Blockchain-Technologie: Vertrauen in Perfektion?

Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial für große Umwälzungen. Sie bringt die kollaborative Wirtschaft an den Start und sorgt dafür, dass Entscheider Unternehmensdaten wieder vertrauen. [...]

Blockchain trat 2008 mit der digitalen Währung Bitcoin zum ersten Mal ins Rampenlicht, doch in diesem Jahr steht die Technologie buchstäblich auf dem Gipfel – nämlich im Hype Cycle von Gartner. Zwar haben viele Ökonomen und politische Akteure Interesse an einem Einsatz der Technologie geäußert – so wollen etwa die Regierungen von Honduras, Ghana und Georgien ihre Liegenschaften in einer Blockchain festschreiben und im Privatsektor haben verschiedene Finanzeinrichtungen erste Experimente durchgeführt – doch die konkrete praktische Anwendung ist noch nicht besonders stark verbreitet. Dies ist insofern erstaunlich, als der mit dieser Technologie verbundene Markt nach Prognosen von Gartner im Jahr 2022 ein Volumen von 10 Mrd. US-Dollar erreichen soll.
Service-Optimierung mit Blockchain
Das Umwälzungspotenzial von Blockchain ist in der Tat beispiellos. Da die Technologie die Notwendigkeit eines vertrauenswürdigen Vermittlers für eine direkte Beziehung zwischen zwei Gruppen beseitigt, die Sicherheit dieser Beziehung gewährleistet und zudem einen fälschungssicheren Datenverlauf generiert, könnte sie Dienste wie Uber entscheidend verbessern. Ein auf sogenannten „Smart Contracts“ basierendes System würde einen direkten Kontakt zwischen Fahrern und Kunden ermöglichen und gleichzeitig eine sichere Bezahlung garantieren. Die derzeit von Vermittlern wie Blablacar, AirBnB, Drivy oder Uber dominierte, kollaborative Wirtschaft würde in eine zweite Phase eintreten, die den Wegfall der Vermittlerrolle bedeuten würde.
Manche Beobachter halten es nur noch für eine Frage der Zeit, bis dieser Fall eintritt. Big Data hat es in gerade einmal zehn Jahren geschafft, zur wesentlichen Triebfeder in Marketing, Logistik und sogar im Personalwesen zu werden. Zwischen der ersten E-Mail und dem Beginn des Online-Bankings lagen stattdessen drei Jahrzehnte. Predictive Analytics – noch vor kurzem nur eine verrückte Idee aus Hollywood – ist mittlerweile sehr real und hat sich sogar zu einem Eckpfeiler der Terrorismusbekämpfung entwickelt.
Blockchain sichert Nachvollziehbarkeit von Daten
Betrachten wir das Potential von Blockchain für Big Data. Eine der grundlegenden Fragen im Zusammenhang mit Big Data betrifft ihre Governance. Welche Daten sollen wir nutzen? Wo sollen wir sie speichern? Wie können wir einen gesetzeskonformen Umgang mit ihnen gewährleisten? Wer darf sie ändern? Das Fehlen von Pilotprojekten wird häufig mit dem Vorhandensein von Datensilos entschuldigt, die die Agilität von Unternehmen erheblich beeinträchtigen. Die Entstehung von Data Lakes hat allerdings dazu geführt, dass diese Silos zerfallen und somit endlich ein Zugriff in Echtzeit auf die für geschäftliche Nutzer, Partner und Kunden so wichtigen Daten möglich ist.
Blockchain könnte in ähnlicher Weise dazu führen, dass bestimmte Big-Data-spezifische Prozesse (z. B. Authentifizierung oder Nachverfolgung von Daten) sicher werden. Das Potenzial ist gigantisch: Das gilt in erster Linie für den Gesundheitsbereich, wo bei personenbezogenen Daten immer auch die Vertraulichkeitsfrage zu stellen ist – aber auch im Finanzsektor, wo die Ausgliederung von Vermittlern zwar bereits eingeleitet wurde, aber in erheblichem Maße mit Sicherheitsproblemen und gesetzlichen Anforderungen zu kämpfen hat. Interesse könnte auch bei der Versicherungswirtschaft vorhanden sein, wo Blockchain ein weiterer wesentlicher Impuls für die Entwicklung von Peer-to-Peer-Modellen werden und die Grundlage für automatisierte Versicherungsverträge bilden könnte.
Auch kleine und mittlere Unternehmen bleiben nicht außen vor: Eine Bücherei könnte hiermit Ausleihe und Leihgebühren verwalten, Startups könnten ihre Finanzierung im Blick behalten. Mit dem Aufkommen von Smart Citys wären Verbraucher in der Lage, Verbrauch und Verteilung des mit Solaranlagen erzeugten Stroms zu regeln.
Vertrauen aufbauen mit der Blockchain-Technologie
Auch jenseits der Welt der Wirtschaft könnte die Gesellschaft von dieser Technologie profitieren: Online-Wahlen könnten sicher durchgeführt werden und es ließe sich ein Vertrauensnetzwerk einrichten, das eine großflächige Direktbefragung von Bürgern – etwa im Rahmen eines Referendums – ermöglichen würde. Die Folge wäre eine Stärkung der demokratischen Teilhabe.
Vertrauen bedeutet auch „offenbaren“. Nach Angaben von IDC weigern sich aufgrund fehlenden Vertrauens und mangelnder Governance etwa 30 Prozent der Entscheidungsträger, Unternehmensdaten zu nutzen. Mit Blockchain – einem „Vertrauenskatalysator“ – wird die Datennutzung ganz erheblich verbessert. Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0 und die kollaborative Wirtschaft könnten bahnbrechende Veränderungen in Ökonomie und Gesellschaft mit sich bringen. Und hier sind es die Unternehmen, die ihren Beitrag leisten müssen – durch Experimente und die Entwicklung neuer Anwendungsmöglichkeiten, die die Gesellschaft von morgen prägen werden.

