Big Data und BI: Drei Fragen an die IKT-Branche

Ist Big Data in Österreichs Unternehmen heute schon Realität? Was macht eine moderne Business-Intelligence-Lösung aus? Computerwelt.at hat 25 Experten von in Österreich tätigen Unternehmen je drei Fragen zum Thema Big Data und BI gestellt. Ihre gesammeltern Antworten finden Sie hier. [...]

Ulrich Zeh, Sales Director Germany von Nexthink

Inwieweit ist die Nutzung von Big Data bei heimischen Unternehmen schon Realität?
Big Data ist ein beliebtes Schlagwort bei unseren Gesprächen mit Verantwortlichen aus der IT. Heute werden Big Data Analytics im wesentlichen im Umfeld von Business Intelligence genutzt. Im Umfeld des IT Betriebs ist die intelligente Nutzung großer Datenmengen noch weitestgehend Neuland. Daten sind in vielen Formen vorhanden. Diese jedoch in nutzbare Informationen zu übersetzen bei gleichzeitig angemessenem Aufwand und Zeitbedarf, war bis dato kaum möglich.
IT Operations Analytics oder ITOA, eine neue Kategorie im Bereich IT Management, wird laut Gartner wesentlichen Einfluss auf die IT Industrie nehmen. ITOA ermöglicht neue und wesentlich effizientere Wege, IT Services in hoher Qualität an die Nutzer zu liefern und Sicherheit in der Anwendung zu gewährleisten.
Grundsätzlich existieren im Umfeld von Big Data Analytics vor allem Toolbox Lösungen, die auf den jeweiligen Anwendungsfall mit zum Teil hohem Aufwand angepasst werden müssen. ITOA Lösungen als fertige Applikationen liefern im Standard ohne größeren Anpassungsaufwand direkt verwertbare Informationen in Echtzeit z.B. über den Zustand der IT, Nutzung und Performance von IT Services, Status von Projekten oder Einhaltung von Compliance Regeln sowie verdächtigem Verhalten.
 
Was sollten Unternehmen tun, um Big Data „ready“ zu werden?
Unternehmen sollten sich ganz am Anfang vor allem fragen, an welchen Stellen die Auswertung von Massendaten einen echten Vorteil für das Business bringen kann. Die Auswertung von Kundendaten und deren Kaufverhalten als Basis für eine verbesserte Marketingstrategie ist ein etabliertes Beispiel.
Im IT Management darf man sich u.a. fragen, ob Endbenutzer zufrieden mit den angebotenen Leistungen sind, ob Projekte in der Regel in-time und in-budget geleistet werden oder ob trotz vorhandener Sicherheitsmechanismen wie Virenschutz oder Firewall sich trotzdem Security Vorfälle ereignen oder Daten unkontrolliert das Unternehmen verlassen.
Zugegeben, diese Fragestellungen treffen auf die meisten Unternehmen zu. Big Data „ready” zu werden, ist dann vor allem eine Frage des Willens, Methoden und Organisationsstrukturen auf neue Arbeitsweisen umzustellen. ITOA Lösungen sind grundsätzlich in Bezug auf Komplexität und Effizienz eine wesentliche Verbesserung zu etablierten Mitteln.
 
Was macht eine moderne BI-Lösung aus?
Eine modern BI bzw. IT Analytics Lösung ist mehr als die reine Fähigkeit, Massendaten auszuwerten und im Rahmen eines zu konfigurierenden Reportings zur Verfügung zu stellen. Am Ende geht es immer um businesskritische Informationen zum frühstmöglichen Zeitpunkt.
Daher stellen modern IT Analytics Lösungen den entsprechenden Funktionen des Unternehmens bereits im Standard die richtigen Informationen in einer sofort verständlichen Form in Echtzeit zur Verfügung. Hierzu werden Visualisierungen genutzt, die über reine Zahlenreihen und Graphen hinausgehen. Informationen müssen in unterschiedlichen Kontext gesetzt werden können, damit dynamische Analysen möglich sind.
So bekommen zum Beispiel IT Verantwortliche aller Ebenen, vom Administrator über den Projektleiter bis zum CIO, aktuelle und vor allem relevante Informationen in Echtzeit, die ihnen ganz konkret helfen, Ihren Job noch besser und Kunden der IT noch zufriedener zu machen.

