Tarifkalkulator im neuen Kleid

Seit über fünfzehn Jahren ist der E-Control Tarifkalkulator eine wertvolle Hilfe, um den besten Energieanbieter zu finden. Nachdem das Portal in die Jahre gekommen war, entwickelte der Regulator mit Unterstützung des IT-Spezialisten DCCS eine von Grund auf neue Lösung. [...]

Die E-Control ist als unabhängige Regulierungsbehörde für die Aufstellung und Einhaltung der Regelungen am freien Energiemarkt verantwortlich. Aufgabe ist es, den Wettbewerb zu stärken und sicher-zustellen, dass dieser unter Berücksichtigung von Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit funktionieren kann. Ein wichtiges Tool für alle Konsumenten, aber auch für Energielieferanten und Vermittler, ist der Online-Tarifkalkulator, der einen umfassenden Tarifvergleich der Angebote und weiterführende Informationen bietet.
Der Tarifkalkulator richtet sich dabei an zwei Zielgruppen: Zum einen an alle rund fünf Millionen Haushalte und Kleingewerbe in Österreich, die über einen Stromanschluss verfügen und an die 1,3 Millionen privaten und gewerblichen Gaskunden. Zusätzlich steht ein „Gewerbe-Tarifkalkulator“ für die rund 500.000 kleineren und mittleren Betriebe im Internet bereit. Im Durchschnitt verzeichnet der Tarifrechner 500.000 bis 750.000 Besuche pro Jahr. „Die Applikation war nun technisch nicht mehr am aktuellen Stand und sollte daher komplett erneuert werden. Zudem hat sich der Energiemarkt drastisch verändert, viele neue Lieferanten und Produkte müssen nun berücksichtigt werden“, schildert der technische Projektleiter Matthias Görtler, IT&TK Energie-Control Austria, die Aufgabenstellung.
Von Grund auf modernisiert
Im Fokus des neuen Tarifkalkulators standen mehrere Forderungen. Einerseits sollten Performance und Zuverlässigkeit erhöht werden. Zum anderen war es Ziel, das bisherige System durch eine moderne, erweiterbare und zukunftssichere Technologie abzulösen. Außerdem sollten die Voraussetzungen zur Integration neuer Funktionen geschaffen werden, etwa Smart Meter-Produkte oder die Integration von Überschusseinspeisungen aus Photovoltaik. Aber nicht nur die Applikation, auf die die Konsumenten zugreifen, musste neu gestaltet und entwickelt werden, sondern auch das Back-End, mit dem die Energielieferanten ihre Produkte und Tarife einpflegen.
„Ziel für alle Nutzer war eine bessere Bedienbarkeit, eine höhere Performance und mehr Funktionalitäten, ein moderner Auftritt und natürlich auch, für mobile Endgeräte fit zu sein“, erklärt Görtler die Anforderungen. In der folgenden Ausschreibung, die acht Monate dauerte und in die auch die Lieferanten eingebunden waren, erreichten fünf Anbieter die Finalrunde. „Überzeugen konnte uns schließlich DCCS. Die IT-Spezialisten boten nicht nur das attraktivste technologische Konzept, sondern auch das beste Preis-Leistungsverhältnis“, so Görtler.
Microservices statt Legacy System
Das Konzept wurde gleich im ersten gemeinsamen Workshop gekippt. Denn bei näherer Analyse der Anforderungen erwies sich die zunächst konzipierte Portallösung als ungeeignet, um ein hoch performantes System und die geforderte Logik abzubilden. Als Lösung schlug DCCS stattdessen eine skalierbare Microservices-Architektur mit einem Back-End Server vor, womit die Gesamtlösung aus einzelnen leistungsfähigen Modulen flexibel aufgebaut werden kann und eine gute Lastverteilung am Server garantiert ist. Für die Entwicklung selbst setzte DCCS auf das JavaScript-Framework „ReactJS“ und das agile Scrum-Vorgehensmodell – unterteilt in fünfzehn Sprints zu je vier Wochen. Parallel dazu erarbeiteten die Experten von DCCS in rund 20 Workshops mit den E-Control-Verantwortlichen die fachlichen Anforderungen an die Lösung, unter anderem Details zu Energiemarkt und -anbietern, Tarifberechnungsmodelle und Domains.
