa als auch in der USA angekündigt, eine umfassende Prüfung in dieser Sache durchzuführen. Dabei soll unter anderem geklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt, entsprechende Services gesetzlich zu regulieren und zu kontrollieren.

Die EU hat etwa bereits im April einen Vorschlag für ein Regelwerk vorgestellt, dass die Anbieter von Recruiting-Tools, bei denen Bewerber mittels KI und Algorithmen ausgewählt werden, zur strengen Einhaltung von bestimmten Vorgaben verpflichten soll. Im Zentrum stehen dabei vor allem Forderungen nach der Einhaltung wesentlicher Kriterien wie Genauigkeit, Transparenz und Haftbarkeit.


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