In einer Studie befragte Capgemini 3.300 Konsumenten und 450 Führungskräfte in Dienstleistungsunternehmen. Das Resultat: Die Qualität der Kundenerfahrung wird von Kunden und Unternehmen ganz unterschiedlich wahrgenommen. [...]
Nach den Ergebnissen der Capgemeini-Studie „The Disconnected Customer: What digital customer experience leaders teach us about reconnecting with customers“ glauben drei Viertel (75 Prozent) der befragten Organisationen, dass sie kundenzentriert ausgerichtet sind, jedoch stimmen dem nur 30 Prozent der Konsumenten zu. Frustriert davon, dass Unternehmen nicht auf ihr Feedback eingehen oder ihre Treue belohnen, ist die Mehrheit der Kunden (81 Prozent) bereit, für ein besseres Kundenerlebnis auch mehr auszugeben. Allerdings sieht es fast ein Drittel der Unternehmen (31 Prozent) als herausfordernd an, mit der sich rasant entwickelnden Technologielandschaft und den Erwartungen der Kunden an Digitalisierung mitzuhalten.
Reality-Check zum Thema Kundenerfahrung bei Großunternehmen
Die Studie, für die Kunden aus Australien, China, Frankreich, Deutschland, Indien, den Niederlanden, Großbritannien und den USA befragt wurden, ist gleichzeitig ein Realitätscheck für Großunternehmen, die sich darum bemühen, die Kundenerfahrung durch Digitalisierung zu verbessern. Demnach gibt es nicht nur zwischen Kunden und Unternehmen eine große Dissonanz, worin sich Kundenzentriertheit zeigt, sondern auch darin, ob sich die Kundenerfahrung verbessert. Capgemini verwendete zur Messung der Kundenzufriedenheit das Industrie-Standardmodell Net Promoter Score (NPS) – ein Index von -100 bis 100, der die Bereitschaft von Kunden misst, die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens weiterzuempfehlen. 90 Prozent der Unternehmen glauben, dass sich der NPS ihres Unternehmens innerhalb der letzten drei Jahre um fünf Punkte verbessert hat, dem stimmt allerdings nur die Hälfte der Kunden (54 Prozent) zu.
Versorgungs- und Konsumgüter-Unternehmen entsprechen Kundenerwartungen am wenigsten
Die Studie zeigt auch signifikante Unterschiede zwischen den Branchen auf. Internet-Dienstleistungsunternehmen (Internet-Based-Services) und ihre Kunden bewegen sich nahezu im Gleichschritt und legen die Messlatte für andere Unternehmen hoch, während Unternehmen aus dem Versorgungs (Utility)- und Konsumgütersektor (CPG) noch weit davon entfernt sind, die Erwartungen der Kunden zu erfüllen.
Kunden würden für mehr Service mehr bezahlen
Nur dreißig Prozent der für die Studie befragten 125 Unternehmen erfüllen die Erwartungen ihrer Kunden. Für die verbleibenden 70 Prozent würde sich die Arbeit an einem besseren Kundenerlebnis rechnen: Acht von zehn ihrer Kunden (81 Prozent) geben an, dass sie bereit wären, für ein besseres Kundenerlebnis auch mehr Geld auszugeben. In einem von 10 Fällen (9 Prozent) würden Kunden sogar mehr als die Hälfte zusätzlich ausgeben. Verbraucher in Indien (98 Prozent) und China (95 Prozent) würden am ehesten gute Erlebnisse mit höheren Ausgaben honorieren, während das in Deutschland (61 Prozent) und den Niederlanden (72 Prozent) am unwahrscheinlichsten ist.
Das digitale Erlebnis ist der Schlüssel zum Kunden
Digital ist der Schlüssel zur Erfüllung von Kundenerwartungen. Das Digital Transformation Institute von Capgemini bewertete Unternehmen anhand von 80 verschiedenen Merkmalen zum digitalen Kundenerlebnis – von der Möglichkeit, persönliche Daten zu sehen und zu verändern bis hin zur Personalisierbarkeit von Produkten und Dienstleistungen auf Mobilgeräten – um einen Digital-Customer-Experience-(DCX)-Index zu erstellen. Je mehr digitale Eigenschaften ein Unternehmen aufweist und je weiter entwickelt diese digitalen Merkmale sind, umso höher fällt der DCX-Wert aus. Auf die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten bezogen, fand Capgemini heraus, dass Konsumenten bereit sind, für jeden einzelnen weiteren Prozentpunkt im DCX Index 0,6 Prozent mehr Geld für Unternehmen auszugeben. Der Report zeigt, dass der DCX Index stark mit dem NPS eines Unternehmens korreliert (Korrelationskoeffizient: 0,73). Die Studie belegt ebenfalls, dass die Aktienkurse der Top-Ten-Unternehmen mit dem höchsten DCX Index in den letzten fünf Jahren um 16 Prozent pro Jahr zulegten, während die Aktienkurse der zehn Unternehmen mit dem schlechtesten DCX Index nur um durchschnittlich 6 Prozent stiegen.
Eng am Kundenerlebnis ausgerichtete Unternehmen sind erfolgreicher
Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit eng mit dem Kundenerlebnis (6 Prozent) verknüpfen, genießen einen Vorteil von 14 NPS-Punkten gegenüber jenen Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit nicht mit dem Kundenerlebnis (33 Prozent) verknüpft ist. Der NPS (12 Punkte) von Firmen mit einer starken Verknüpfung wuchs innerhalb der letzten Zwei Jahre doppelt so stark. Stephan Kolarik, verantwortlich für Transformation-Consulting bei Capgemini Österreich, konstatiert, dass die Digitalisierung neue Wege der Kundenansprache eröffnet habe. Kollrig: „Damit haben sich Verhalten und Erwartungen der Konsumenten verändert. Viele Organisationen kämpfen mit dem hohen Tempo der Veränderung. Die Analyse zeigt, dass digital unterstützte Kundenerlebnisse ein neues strategisches Spielfeld sind, die in jeder Industrie über den Erfolg an der Kundenschnittstelle entscheiden. Organisationen, die ihre Geschäftstätigkeit konsequent auf das Kundenerlebnis ausrichten, werden von der Zusammenarbeit und Treue ihrer Kunden profitieren.“
Herausforderungen für Unternehmen
Weniger als zwei von zehn Unternehmen (19 Prozent) erfüllen die Erwartungen der Kunden. Für die anderen Unternehmen sind die größten Herausforderungen organisatorischer und technischer Natur. Die sich schnell entwickelnde technische Landschaft (56 Prozent) und steigende Kundenerwartungen (57 Prozent) werden als größte IT-Herausforderung genannt. Vor allem die Integration uneinheitlicher Plattformen (38 Prozent) oder ein schlechtes Userinterface (32 Prozent) sind Anzeichen dafür, dass viele Organisationen Schwierigkeiten mit der unablässigen Evolution der Technologien haben, obwohl die ersten Grundlagen für die Digitalisierung gelegt sind. Unternehmen nennen auch das Fehlen von spezifischen Budgets (41 Prozent) und die interne Verantwortlichkeit für das digitale Kundenerlebnis (35 Prozent) und deuten damit an, dass viele Unternehmen die Digitalisierung noch nicht als das Instrument sehen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihr Wachstum zu fördern.
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