GO NEUSTART: mit mobiler App näher am Klienten

Der Verein NEUSTART bietet Sozialarbeit und Resozialisierungshilfe für Straffällige, aber auch Unterstützung von Opfern und präventive Maßnahmen. Um auf die neuen Anforderungen aufgrund der Digitalisierung zu reagieren, setzt der Verein auf eine mobile App. [...]

Der Verein NEUSTART hat mit der neuen Klienten-App ein digitales Werkzeug in der Hand, das die Kommunikation mit Klienten wesentlich erleichtert. (c) NEUSTART

NEUSTART arbeitet seit 1957 im Bereich der justiznahen Sozialarbeit, Straffälligenhilfe (Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe), Opferhilfe und Prävention. Die Non-Profit-Organisation ist mit rund 1.600 haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen an 32 Standorten in Österreich vertreten und betreute 2021 rund 45.000 Klienten. Zur Dokumentation der Tätigkeiten, zum Verfassen von Berichten und für fachliche Einschätzungen wird ein Dokumentationssystem verwendet, das den Sozialarbeiterinnnen und Sozialarbeitern zur Erfassung der Kontakte mit den Klienten dient. „Die Kommunikation mit den Klienten hat sich in den letzten Jahren verändert, das Smartphone hat an Bedeutung gewonnen und NEUSTART wollte mit diesen Entwicklungen Schritt halten“, beschreibt Miriam Zillner, Leitung Sozialarbeit bei NEUSTART, die Ausgangslage.

Smarte Handy-App gesucht

Es wurde nach einer mobilen Lösung gesucht, die einen sicheren Dokumentenaustausch und eine vertrauliche Kommunikation zwischen den Klienten und den Betreuern ermöglicht. Zusätzlich sollten weitere Services, wie z.B. Terminerinnerungen, angeboten werden. „Die neue App sollte Funktionen wie Terminerinnerungen, Nachrichten und Dokumentenversand bieten. Außerdem sollte es möglich sein, über die App fachliche Fragen zu verschicken, ein Tagebuch zu führen oder vereinbarte Ziele inklusive Fristen zu kommunizieren“, so Zillner.

Digitalisierung ist auch für NEUSTART ein zentrales Thema und hier am Ball zu bleiben war der Grund diesbezügliche Entwicklungen fortanzutreiben. Insbesondere die jüngeren Klienten haben immer wieder den Wunsch geäußert, auch Nachrichten schicken zu können. „Wir haben uns nach einer mobilen Lösung umgesehen, die nicht nur eine Chat-Funktion umfasst, sondern auch die Bindung zu den Klienten verbessert und die Verbindlichkeit bei Terminen steigert“, so Zillner. Nach der Einholung von Angeboten entschied man sich für DCCS. „DCCS bot die passendste Lösung zu einem fairen Budget“, sagt Zillner. Außerdem hatte der Verein bereits gute Erfahrungen mit dem IT-Lösungsanbieter, mit dem bereits auch das bestehende Dokumentationssystem realisiert wurde, gesammelt.

Zügige Umsetzung trotz Pandemie

Mit einem detaillierten Anforderungskatalog ging NEUSTART in die ersten Workshops, die pandemiebedingt ausschließlich via Online-Meetings abgehalten wurden. „Dabei gab es wöchentliche Arbeitsgespräche mit inhaltlichen und technischen Teilen sowie alle zwei Wochen eine Abnahme der Sprints. Diese agile Vorgangsweise, die wir gemeinsam mit DCCS gewählt haben, hat sich bestens bewährt“, meint Zillner. Als Technologiebasis entschied man sich für einen Cross-Plattform-Ansatz, mit einem MS.net5/PostgreSQL Backend sowie React Native Frontend (für Android und iOS), betrieben auf Linux. Zusätzlich entwickelte DCCS einen Server-Synchronisationsservice für den einfachen Dokumentenaustausch. Großen Stellenwert legte man auf hohe Benutzerfreundlichkeit. Das Projektteam umfasste alle Hierarchieebenen, von Sozialarbeiter*innen bis hin zur Führungsebene aus den österreichweiten Standorten. „In unserer Salzburger Einrichtung lief der Testbetrieb durch alle Bereiche. Dadurch konnten wir wertvolle Erfahrungen sammeln und Details optimieren“, so Zillner.

