BPM: Fachabteilungen umgehen IT

Die zentrale IT-Abteilung verliert immer mehr die Kontrolle über die Geschäftsprozesse. Rund drei Viertel (76 Prozent) aller Geschäftsprozesse in deutschen Unternehmen werden von den Fachabteilungen direkt umgesetzt. Dies geht aus einer Studie hervor, die die Software Initiative Deutschland e.V. (SID) gemeinsam mit der Metasonic AG in Auftrag gegeben hat. Als Gründe für die Kluft zwischen IT- und Fachabteilung nennt der BPM-Report in erster Linie die zunehmende Komplexität und Geschwindigkeit bei den Geschäftsprozessen. [...]

Dementsprechend müssen die Geschäftsprozesse mit immer höherer Geschwindigkeit angepasst werden (79 Prozent der hundert befragen Fach- und Führungskräfte). Da die Umsetzung durch die IT-Abteilung meist zu lange dauert (72 Prozent, Mehrfachnennungen waren erwünscht) greifen die Fachabteilungen einfach zur Selbsthilfe (68 Prozent).
Einen weiteren Grund dafür, dass die Geschäftsprozess-Kompetenz von der IT- in die Fachabteilungen übergegangen ist, liegt laut dem BPM-Report 2012 darin begründet, dass die IT als Business-Enabler fungieren soll und dadurch entlastet werden muss (65 Prozent). Zudem glauben 64 Prozent der befragten deutschen Fach- und Führungskräfte, dass eine frühzeitige Einbindung der Fachabteilungen zu einer erhöhten Akzeptanz der Lösung führt. Weitere neun Prozent sind davon überzeugt, dass dort wo die Unternehmensaktivitäten hauptsächlich laufen, auch die Verantwortung sein sollte. „Bei der Übernahme der Geschäftsprozess-Kompetenz seitens der Fachabteilungen handelt es sich meistens um individuelle Aktionen, welche aus der sich häufig ändernden Erfordernis heraus entstehen. Unterstützt die eingesetzte BPM-Lösung oder Standardsoftware die Mitarbeiter nicht ausreichend bei ihrer täglichen Arbeit, greifen diese nach dem Motto ‚der Zweck heiligt die Mittel‘ einfach zur Selbsthilfe“, erläutert Herbert Kindermann, Vorsitzender des SID-Forums „Quo vadis BPM?“ und CEO der Metasonic AG.
Diese von Kindermann als „IT-Wildwuchs“ bezeichnete Entwicklung lässt auch an den Systemen festmachen, die für die Realisierung der Geschäftsprozesse genutzt werden. Die eigentlich dafür vorgesehen Softwarelösungen kommen nur noch bei etwa einem Drittel (33 Prozent) der Geschäftsprozesse zum Einsatz: Auf die dafür vorgesehenen BPM-Suiten wie IBM Blueworks oder Pega Systems entfallen gerade einmal 19 Prozent. Die Standardsoftware von SAP oder Oracle wird in 14 Prozent der Fällen genutzt. Für den weitaus größeren Teil der Geschäftsprozesse wird die vorhandene Bürosoftware von Microsoft zweckentfremdet.
Dementsprechend liegt mehr als jeder dritte Geschäftsprozess (36 Prozent) als Excel-Tabelle oder vergleichbare Software vor. Für weitere 31 Prozent der Geschäftsprozesse werden laut BPM-Report Datenbankprogramme wie Access genutzt. Ein Ende dieser Entwicklung ist laut BPM-Report nicht in Sicht. Eine Mehrheit von 79 Prozent der Fach- und Führungskräfte geht davon aus, dass die Anzahl der Geschäftsprozesse, die in den Unternehmen auf Excel, Access oder E-Mail basiert, in Zukunft weiter zunehmen wird. (pi)

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