China hat die meisten Superrechner

Auf den ersten Blick gibt es wenig Bewegung im aktuellen Ranking der weltweit schnellsten Supercomputer. Doch im Markt rumort es. Immer mehr Superrechner stehen in China und Intel muss nun Konkurrenten wie Nvidia fürchten. [...]

Die USA sind in der aktuellen Top-500-­Liste der weltweit leistungsfähigsten Supercomputer abgehängt worden. In dem Ranking, das auf der Konferenz Supercomputing 2017 (SC17) in Denver vorgestellt wurde, dominieren chinesische Systeme. Insgesamt stehen 202 der 500 schnellsten Computer der Welt im Reich der Mitte. Die Vereinigten Staaten kommen auf 144 Systeme. Noch im Juni dieses Jahres hatten die Vereinigten Staaten mit 169 zu 160 gegenüber China knapp die Nase vorn. Vor allem im Mittelfeld zwischen Platz 100 und 300 konnten sich aber in den vergangenen Monaten jede Menge neue chinesische Hochleistungsrechner platzieren.
Diese Entwicklung könnte damit zusammenhängen, dass der Staatsrat der Volksrepublik China im Juli einen Plan zur Entwicklung von Technologien für künstliche Intelligenz (KI) vorgelegt hat. Man wolle weltweit eine führende Rolle auf diesem Gebiet spielen, hieß es. Dem Plan der chinesischen Regierung zufolge soll die heimische Wertschöpfung im Bereich der künstlichen Intelligenz im Jahr 2020 bei etwa 23 Milliarden Dollar liegen und bis 2030 auf rund 150 Milliarden Dollar anwachsen.
Made in China
Auch was die Gesamtrechenleistung angeht, liegt China vorn. 35,4 Prozent der Computer-Power der in den Top 500 gelisteten Rechner kommt aus China, während die USA mit 29,6 Prozent den zweiten Platz belegen. Das aktuelle Supercomputer-Ranking führen zwei chinesische Rechner mit großem Vorsprung an. Mit dem „Sunway TaihuLight“ steht ein Supercomputer ganz oben, dessen Komponenten komplett in China entwickelt und gebaut wurden. In dem System kommen 40.960 von NRCPC gefertigte CPUs vom Typ Sunway SW26010 260C zum Einsatz, deren 260 Kerne auf 1,45 Gigahertz getaktet sind. Insgesamt rechnet der Sunway ­TaihuLight mit 10.649.600 Prozessorkernen. Die Performance liegt bei 93 Petaflops, das sind 93 Billiarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde.
Auf dem zweiten Platz steht der „Tianhe-2“ aus dem National ­Super Computer Center in Guangzhou. Dieser Bolide rechnet mit Intel-CPUs vom Typ Xeon E5-2692 12C (2,2 Gigahertz). Die 3.120.000 Kerne sorgen für eine Leistung von 33,9 Petaflops. Der in der Schweiz im Swiss National Supercomputing Centre (CSCS) stehende Supercomputer „Piz Daint“ schaffte es mit einer Rechenleistung von 19,6 Petaflops auf den dritten Platz. Er ist der schnellste in Europa eingesetzte Supercomputer. Es handelt sich um ein Cray-XC50-System, das im vergangenen Jahr mit GPU-Beschleunigerkarten vom Typ Nvidia Tesla P100 aufgerüstet wurde und so seine Leistung verdoppelte.
Energieeffizientes Supercomputing
Platz vier sicherte sich der japanische „Gyoukou“ mit 19,2 Petaflops. Er arbeitet mit Beschleunigerkarten vom Typ Pezy-SC2 und funktioniert mit 14,17 Gigaflops pro Watt viel energieeffizienter als die Nachbarn in der Liste. Erst auf den weiteren Plätzen folgen mit dem „Titan Cray“ im Oak Ridge National Lab (17,6 Petaflops) und dem „Sequoia“ von IBM im Lawrence Livermore National Lab (17,2 Petaflops) Rechner aus den USA.
Deutschlands schnellster Rechner, der Cray-basierte „Hazel Hen“ aus dem Hochleistungsrechenzentrum Stuttgart, kam mit 5,6 Petaflops auf Rang 19. Insgesamt wurde Deutschland mit nur noch 20 Supercomputern im Nationen-Ranking von Japan mit 36 Platzierungen auf den vierten Rang verdrängt. Vor sechs Monaten lag Deutschland mit 31 Supercomputern noch auf dem dritten Platz.
Neue Chips für Superrechner
Die meisten Supercomputer arbeiten nach wie vor mit Prozessoren von Intel. Alle 136 neu in der Liste aufgeführten Systeme sind mit Chips des US-Herstellers bestückt. Für die großen Leistungssprünge sorgen allerdings nicht die Hauptprozessoren, sondern die meist auf Graphic-Processing-Unit-(GPU-)Technik basierenden Beschleunigerkarten. Von den 101 mit solchen Karten bestückten Rechnern arbeiten 86 mit Chips des Intel-Konkurrenten Nvidia. Intel positioniert sich hier mit dem „Xeon Phi“, musste allerdings unlängst zurückrudern. Statt des für 2018 angekündigten „Xeon Phi Knights Hill“ soll es nun eine Plattform und Microarchitektur geben, die eine neue Generation von Supercomputern der Exascale-Klasse ermöglichen soll. Die Chips werden aber erst in drei bis vier Jahren zur Verfügung stehen.
Deutlich schneller dürfte Nvidia mit seinen auf der Volta-Architektur basierenden Tesla-V100-Chips sein. Auch von anderer Seite droht Intel Konkurrenz. Der Erzrivale AMD liegt mit seinen Epyc-Prozessoren auf der Lauer und erste Hersteller arbeiten an High-Performance-Computing-Systemen mit ARM-Chips. Dagegen ist von den alten Risc-Granden der Power-Architektur von IBM oder der von Sun Microsystems – heute bei Oracle – entwickelten Sparc-Familie kaum noch etwas zu sehen.
* Martin Bayer ist stellvertretender Chefredakteur der Computerwoche. 

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