Nach jeweils erfolgreich abgeschlossenen Entwicklungsschritten folgten zuerst interne Tests, später wurde die Lösung dann auch den Strom- und Gasanbietern präsentiert. „In den Workshops war es herausfordernd, unsere Anforderungen verständlich auf den Punkt zu bringen. Die Definition unserer Anforderungen war wesentliche Basis für den Erfolg des Projekts. Die gesamte Fachspezifikation umfasste schließlich etwa 1.000 Seiten“, erläutert DI Sabina Eichberger, die als Leiterin des Tarifkalkulator-Teams die inhaltliche Verantwortung trägt. Schließlich konnte der neue Tarifkalkulator nach 22 Monaten in den erweiterten Testbetrieb bei rund 380 internen und externen Nutzern von ca. 200 Lieferanten gehen – parallel zum bisherigen System. 
Anspruchsvolle Umsetzung
Eine der größten Herausforderungen in der Umsetzung war die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses. „DCCS musste uns zuerst den agilen Entwicklungsansatz erklären, wir im Gegenzug die komplexen Berechnungsmodelle des Tarifkalkulators. Die Transformation unseres Fachwissens in die Entwicklung war anspruchsvoller als gedacht“, so Eichberger. „Wir haben dann recht schnell eine gemeinsame Sprache gefunden.“ Damit konnte DCCS schließlich die Business-Logik des Tarifkalkulators, die beispielsweise unterschiedliche Arten der Energiepreise, Rabatte, Steuern, Zählertypen, Anbieter und Standorte der Kunden berücksichtigt, in der Neuentwicklung umsetzen.
„Wenn der Nutzer einen Preisvergleich über den Tarifkalkulator anfragt, dann muss das Portal eine große Menge an dynamischen Daten verarbeiten und dem Nutzer das Ergebnis in längstens drei Sekunden anzeigen können. Das erwies sich als zentrale technische Herausforderung für die Entwickler von DCCS, die aber diese Aufgabe sehr gut lösen konnten“, meint Eichberger. Aufwändig gestaltete sich auch die Migration des mehrere Millionen Sätze umfassenden Datenbestands in die neue Datenbank und -struktur. Diese unterschied sich grundlegend von der bisherigen Struktur, weshalb auch der Entwickler der bisherigen Datenbank in die Migration einbezogen wurde. 
Schnellere Prozesse und mehr Transparenz für die Kunden
Das Microservices-Konzept und die neue Datenstruktur des Portals erwiesen sich als richtiger Schritt. Während bisher die Informationen zu Anbietern, Produkten, Preisen und Rabatten in unterschiedlichen Ebenen verschachtelt waren, sind im neuen System die Daten einem Produkt klar zugeordnet und in chronologisch gereihten Versionen abgelegt. „Damit ist die Struktur wesentlich transparenter als bisher. Das ermöglicht dem System bei einer Vergleichsabfrage eines Konsumenten schneller auf die historischen Tarife zuzugreifen und ein Ergebnis zu liefern. Zudem können die Lieferanten ihre Änderungen, etwa neue Produkte, Preismodelle und Rabatte, einfacher und schneller einpflegen als bisher. Bei den Schulungen bestätigten die Anwender, dass das System selbsterklärend ist“, erläutert Eichberger.
Die E-Control selbst profitiert wiederum von einem beschleunigten Freigabeprozess: Die Änderungen der Lieferanten – etwa neue Produkte – sind nun klarer ersichtlich und einfacher mit den älteren Daten vergleichbar. Somit lassen sich diese rascher im Tarifkalkulator freischalten. Auch die Größe der Datenbank konnte dank der neuen Struktur optimiert werden. „Ein weiterer Vorteil ist, dass die modulare Architektur flexibel und jederzeit erweiterbar ist. Das gibt uns die Möglichkeit, zukünftige Neuerungen, wie Smart Meter Tarife oder Überschusseinspeisungen aus den Photovoltaik-Anlagen, zu integrieren“, sagt Eichberger.

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