Daten harmonisieren und Prozesse global vereinheitlichen, das hat sich der IT-Chef des Automobilzulieferers Mahle auf die Fahnen geschrieben. [...]
„Unsere digitale Transformation ist kein IT- sondern ein unternehmensstrategisches Projekt. Es ist die Grundlage der Konzernstrategie und die technologische Basis dafür ist SAP,“ sagt Mahle-CIO Markus Bentele. Der Automobilzulieferer will Daten aus rund 240 Standort-Silos zusammenbringen und mithilfe neuer Prozesse nutzbar machen. Dazu migriert das Unternehmen seine fünf getrennten, stark modifizierten ERP-Systeme auf eine einzige Plattform auf Basis von SAP S/4HANA.
Ziel ist es, die Prozesse weltweit zu harmonisieren und S/4HANA bis Ende 2026 im gesamten Unternehmen auszurollen. Dazu will Bentele ein neues Datenmodell schaffen, das als globale Basis für Analytics dienen kann. Inkonsistenzen in Datenstrukturen müssen aufgebrochen und deren Komplexität reduziert werden, um schnell auf neue Geschäftsbedingungen reagieren zu können.
95 Prozent Standardsoftware
In seinem Vortrag auf der Handelsblatt-Jahrestagung „Strategisches IT-Management“ sagte Bentele, in Zukunft sollten 95 Prozent der globalen SAP-Landschaft auf den Standardprodukten des Softwarehauses laufen. Veränderungen sollen nur dort vorgenommen werden, wo es noch keine vorgefertigten Lösungen gibt. In der aktuellen Version des auszurollenden HANA-Templates ist laut Bentele der Anteil an modifizierten Komponenten bereits auf ein Zehntel reduziert worden.
Der CIO verspricht sich davon, bei einem Release-Wechsel die gesamte Landschaft innerhalb eines Jahres auf den neuesten Stand bringen zu können. Bisher dauerte es mehrere Jahre.
Die Plattform soll Echtzeit-Einblicke in die vorhandenen Daten generieren und so bessere Entscheidungen ermöglichen. Die Forschung und Entwicklung etwa könne schneller auf Marktanforderungen reagieren, der Vertreib habe die Möglichkeit, globale Sales-Strategien zu entwickeln und Kunden besser zu betreuen.
Prozesse radikal reduziert
Seit 2018 laufen die Vorbereitungen für den S/4HANA-Rollout ab 2022. In einer dreijährigen Entwicklungsphase erarbeitete das Team um den IT-Chef standardisierte Prozesse, die weltweit in SAP S/4 HANA laufen sollen. Das neue Business-Template sei in 6.600 Testläufen innerhalb von sechs Monaten erfolgreich validiert worden.
Um das Template zu entwickeln, gründete Bentele ein Kernteam mit mehr als 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie verteilen sich auf zwölf Arbeitsgruppen, die je einen Fachbereich betreuen, darunter Vertrieb, Finanzen, Produktion oder Logistik. Ihnen stehen zehn Support-Workstreams zur Seite, die ihnen in Bereichen wie Compliance, Analytics und Reporting zuarbeiten.
Ein Governance-Board, das mit allen Fachabteilungen weltweit in Verbindung steht, überwacht die Entwicklung. Es wird von einer Doppelspitze aus Business- und IT-Mitarbeitern geführt. Im nächsten Schritt geht es darum, die organisatorischen und Prozess-Strukturen in allen Märkten an den Rollout anzupassen. Das Ergebnis: Insgesamt 50.610 Prozessvarianten wurden auf 482 einheitliche Prozesse reduziert.
Für den Rollout setzt Bentele auf einen Mix aus klassischen und agilen Methoden. „In einem so großen Unternehmen kann so ein komplexes Projekt nicht komplett agil abgebildet werden. Die Planung braucht Meilensteine und Struktur,“ so der CIO. Die gesamte Projektstruktur sei daher im Wasserfall-Schema angelegt. In den einzelnen Workstreams innerhalb des Projekts arbeiten jedoch Teams von zehn bis 30 Personen im agilen Modus mit Sprints von rund drei Wochen.
Die Stuttgarter Mahle GmbH zählt zu den 20 größten Automobilzulieferern der Welt. 2020 erwirtschaftete das Unternehmen 9,77 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigte 72.184 Mitarbeiter.
*Jens Dose ist Redakteur des CIO Magazins. Neben den Kernthemen rund um CIOs und ihre Projekte beschäftigt er sich auch mit der Rolle des CISO und dessen Aufgabengebiet.
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