* Thomas Steinborn ist Director Product Management bei Talend.


Mehr Artikel

News

Produktionsplanung 2026: Worauf es ankommt

Resilienz gilt als das neue Patentrezept, um aktuelle und kommende Krisen nicht nur zu meistern, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Doch Investitionen in die Krisenprävention können zu Lasten der Effizienz gehen. Ein Dilemma, das sich in den Griff bekommen lässt. […]

Maximilian Schirmer (rechts) übergibt zu Jahresende die Geschäftsführung von tarife.at an Michael Kreil. (c) tarife.at
News

tarife.at ab 2026 mit neuer Geschäftsführung

Beim österreichischen Vergleichsportal tarife.at kommt es mit Jahresbeginn zu einem planmäßigen Führungswechsel. Michael Kreil übernimmt mit 1. Jänner 2026 die Geschäftsführung. Maximilian Schirmer, der das Unternehmen gegründet hat, scheidet per 14. April 2026 aus der Gesellschaft aus. […]

News

Warum Unternehmen ihren Technologie-Stack und ihre Datenarchitektur überdenken sollten

Seit Jahren sehen sich Unternehmen mit einem grundlegenden Datenproblem konfrontiert: Systeme, die alltägliche Anwendungen ausführen (OLTP), und Analysesysteme, die Erkenntnisse liefern (OLAP). Diese Trennung entstand aufgrund traditioneller Beschränkungen der Infrastruktur, prägte aber auch die Arbeitsweise von Unternehmen.  Sie führte zu doppelt gepflegten Daten, isolierten Teams und langsameren Entscheidungsprozessen. […]

News

Windows 11 im Außendienst: Plattform für stabile Prozesse

Das Betriebssystem Windows 11 bildet im technischen Außendienst die zentrale Arbeitsumgebung für Service, Wartung und Inspektionen. Es verbindet robuste Geräte, klare Abläufe und schnelle Entscheidungswege mit einer einheitlichen Basis für Anwendungen. Sicherheitsfunktionen, Updates und Unternehmensrichtlinien greifen konsistent und schaffen eine vertrauenswürdige Plattform, auf der sowohl Management als auch Nutzer im Feld arbeiten können. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*