Datensicherheit als höchste Priorität

Zu den großen Herausforderungen des Projekts zählte das Thema Datensicherheit. Mit einer eigens entwickelten Mehrfach-Verschlüsselungstechnologie und zusätzlichen Security Tools konnte diese Aufgabe gelöst werden. Um die vertraulichen Daten der Klienten zuverlässig zu schützen, werden nur bewegte Daten in der Dokumentation gespeichert und verschlüsselt. „Wir haben das System mittels Penetration-Test geprüft, um die Datensicherheit zu gewährleisten“, so Zillner. Aber auch für Detailfragen mussten Lösungen gefunden werden, etwa wie sich Termine entweder automatisch an Klienten schicken oder auch manuell steuern lassen. „Mit Tests und internen Rückmeldeschleifen konnten wir diese Detailanforderungen ausfindig machen und in der Umsetzung berücksichtigen“, sagt Zillner. Für den Rollout an die Sozialarbeiter*innen und Klienten erstellte NEUSTART ein erklärendes Video sowie eine Infobroschüre als Hilfestellung.

Einfacher Dokumentenversand via App

Mit der neuen mobilen App „GO NEUSTART“, die seit November 2021 im Google Play- bzw. Apple App-Store heruntergeladen werden kann, können Klienten und Sozialarbeiter persönliche Nachrichten, Ziele, Termine, Feedback, Dokumente sowie Informationen zu Delikten austauschen. Neben dem Dokumentenaustausch vereinfacht die Messenger-Funktion die Kommunikation zwischen Klienten und Betreuerteam. Darüber hinaus bietet die App Klient*innen die Möglichkeit, ein vertrauliches, digitales Tagebuch zu führen, das nur für sie selbst zugänglich ist. Weiters verfügt die App über eine Feedbackfunktion, über die Klienten mittels eines Online-Fragebogens Rückmeldung zur Betreuung geben können. Die Sozialarbeiter wiederum können Nachrichten aus dem Chatroom, etwa wenn ein Klient einen Termin nicht einhalten kann, direkt in die zentrale Dokumentation übernehmen und so Aufwand einsparen. Die App und die integrierten Services werden bereits von vielen Klienten genutzt. „Wir bekommen sehr viel positives Feedback zur App, sowohl von unseren Klienten als auch Betreuer. Der Messenger ist eine sehr gute Ergänzung zur persönlichen Betreuung, die uns besonders wichtig ist“, fügt Zillner hinzu.

Für NEUSTART bringt die neue App vor allem eine administrative Vereinfachung, etwa durch den raschen, einfachen Dokumentenaustausch oder das schnelle und unkomplizierte Verschicken von Terminen und Erinnerungen. „Beispielsweise erfordert der elektronisch überwachte Hausarrest einen detaillierten Wochenplan für die Betreuung. Den Plan können wir jetzt zusätzlich ganz einfach an die Klienten per App schicken“, erläutert Zillner. Diese profitieren z.B. von automatischen Terminerinnerungen, die individuell angepasst werden können. Besonders praktisch ist die Chat-Funktion, um sich jederzeit – auch unterwegs – mit den persönlichen Betreuer auszutauschen. „Wir sind nun präsenter und näher am Klienten. Auch konnten wir das verbindliche Einhalten von Terminen steigern und damit die Betreuung verbessern“, ist Zillner überzeugt. Mit dem App-Projekt ist NEUSTART Pionier in Europa, denn es ist die erste Organisation im Bereich Bewährungshilfe, die eine Applikation in dieser Form einsetzt. Nach dem erfolgreichen Projekt plant der Verein nun eine zusätzliche App für die SozialarbeiterInnen zu entwickeln. Diese soll ebenfalls mit dem Dokumentationssystem verknüpft sein und den BetreuerInnen ihre Arbeit unterwegs erleichtern.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*