CANCOM realisiert KI-Cluster für die Universität Würzburg

160 leistungsstarke NVIDIA-Grafikkarten, untergebracht in acht wassergekühlten Racksystemen des Herstellers Vertiv, eine Rechenleistung von 90.500 GigaFlops pro Karte sowie ein 1,8 Petabyte großer Festplattenspeicher: Das sind die Kerndaten des neuen Hochleistungsrechners. [...]

Hinter Gittern: Normalerweise ist der Zutritt zu Julia 2 nur für Fachpersonal möglich. Bei der feierlichen Inbetriebnahme nutzten viele Interessierte die Gelegenheit, den Großrechner in Augenschein zu nehmen. (c) Gunnar Bartsch/JMU

Die Universität Würzburg hat am 27. November 2024 ihren neuen High-Performance-Computing-Cluster Julia 2 offiziell in Betrieb genommen. Die Einweihung fand im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Rechenzentrums der Universität statt. Mit diesem KI-Cluster setzt die Universität neue Maßstäbe in der Forschung und Lehre, insbesondere in den Bereichen künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning.

CANCOM übernahm als strategischer IT-Dienstleister und KI-Enabler gemeinsam mit den Partnern Dell und Vertiv die Konzeption und Umsetzung des Projekts. Ergebnis ist ein leistungsstarkes und zukunftssicheres System, mit dem die Universität in der Lage ist, komplexe KI-Projekte umzusetzen.

CANCOM stellt gemeinsam mit den Technologiepartnern Dell, NVIDIA, Vertiv, Intel und AMD ein umfassendes High-Performance-Computing-System (HPC) bereit, das die spezifischen Anforderungen der Universität erfüllt. Der Aufbau des Clusters erfolgte im Rahmen des bestehenden Server-Rahmenvertrags des Freistaats Bayern. Dabei übernahm CANCOM die ganzheitliche Projektsteuerung – von der Analyse und Konzeption bis hin zur Implementierung und Bereitstellung der Systeme. Im Rahmen des Projekts wurde ein neuer Serverraum auf dem Campus Hubland Nord gebaut, der speziell auf die hohen Anforderungen von HPC- und KI-Anwendungen ausgelegt ist.

Früher war in dem Raum die Küche der Middle School untergebracht. Jetzt gleicht er einem Keller in einem Mehrfamilienhaus, durch den sich Heizungs- und Wasserrohre sowie Stromkabel ziehen. Hinter einer Absperrung aus Stahlgitter steht ein über sechs Meter langes Regalsystem, in dem die neueste Errungenschaft der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg steckt: der Großrechner Julia 2, in der Fachsprache High Performance Cluster genannt.

Vier Millionen Euro Anschaffungskosten

160 leistungsstarke NVIDIA-Grafikkarten, untergebracht in acht wassergekühlten Racksystemen des Herstellers Vertiv, eine Rechenleistung von 90.500 GigaFlops pro Karte sowie ein 1,8 Petabyte großer Festplattenspeicher: Das sind die Kerndaten des neuen Hochleistungsrechners. Wer mit Petabyte nichts anfangen kann: Ein Petabyte entspricht 1.024 Terabyte oder 1.048.576 Gigabyte.

Rund vier Millionen Euro hat die Anschaffung gekostet – finanziert aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Dazu kommen weitere Kosten für die aufwändige Kühltechnik. Offiziell in Betrieb genommen wurde Julia 2 jetzt im Rahmen eines Festakts in den Räumen der Graduate School. Parallel dazu konnte das Rechenzentrum der Uni sein 50-jähriges Jubiläum feiern – zusammen mit vielen früheren und heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit Redner aus Wirtschaft, Wissenschaft, vom Rechenzentrum und aus der Universitätsleitung.

Einblick in die „Kühlkammer“ von Julia 2. Hier fließt das Kühlwasser rein und wieder raus. (c) Gunnar Bartsch/JMU

Zahlreiche Anwendungsgebiete am CAIDAS

Die Seite der Wissenschaft vertrat Professor Andreas Hotho. Der Informatiker leitet an der Uni Würzburg den Lehrstuhl für Data Science, gleichzeitig ist er Sprecher des Centers for Artificial Intelligence and Data Science (CAIDAS) der JMU. CAIDAS wird einer der Hauptnutzer von Julia 2 sein. Dort steht die Forschung an künstlicher Intelligenz und der Verarbeitung großer Datenmengen im Mittelpunkt – eine Aufgabe, für die Julia 2 spezialisiert ist.

Die Bereiche, in denen am CAIDAS geforscht wird, sind vielfältig, wie Hotho in seinem Vortrag erläuterte. „Super Resolution“ lautet beispielsweise ein Schlagwort für eines dieser Forschungsprojekte. Darin geht es, salopp formuliert, um die Frage, wie sich aus einem schlechten Bild, das verwackelt ist und in geringer Qualität vorliegt, ein gutes machen lässt.

