Digitalisierung im Öffentlichen Dienst

Netzausbau, Preisbremsen, Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende – die Agenda von Stadt- und Gemeindewerken ist dieser Tage wahrlich nicht kurz. Umso wichtiger ist es, Geschäftsprozesse zu digitalisieren und damit lästige Aufgaben soweit es geht zu automatisieren. Wie das funktioniert, zeigt das Dokumentenmanagement der Stadtwerke Kufstein. [...]

Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Kufstein (c) Stadtwerke Kufstein
Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Kufstein (c) Stadtwerke Kufstein

Digitalisierung ist heute mehr die Regel als die Ausnahme. Das gilt auch, aller Unkenrufe zum Trotz, im öffentlichen Dienst. Das Optimieren und Automatisieren von Geschäftsprozessen und Workflows ist die Grundvoraussetzung schlechthin, um in wirtschaftlich unsicheren Zeiten und angesichts vielerorts fehlender Fachkräfte den Kopf über Wasser zu halten. 

Die Digitalstrategie vieler Stadtwerke zum Beispiel scheint so weit ausgereift zu sein, dass sich die Versorger nun mit voller Kraft auf Dekarbonisierung, Energiesicherheit und Erneuerbare Energien stürzen können. Das zeigt u.a. eine Umfrage von EY und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Damit mag die Digitalisierung als singuläres Ziel auf der Prioritätenliste zurückfallen. Als Effektivitätshebel für kommende Aufgaben büßt sie jedoch nichts an Wirkkraft ein, sondern wird vielmehr als gegeben vorausgesetzt.    

DMS als Effizienz-Kernkompetenz

Das zeigt sich an keinem Beispiel so offensichtlich wie im Umgang mit Dokumenten und den darin enthaltenen Daten. Egal ob Rechnungen, Belege, Lieferscheine, Personalakten oder Verträge – die Vision des papierlosen Arbeitens ist bereits ein Stück weit Realität. Selbst wenn teilweise noch Rechnungen in Papierform auf dem Schreibtisch landen, sorgen Scan-Tools für die Digitalisierung. Dabei ist es im Grunde egal, ob spezielle Lösungen mit Optical-Character-Recognition (OCR) oder das Smartphone zum Einsatz kommen. Hauptsache, das Dokument liegt digital vor und kann von Dokumentenmanagementsystemen (DMS) verarbeitet werden. 

DMS umfasst weit mehr als nur „Ablage“. Früher ging es vor allem darum, Dokumente möglichst einfach zu verwalten und gesetzlichen Aufbewahrungspflichten wie GoBDHGB und AO nachzukommen. Heute erkennen Unternehmen zunehmend den Mehrwert zentral abgelegter Dokumente – und der darin enthaltenen Daten. 

Mit der Cloud als Aufbewahrungsort liegt jetzt zudem die nötige Infrastruktur vor, um innerhalb der DMS-Lösungen Integrationen vorzunehmen und sie noch einfacher und flexibler mit anderen Datenquellen (z. B. ERP, CRM) zu verknüpfen. Im cloudbasierten Archiv lassen sich so große Mengen an Daten und Workloads zu einer Single Point of Truth (SPoT) zusammenfassen. Mitarbeitende können dort auf kuratierte, geschäftsrelevante und zentral abgelegte Daten zugreifen – oder diese theoretisch sogar über einen Chatbot à la ChatGPT abfragen. Überhaupt steht mit dem DMS-Archiv ein interessantes Trainingsumfeld für Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) zur Verfügung, um interne Prozesse noch smarter zu gestalten.  

Archiv-Strategie der Stadtwerke Kufstein  

Je früher die Digitalisierung von Dokumenten beginnt, desto umfangreicher der Datenschatz und desto aussichtsreicher das daraus resultierende Innovationspotential. Ein Vorreiter in Sachen Archivierung sind hier die Stadtwerke Kufstein. Als „Städtische Wasserleitungsanstalt“ 1894 gegründet, stellt der Versorger heute nicht nur Strom, Fernwärme, Wasser, Abwasser und Abfall sicher, sondern bietet darüber hinaus Services rund um Internet, Carsharing und öffentlicher Nahverkehr. 

Je früher die Digitalisierung von Dokumenten beginnt, desto umfangreicher der Datenschatz und desto aussichtsreicher das daraus resultierende Innovationspotential.

Florentina Lohninger ist Geschäftsführerin der easy software GmbH mit Sitz in Salzburg.

Die 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadt Kufstein verwendet bereits seit vielen Jahren ein DMS, um sämtliche Dokumente an einer Stelle im Haus ganzheitlich abzulegen. Die Entscheidung für eine zentrale Ablage und gegen eine Vielzahl von Laufwerken erwies sich bereits damals als zukunftsweisend. In den folgenden Jahren trieb der Versorger die digitale Transformation weiter voran und integrierte unter anderem 2013 seine internen und externen Prozesse in elektronische Workflows. 