Stefan Kernbauer, Head of Public & Financial Services bei NTT Data

Inwieweit ist die Nutzung von Big Data bei heimischen Unternehmen schon Realität?
Der Nutzen wurde von den heimischen Unternehmen auf jeden Fall erkannt und es gibt bereits entsprechende Ansätze sowie Projekte. Big Data ist also auch schon bei uns Realität.

Was sollten Unternehmen tun, um Big Data „ready“ zu werden?
Grundsätzlich ist es notwendig Cases zu entwickeln die sich rechnen. Aus Daten müssen Informationen gewonnen werden die positiv verwertbar sind – hierzu werden Mitarbeiter mit analytischen Talenten und mit kreativem Denken benötigt. Analytisches und technisches Know-How muss aufgebaut werden.

Was macht eine moderne BI-Lösung aus?
Eine moderne BI-Lösung zeichnet sich neben einer konsistenten Datenbasis durch ihre hohe Flexibilität aus. Daten müssen schnell und in großem Volumen analysierbar und auswertbar sein.

Wilhelm Doupnik, Vorsitzender der Geschäftsführung von Raiffeisen Informatik

Inwieweit ist die Nutzung von Big Data bei heimischen Unternehmen schon Realität?
Wir erleben derzeit in Österreich einen regelrechten Big Data Hyp. Viele Unternehmen überlegen, wie sie aus dem Rohstoff ihrer Daten mehr Nutzen für ihr Business generieren können.

Was sollten Unternehmen tun, um Big Data „ready“ zu werden?
Wenn strukturierte und unstrukturierte Daten des eigenen Unternehmens mit externen Daten vernetzt werden sollen und eine Verfügbarkeit in Echtzeit angestrebt wird, stehen viele Unternehmen vor scheinbar unüberwindbaren Hürden. Hier kann die Erfahrung und Beratungskompetenz eines professionellen IT-Anbieters helfen. Ausgangspunkt aller Überlegungen sollte ein klares Bild hinsichtlich des erwarteten Nutzens für das Unternehmen sein.

Was macht eine moderne BI-Lösung aus?
Moderne BI-Lösungen, die in der „Big Data-Welt“ bestehen wollen, müssen mit unstrukturierten Daten – zum Beispiel aus Audio und Video – umgehen können und zusätzlich eine Verarbeitung in Echtzeit gewährleisten. Dabei ist eine flexible Vernetzbarkeit von Daten des eigenen Unternehmens mit externen Daten – egal ob zugekauft oder Open Data – Voraussetzung.

Wolfgang Nimführ, IBM Business Development Executive, Big Data & Watson

Inwieweit ist die Nutzung von Big Data bei heimischen Unternehmen schon Realität?
Bei heimischen Unternehmen sind zwei Einsatzbereiche von Big Data heute Realität. Erstens, das Erlangen einer aktuellen 360 Grad Sicht von Kunden. Unternehmen sitzen heute nach wie vor auf einem Datenschatz der nicht integriert genutzt wird und in nicht kompatiblen Systemen, in verschiedenen Format mit unterschiedlicher Datenqualität vorliegt. Bei der Erstellung einer allumfassenden Sicht auf den Kunden werden diese Daten mit einander verknüpft, analysiert und mit statistischen Methoden ausgewertet. Somit ist es möglich, die Bedürfnisse des Kunden zu erkennen und ihm personalisierte Dienstleistungen und Services anzubieten. Banken und Versicherungen sind die Vorreiter, dicht gefolgt vom Handel. Innovative Unternehmen reichern die aus den Unternehmensdaten gewonnene Einsicht mit Informationen aus dem Web an, um das Kundenprofil schärfer abzugrenzen und noch individueller – auch durch Vergleich mit peer-groups – zu gestalten.
Zweitens, der Aufbau eines Bereiches zur Sammlung von neuen Daten in ihrer ursprünglichen Form. Dieser Datenbereich wird oftmalig als Daten-Reservoir oder Lande-Zone bezeichnet. Er basiert auf Apache Open Source Hadoop Technologien mit HDFS (Hadoop Data File System). Für die Analyse dieser häufig unstrukturierten Daten werden Verfahren zur Text-Analyse, Content Mining, NLP(Natural-language-processing), Bilderkennung, Video- oder Sprachanalyse häufig verwendet. Die Aufgabe der neu etablierten Rolle eines Data-Scientists (auf gut wienerisch „Datenstierler“) ist es, neue Erkenntnisse aus den Daten zu gewinnen.

