BPM-, EAM- und IT-Modell: Im Dreiklang zur integrierten Modellierung

Der zentrale Erfolgsfaktor eines Modells ist leicht zu benennen. Es muss möglichst viele Antworten auf Fragen in dem Bereich liefern für den es erstellt wurde. Klingt trivial, ist aber oftmals nicht einfach umzusetzen. [...]

Für eine integrierte Modellierung braucht es den richtigen Dreiklang aus BPM-, EA- und IT-Modellen (c) pixabay.com

Modelle sollen Antworten liefern. Besonders komplex wird es dabei allerdings, wenn nicht nur eine Domäne wie zum Beispiel das „klassische“ Business Process Management (BPM) betrachtet werden soll, sondern gleichzeitig auch angrenzende Themengebiete wie eine Enterprise Architecture (EA) und die fachlich-technische IT-Modellierung in einem „Integrierten Modell“ verknüpft werden. Die Verbindung verschiedener Modellierungsdomänen hat ein sehr hohes Nutzenpotenzial, ist aber leider auch schwer zu entwerfen. Wie kann die Integration der Domänen BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellierung gelingen?

Wie Abbildung 1 zeigt, bestehen zwischen den Modellen inhaltliche Gemeinsamkeiten wie auch Differenzen. Wenn zum Beispiel nur Enterprise-Architecture-Management- (EAM-)Inhalte erfasst werden, dann müssen zwangsläufig auch Teilinhalte mit einbezogen werden, die eigentlich zum BPM oder zum fachlich-technischen IT-Modell gehören. Gleiches gilt für ein einzelnes BPM oder fachlich-technisches IT-Modell, wenn auch für andere Inhalte. Da es gilt, bei dem Entwurf eines integrierten Modells Redundanzen zu vermeiden, ist es wichtig, bereits bei der Erstellung der Struktur genau festzulegen, welche Inhalte zu welchem Bereich (EA, BPM und fachlich-technisches IT-Modell) gehören.

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen BPM, EAM und IT-Inhalten im integrierten Modell (c) eigene Darstellung

1. Der BPM-Modellteil

Der BPM-Modellteil fokussiert auf das Ablaufverhalten und die Tätigkeiten der Wertschöpfung in der betrachteten Organisation. Es wird im Einzelnen beschrieben, wie Tätigkeiten bearbeitet werden und welche Ressourcen beteiligt sind. Wichtig ist an dieser Stelle, ausschließlich fachliche, IT-neutrale Inhalte zu dokumentieren.

Dabei handelt es sich um eine IT-neutrale, von technischen Inhalten weitgehend befreite Sicht. Neben der Analyse von Prozessen dient dieser Modellteil der fachlichen Optimierung, Dokumentation und Kommunikation von Arbeitsabläufen. Abgeleitet werden von hier alle Aktivitäten zur effektiven Organisationsgestaltung und -weiterentwicklung, sowie zur Bearbeitung und Messung fachlicher Prozesse.

2. Der EAM-Modellteil

Der Enterprise-Architecture-Modellteil beinhaltet die abstrakte Beschreibung einer Organisation. Es werden in einer Überblicksperspektive die Zusammenhänge und Abhängigkeiten dargestellt. Eine Detaillierung einzelner Inhalte erfolgt dabei nicht. Es handelt sich um eine abstrakte Sicht auf die Strukturen und Arbeitsweisen.

Damit geht dieser Teil über die reine Betrachtung der Prozesse hinaus. Das Ziel einer Enterprise Architectur ist es zu ermitteln, wie die betrachtete Organisation möglichst effektiv aktuelle und zukünftige Ziele erreicht. Folgende Sichten sind, wenn auch gelegentlich anders benannt, in jedem EA-Modell enthalten:

  • Business-Architektur,
  • Daten-Architektur,
  • Anwendungs-Architektur und
  • Infrastruktur-Architektur.

Abgeleitet wird von hier die transparente fachliche Beschreibung einer Organisation und deren informationstechnologische Unterstützung als Ganzes.

3. Der fachlich-technische Modellteil

Der fachlich-technische IT-Modellteil dient zur Dokumentation von Inhalten, die zum Entwurf, zur Implementierung und zum Betrieb einer IT-Lösung benötigt werden. Er richtet sich grundsätzlich immer an den Dokumentations- und Beschreibungsanforderungen der zugrundeliegenden einzelnen IT-Lösung aus (zum Beispiel SAP-Einführung, Robotik Process Automation oder Process Mining).

Die Diskussionen um Digitalisierung haben diesem Bereich eine zusätzliche Bedeutung gegeben. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die Beherrschung der IT-Modellierung eine zentrale Fähigkeit darstellt, um IT-Lösungen einzuführen und zu betreiben. Dieser Sachverhalt wird auch weiter bestehen, wenn in zwei bis drei Jahren, ähnlich wie es vor zehn Jahren beim Thema SOA der Fall war, nicht mehr über Digitalisierung gesprochen wird.

Organisationen müssen ihre Modelle dahingehend ausrichten, dass sie neben den BPM und EAM Inhalten auch die fachlich-technischen Inhalte einzelner IT-Verfahren abbilden. Neue Lösungen wie Process Minning und Robotik Process Automation lassen sich nur einführen, wenn Kenntnisse über die zugrundeliegenden Prozesse und organisationsweiten Zusammenhänge vorliegen. Auch Themen wie die Digitalisierungsstrategie, IT-Governance und die Organisation des Service Managements lassen sich hier als Beispiele aufführen.

Fazit

BPM, Enterprise Architecture und die fachlich-technische IT-Modellierung befassen sich demnach vielfach mit ähnlichen Informationsinhalten. Zum Beispiel benötigt der IT-Analyst zur Umsetzung eines IT-Projekts Informationen über den fachlichen Zusammenhang, für den er eine passende Lösung erstellen soll. Der Business Analyst muss diese fachlichen und technischen Informationen ermitteln und beschreiben. Das Management muss in der Lage sein, diese in die gesamte Unternehmensstrategie einzuordnen und zu bewerten.

Informationen müssen deshalb so dokumentiert werden, dass sie kommuniziert und von den Beteiligten in Management, Fach- und IT-Abteilung verstanden werden. Nur wenn die drei Perspektiven BPM, EAM und fachlich-technische IT-Modellierung zusammen gedacht und verbunden werden, kann von einem effizienten Modellierungsansatz gesprochen werden der zutreffende Antworten liefert.

*Dirk Stähler befasst sich seit vielen Jahren mit der innovativen Gestaltung von Organisationen, Prozessen und IT-Systemen. Er unterstützt privatwirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Verwaltungen in Europa, dem Mittleren Osten und Nordamerika dabei, Mehrwert durch die kreative Nutzung ihrer Informationstechnologie zu gewinnen.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*