BMJ und BRZ gewinnen eAward für Einsatz von KI zur Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen

Jury bestätigt „perfekten Einsatz von KI bei repetitiven Arbeitsvorgängen“. KI hilft dabei, Entscheidungen mit geringem Aufwand rasch zu veröffentlichen. [...]

Die Preisträger beim eAward 2022 [(c) Report Verlag/Richard Pohl]

Bei der Verleihung des eAwards des Report Verlags am Montag, 10. Oktober 2022 konnten sich das Bundesministerium für Justiz (BMJ) und der Umsetzungspartner, das Bundesrechenzentrum (BRZ) über eine Auszeichnung in der Kategorie „Machine Learning und Künstliche Intelligenz“ freuen.

Ausgezeichnet wurde eine innovative Anwendung von künstlicher Intelligenz zur automatisierten Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen. Die Jury lobte in ihrer Begründung für die Auszeichnung nicht nur den „perfekten Einsatz von KI bei repetitiven Anwendungen“ sondern betonte auch, dass die Anwendung „beim effizienten Personaleinsatz in der Justiz hilft und Sachbearbeiter:innen entlastet“. Weiters attestierte man der Anwendung „Exportqualität in viele andere Bereiche“.

„Als Justizministerin bin ich sehr stolz, dass der in meinem Ressort eingeschlagene Digitalisierungskurs derart erfolgreich voranschreitet. Mit diesem Weg konnten wir bereits in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen. Die automatisierte Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen als verantwortungsvoller Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist ein weiterer eindrucksvoller Beleg dieses Erfolgskurses, für den ich mich herzlich bei allen Verantwortlichen bedanken möchte“, so Bundesministerin Alma Zadić.

„Die Anwendung neuer, innovativer Technologien für unsere Kunden ist Herzstück unserer Rolle als Kompetenzzentrum für die Digitalisierung in der Bundesverwaltung. Künstliche Intelligenz und Machine Learning haben großes Potenzial für den Einsatz im Public Sector. Wir freuen uns, dass das BRZ mit diesen Technologien für die Justiz eine Anwendung entwickeln konnte, die zur Entlastung der Mitarbeiter:innen beiträgt und einen Mehrwert für die Bürger:innen in Österreich hat“, so BRZ-Geschäftsführer Roland Ledinger.

Anonymisierung ist Grundlage für die Veröffentlichung von Entscheidungen

Ordentliche Gerichte, dazu zählen etwa Landessgerichte oder Oberlandesgerichte, treffen Entscheidungen, die für alle Rechtssuchenden wesentliche Bedeutung haben. Es werden fast ausschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichts­hofs im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) veröffentlicht.

Vor einer Publikation müssen alle personenbezogenen Daten sowie Informationen, die einen Rückschluss auf die Sache bzw. Personen ermöglichen, entfernt werden. Als manueller Prozess nimmt diese Anonymisierung viel Zeit in Anspruch. Mit Hilfe von Machine Learning und unter Einsatz von KI konnte das BRZ die Anonymisierung wesentlich beschleunigen.

Die mit dem eAward ausgezeichnete Anwendung ermöglicht es, die in Gerichtsentscheidungen vorkom­menden Personen, Organisationen, Orte sowie weitere relevante Metadaten zu identifizieren, zu extrahieren und basierend auf festgelegten Regeln unter Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen zu anonymisieren.

Erweitert wird die Anwendung durch die Berücksichtigung vorhandener Registerdaten und durch den Einsatz einer regelbasierten Suche.

Sinnvolle und sichere Nutzung von künstlicher Intelligenz

Die ein­gesetzten Machine Learning-Modelle werden auf Basis manuell markierter Gerichtsentscheidungen trainiert. Diese kommen sowohl bei der Erken­nung der enthaltenen Informationen als auch bei der Entscheidung darüber, welche Textpassagen zu anonymisieren sind, zum Einsatz.

Technisch herausfordernd ist dabei die Erkennung von unterschiedlichen Rollen der Personen im Text. So soll etwa der Name der Richterin bzw. des Richters nicht anonymisiert werden, auch Parteienvertreter:innen sind im Klartext zu belassen.

Internationales Interesse

Die durch die österreichische Justiz entwickelte Lösung weckt auch im europäischen Umfeld Interesse. Beleg dafür sind mehrfache Anfragen anderer EU-Länder hinsichtlich eines Know-how-Transfers sowie der Gewährung von Einblicken in die technologische Konzeption und Um­setzung. Auch in Österreich selbst sind weitere Einsatzmöglich­keiten denkbar. 

„Der Bedarf ist aber auch außerhalb der bisher im Fokus stehenden ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben. Vor allem im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt es entsprechenden Bedarf und Anfragen, diese justizeigene Lösung so zu erweitern, dass auch Entscheidungen dieser Be­hörden automatisiert anonymisiert werden können“, so Christian Gesek, Leitender Staatsanwalt im Justizministerium abschließend.

Ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema ist auch im BRZ Magazin „read_IT“, Ausgabe 02/22 erschienen (kostenloser Download).


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