Was sollten Unternehmen tun, um Big Data „ready“ zu werden?
Der erste Schritt um Big Data „ready“ zu werden ist eine Bestandsaufnahme aller Datenquellen – die sogenannten Data Discovery. Dazu werden Werkzeuge für das explorative Verstehen der Dateninhalte eingesetzt, wie das Erstellen von Datenprofilen, das Ermöglichen einer vollinhaltlichen Suche und das Feststellen der Datenqualität. Als Ergebnis werden Meta Daten erzeugt, die in einem Repository, das technische Inhalte sowie geschäftliche Bedeutungen beschreibt, als Glossar verwaltet. Die ist auch der erste Schritt für eine Data Governance.

Was macht eine moderne BI-Lösung aus?
Moderne BI Lösungen sind in der Lage Reports und Kennzahlen zum aktuellst möglichen Zeitpunkt – de facto in real time und ad hoc – zu liefern. Je nach Anforderung werden diese Informationen unmittelbar nach dem Entstehen mit in-memory Technologien analysiert und ausgewerten. Moderne BI Lösungen sind 24×7 verfügbar und werden permanent mit Daten gefüllt. Die Zeitbereich für off-line Perioden und Batchverarbeitung gehören immer mehr der Vergangenheit an.

Christoph Kranzler, CEO der Total-Information-Management TIM AG

Inwieweit ist die Nutzung von Big Data bei heimischen Unternehmen schon Realität?
Obwohl Österreich als das klassische SMB/KMU Land gesehen wird, ist das Problem der großen Datenmengen auch hierzulande schon weit vorgedrungen; viele kleinere typisch österreichische Unternehmen haben in der Zeit auch große Datenmengen angehäuft. Wir sehen aber in unseren Enterprise-Infrastruktur-Projekten zwar die Notwendigkeit, mit diesen großen Datenmengen umzugehen (Erfassung, speichern, archivieren, löschen), jedoch noch selten die Frage nach der wirklichen Nutzung.
TIM setzt einen großen Fokus auf die Unterstützung der Vertriebspartner in der richtigen Auswahl und weiteren Implementierung der IT-Infrastruktur-Lösungen, die die Basis für Big-Data Datenhaltung und damit für BI-Lösungen darstellen.

Was sollten Unternehmen tun, um Big Data „ready“ zu werden?
Es muss im ersten Schritt eine klare Anforderung definiert werden, WAS bzw. WELCHE Informationen und Ergebnisse aus den angesammelten Datenmengen herausgefiltert werden soll – dies ist nicht Aufgabe der IT-Abteilung sondern klare und unternehmenskritische Geschäftsführer-Aufgabe. Wenn diese Anforderungen definiert sind, ist eine klare Trennung der Aufgaben und Verantwortungsbereiche gegeben: die Trennung in IT-Aufgaben (Datentrennung, Datenspeicherung, Bereitstellung, Archivierung) und die Daten-Analyse. Dann können auch die richtigen Analyse-Tools wie z.B. „BI-Lösungen“ gefunden und implementiert und zu guter Letzt täglich genutzt werden.

Was macht eine moderne BI-Lösung aus?
Eine BI-Lösung ist nur so gut, wie sie aufgesetzt und implementiert wird; da eine BI-Lösung wesentliche Informationen liefern soll, die für den Geschäftserfolg wichtig sind, muss auch der entsprechende Wille zur Umsetzung dahinterstehen, die „halbherzige“ Umsetzung ist ja ein bekanntes Problem: Definition der Erwartungshaltung in einem Pflichtenheft, die notwendigen bzw. möglichen Budgets bereitstellen, geeignete Leute für die Umsetzung im Haus oder extern finden, strukturierte Umsetzung der IT-Plattformen wie auch der Implementierung des BI-Tools inklusive Analyse-Ergebnis-Verarbeitung. Bei der Definition der Anforderungen bzw. Analyseergebnisse und wie diese Ergebnisse auch in der Praxis umgesetzt werden, entsteht zwangsläufig auch eine Basisdefinition des geeigneten BI-Tools; das ist daher nicht einen Frage, ob ein BI-Tool modern ist sondern eine Frage, ob das BI-Tool die Anforderungen erfüllen kann.


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