Digitale Rechnungserfassung – ob per Post oder Mail 

Bei der Umsetzung setzten die Stadtwerke auf die Lösungen des deutschen DMS-Anbieters easy software. Elektronische Rechnungen gehen seitdem ohne Unterbrechung und ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand in den Freigabeprozess über. Briefrechnungen machen zunächst einen Zwischenstopp bei easy capture. Das Scan-Modul verarbeitet Dateien aus allen erdenklichen Eingangskanälen zu digitalen Belegen und kann mehr als 300 Dateiformate anzeigen. Die extrahierten Informationen lassen sich zudem automatisch mit vorhandenen Datenquellen wie Verzeichnissen oder Lieferantenlisten abgleichen. Bei den Stadtwerken liest das Modul die für die Buchhaltung relevanten Informationen zuverlässig aus, beschlagwortet bzw. indiziert die Belege und schickt sie im Anschluss auf die weitere Reise durch das Unternehmen. 

Spätestens bei der Erfassung lohnt es sich, wenn die automatische Rechnungsverarbeitung in vorgelagerte Geschäftsprozesse integriert ist. Ist das DMS zum Beispiel mit dem ERP verknüpft, lässt sich ein Three-Way-Match-Prüfkonzept realisieren: Das System vergleicht Daten anhand von drei Prüfpunkten und stellt sicher, dass die Positionen auf der Eingangsrechnung mit der ursprünglichen Bestellung übereinstimmen. 

Freigabe-Workflows: Klar definiert und automatisiert

Nach der Erfassung geht es an die Validierung. Hier geht es um die rechtliche Prüfung, also die Frage, ob es sich beim Dokument auch aus Sicht des Gesetzgebers um eine „ordentliche“ Rechnung handelt. Laut dem österreichischen Umsatzsteuergesetz (§ 11 UstG) müssen Rechnungen elf verschiedene Merkmale aufweisen, damit sie steuerrechtlich anerkannt werden können. Automatisierte Lösungen können diese Kriterien automatisch mit Dokumenten abgleichen und viel Zeit und Kopfschmerzen sparen. 

Auch die Stadtwerke Kufstein gewinnen durch den elektronischen Freigabeprozess an Transparenz und Geschwindigkeit. Klar definierte Workflows sorgen für eine reibungslose Freigabe. Kriterien, die darüber entscheiden, welche Personen welche Rechnungen in welchem Zeitrahmen freigeben müssen, sind im DMS einwandfrei hinterlegt. Nach einer ersten Prüfung durch entsprechende Sacharbeiter wandern die Rechnungen so automatisch an den jeweiligen Abteilungsleiter, Prokuristen oder Geschäftsführer zum finalen Gegenzeichnen. Stockt der Freigabe-Prozess an einer der Stationen länger als zwei Tage, reicht das System die Rechnung automatisch eine Hierarchie weiter nach oben.  

Nahtlos in die Finanzbuchhaltung

Zu Ende ist die automatisierte Rechnungsverarbeitung bei den Stadtwerken damit noch nicht. Nach erfolgter Freigabe landet die Rechnung ohne Umweg in der Buchhaltung und wird nach Überweisung des Rechnungsbetrags revisionssicher im Archiv von easy abgelegt. Einmal gescannt und auf dem Server gesichert, lässt sich die Originalrechnung mit gutem Gewissen löschen. Eine Schnittstelle zum ERP System (Vendoc) und zur Finanzbuchhaltung (Jet Fibu) platziert die gescannte Rechnung zudem in jeder Buchungszeile. 

Darüber hinaus können die rund 110 Mitarbeitenden der Stadtwerke Kufstein im easy DMS auf die Dokumente zugreifen. Mit dem innovativen Mobile Client ist der Zugriff auf die internen Abläufe jederzeit und von jedem Ort aus möglich – egal ob über Web-Client oder das Smartphone. Damit bleiben Mitarbeitende über firmeninterne Workflows informiert und können am Entscheidungsprozess mitwirken. 

Digitale Services für digitale Kunden

Die Digitalisierung des DMS zielte jedoch nicht nur auf interne Workflows. Den Stadtwerken ging es auch darum, externe Kundenprozesse zu verbessern und damit das Service-Level anzuheben. Wie in allen Bereichen fordern Verbraucher auch von ihren Energieversorgern digitale Angebote, die es erlauben, bürokratische Aufgaben unkompliziert über Kundenportale abzuwickeln und Vertragskonditionen transparent einzusehen.  

Kunden der Stadtwerke Kufstein können zum Beispiel Anträge schnell und einfach über das Internet stellen. Der Workflow dafür wird weiter über die easy Lösungen gestartet und durchläuft die unterschiedlichen Abteilungen automatisch. Ohne lange Durchlaufzeiten und unglückliche Kunden laufen die Prozesse so deutlich effizienter ab. Da sich der Wettbewerbsdruck angesichts diverser Stromdiscounter auch für Stadtwerke in den letzten Jahren verschärft hat, sind solche digitalen Services entscheidend.

Die Ansprüche steigen – egal ob bei Kunden, der Belegschaft oder bei Partnern. Gleichzeitig nimmt auch der Bestand an Dokumenten und Informationen mit zunehmender Digitalisierung weiter zu. Für Unternehmen ein Grund mehr, durchgehende Effizienz zu schaffen, Mitarbeitende von manuellen und lästigen Aufgaben zu befreien und die Digitalisierung nicht mehr als To-Do auf der Prioritätenliste zu sehen, sondern als Hilfsmittel, diese Prioritätenliste zu stemmen. 

*Florentina Lohninger ist Geschäftsführerin der easy software GmbH mit Sitz in Salzburg. 


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