Im Bereich „Computational Music and Audio Analysis” sucht ein Forschungsteam unter anderem nach Wegen, wie sich aus einer Aufnahme eines Orchesters die Stimmen einzelner Instrumente extrahieren lassen. Die Literaturwissenschaft hofft, mit Hilfe von KI Charakterbeschreibungen aus einem Roman ziehen zu können. In den Lebenswissenschaften arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, mit künstlicher Intelligenz Genregulationsnetzwerke in einzelnen Körperzellen zu entschlüsseln oder die Diagnose von Brustkrebs zu verbessern.

Oben die Rohre für das Kühlwasser, unten die Öffnungen hinter den Ventilatoren: Blick auf die Rückseite von Julia 2. (c) Gunnar Bartsch/JMU

Ein Large Language Modell aus Würzburg

Nicht zu vergessen ein Forschungsbereich, der momentan für die meisten Schlagzeilen sorgt: Large Language Models, besser bekannt unter Namen wie ChatGPT oder Gemini. Wenn es um die Verarbeitung und das Verständnis natürlicher Sprache geht, sind auch Forschungsteams am CAIDAS mit dabei. So konnten die Wissenschaftler erst vor wenigen Tagen einen neuen Meilenstein für deutschsprachige Large Language Models setzen. Für die leistungsstärkste Version haben sie ihr Modell mit über einer Milliarde Parameter trainiert.

Andere Teams arbeiten an Modellen, die fair und ethisch korrekt arbeiten und die dazu in der Lage sind, die Fähigkeiten, die sie sich zum Beispiel an englischsprachigen Textsammlungen antrainiert haben, auf andere Sprachen zu übertragen, die sonst kaum Berücksichtigung finden.

„Aktuell kommen täglich neue Modelle auf den Markt, für die es eine enorme Menge an Anwendungen gibt“, sagte Andreas Hotho in seinem Vortrag. Dank Julia 2 seien Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Würzburg jetzt in der Lage, diese Entwicklungen zu nutzen.

Ein Monitor gibt permanent Auskunft über die Auslastung von Julia 2. (c) Gunnar Bartsch/JMU

Ein essenzieller Beitrag für den wissenschaftlichen Fortschritt

Die Seite der Wirtschaft war auf dem Festakt mit Jochen Borenich vertreten. Borenich ist CSO bei dem strategischen IT-Dienstleister Cancom. Das Unternehmen hat gemeinsam mit weiteren Technologiepartnern „ein umfassendes HPC-System bereitgestellt, das die spezifischen Anforderungen der Universität an ein High-Performance-Computing-System erfüllt“, wie das Unternehmen schreibt.

„Die Realisierung des KI-Clusters zeigt, wie wir durch unsere Expertise im Bereich künstliche Intelligenz IT-Lösungen entwickeln, die einen echten Mehrwert für Forschungseinrichtungen schaffen können“, erklärte Borenich. „Durch den Betrieb von High-Performance-Computing-Systemen wie Julia 2 trägt das Rechenzentrum maßgeblich dazu bei, die Universität Würzburg als innovativen Wissenschaftsstandort zu stärken. CANCOM wird die Universität weiterhin dabei unterstützen, ihre technologische Basis kontinuierlich auszubauen und die Vorteile künstlicher Intelligenz als treibende Kraft für Forschung und Innovation optimal zu nutzen“, betonte Borenich.

Eine kurze Reise durch die Geschichte des Rechenzentrums

Zuvor hatte Matthias Funken, Leiter des Rechenzentrums und Chief Information Officer der JMU, die Gäste des Festakts auf eine launige und kurzweilige Reise durch die 50-jährige Geschichte des Zentrums in seiner Funktion als zentrale Einrichtung der Universität eingeladen. Eine Reise, die von der Lochkarte in die Cloud führte, vom Säle füllenden Großrechner über PCs bis zum Smartphone, vom ersten Datenkabel bis zum 2.000sten WLAN-Access-Point, vom ersten Virus auf Diskette bis zur Cyberattacke aus dem Internet und vom Unterstützer einzelner Wissenschaftler bis zum Dienstleister für sämtliche Uni-Mitglieder.

„Resilienz, Skalierung und digitale Souveränität sind die Themen, mit denen wir uns heute maßgeblich beschäftigen“, sagte Funken. Und über allem stehe als Schwerpunkt-Thema die IT-Sicherheit. Dabei gelte für alle Bereiche und über alle Jahrzehnte ein Motto: „Schneller, weiter, mehr – und am Besten sofort“, wie Funken sagte. Die ersten drei Punkte treffen auch auf Julia 2 zu. „Sie hat 192 Millionen Mal so viel Speicher wie einer unserer ersten Großrechner, die Telefunken TR 440 am Rechenzentrum“, so Funken.


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